Volle TaufbŸcher – leere KirchenbŠnke
Es ist ein eigenartiges Thema, Ÿber das ich am 2. Abend der
1. Ramingsteiner Bildungswoche sprechen soll. Ich habe das Thema nicht selbst
gewŠhlt, es ist mir gestellt worden.
Versuchen wir zuerst, uns Ÿber die Begriffe in diesem Thema
klar zu werden:
1. Volle
TaufbŸcher:
Ein paar
Fragen zuvor: Seit wann gibt es die TaufbŸcher? Seit wann in dieser Pfarre?
FŸr ihre
Aussendung bekamen die Apostel und Apostelnachfolger auch Auftrag und Vollmacht
des Stifters der Kirche, die Menschen zu taufen im Namen der drei gšttlichen
Personen: ãGehet hin und lehret alle Všlker und taufet sie... und lehret sie
alles halten, was Ich euch befohlen habe!Ò
Sehr
frŸh wird man dann auch schon in den einzelnen Ortskirchen begonnen haben,
Verzeichnisse der Getauften und durch die Taufe in die Kirche Eingegliederten
anzulegen. Streng vorgeschrieben wurden die sogenannten MatrikenbŸcher, zu
denen neben dem Trauungsbuch und Totenbuch auch das Taufbuch gehšrt, durch das
Konzil von Trient und zwar fŸr alle Pfarreien.
Nun war
aber Ramingstein lange Zeit keine Pfarrei; erst 1813 ist Ramingstein zur Pfarre
erhoben worden. Das will natŸrlich nicht hei§en, dass es erst seit damals hier
in Ramingstein getaufte Christen gibt. Der Ort ist sicher zusammen mit dem Ÿbrigen
Lungau frŸh schon christianisiert worden, sei es von Salzburg aus, sei es von
der Steiermark oder von KŠrnten aus; aber dieses ganze Gebiet bildete ja
anfangs kirchlich nur eine einzige Dišzese oder Teilkirche, die der hl.
Rupertus um 680 gegrŸndet hat.
Was die
nŠhere Geschichte von Ramingstein und seiner Pfarre betrifft, sei nur ganz kurz
(aus den ErlŠuterungen zum Historischen Atlas der …sterr. AlpenlŠnder, II.
Abteilung, 9. Teil: Salzburg, von K. Friedrich Hermann, Salzburg 1957, S.
147-148) das wichtigste angegeben:
ãIn
dieser Gegend sa§en die Herren de Rammensteine (vor
1138 ein Willehalm de Rammensteine, 1189 ein Hadmar de Rammensteine). Man wird
eine Kirche dieser Herren annehmen mŸssen (doch war es noch nicht die
gegenwŠrtige Kirche zum hl. Achaz). Eine Achazkirche wird gelegentlich einer Wochenmessstiftung
der Wei§briacher (Achaz und Adam von Wei§briach) 1366 als von ihrem Vater selig
aufs Neue aufgebaut bezeichnet. Sie stand zwar auf Salzburger Boden, gehšrte
aber als Filialkirche zur steirischen Pfarre Stadl. Ihre nŠchste Umgebung, die
ãFreyung RammingsteinÒ,
teilte sich zwischen den Pfarren Stadl und Tamsweg. In diesen beiden
Pfarrkirchen zu Stadl und zu Tamsweg waren also die getauften Christen von
Ramingstein ursprŸnglich in den TaufbŸchern eingetragen. Erst 1528 ermšglichte
ein Vertrag zwischen dem Pfarrer Gršssing von Stadl und dem Pfleger zu
Ramingstein, Wilhelm von Moosham und den Gewerken wie der Nachbarschaft die
Bestellung eines eigenen Kaplans; er sollte Gottesdienste halten und Beichte
hšren, aber die Taufen und VersehgŠnge durfte er ohne spezielle Erlaubnis des
Pfarrers von Stadl nicht halten. Es
mehrte sich aber allmŠhlich die Seelsorgsarbeit; 1625 gestattete der Tamsweger
Pfarrer dem Ramingsteiner Kaplan, im Tamsweger teil der Freyung
alle pfarrlichen rechte – also auch das der Taufspendung –
auszuŸben; ein Šhnlicher Vertrag wurde schlie§lich auch mit dem Pfarrer von
Stadl 1642 geschlossen und damit war das Pfarr-Vikariat Ramingstein ermšglich.
Aus dieser Zeit liegt nun auch das 1. Taufbuch vor (1641 – 1675); dann
ist eine LŸcke bis 1708; mit 1708 fŠngt dann das 1. vollstŠndige Taufbuch an.
Es ist
nun interessant, einen Blick in die TaufbŸcher von Ramingstein zu werfen.
Solange die Entbindung und Geburt fŸr gewšhnlich daheim erfolgte, waren die
TaufbŸcher voll, relativ voll, das hei§t die Zahl der TŠuflinge war Jahr fŸr
Jahr bedeutend grš§er als die Zahl der Toten, die im Toten- und BegrŠbnisbuch eingetragen
wurden.
Mit der
Gewohnheit nicht mehr daheim zu entbinden, sondern im Krankenhaus, fŸr
gewšhnlich wohl im Krankenhaus Tamsweg, kam dann vielfach auch die Gewohnheit
auf, nicht mehr in der Pfarrkirche, sondern im Krankenhaus taufen zu lassen. So
kam es wohl, dass im Ramingsteiner Taufbuch weniger Taufen eingetragen wurden
als wirklich im Lauf eines Jahres junge, neugeborene Ramingsteiner getauft und
in die Kirche, konkret in die Pfarrfamilie von Ramingstein eingegliedert
wurden.
Nun geht
der Trend wieder in einer anderen Richtung: Es wird von der Bischšflichen Behšrde
verlangt, dass die Taufe – mšglichst nach einem TaufgesprŠch des Seelsorgers
mit den Eltern des neugeborenen Kindes – in der Pfarrkirche erfolgt. So
mŸsste sich jetzt das Taufbuch von Ramingstein wieder fŸllen.
Aber wie
wird es wirklich in Zukunft sein? Wird es da tatsŠchlich volle TaufbŸcher
geben? Ich rede jetzt einmal nicht konkret von Ramingstein, sondern ganz
allgemein: Werden die TaufbŸcher nicht immer leerer werden, wenn wir an die
Auswirkung der Pille und an die Kinderfeindlichkeit mancher Eheleute denken? Und
wird nicht vielleicht eine Zeit kommen, wo die TaufbŸcher auch deswegen leerer,
statt voller, werden, weil man immer gleichgŸltiger dem Sakrament der Taufe
gegenŸbersteht und nicht mehr an die Wichtigkeit, ja Heilsnotwendigkeit der Taufe
glaubt und das Christuswort nicht mehr ernst nimmt, der gesagt hat: ãWer nicht
wiedergeboren wird aus dem Wasser und dem Hl. Geist, kann in das Reich Gottes nicht
eingehen!Ò
Vielleicht
ist jetzt derjenige, der mir das Thema ãVolle TaufbŸcher – leere
KirchenbŠnkeÒ gestellt hat, entsetzt Ÿber diesen meinen Exkurs Ÿber das
Taufbuch ganz allgemein und Ÿber das von Ramingstein im Besonderen. Vielleicht
hat er sich lŠngst schon im Stillen gedacht: So war das mit den ãvollen
TaufbŸchernÒ doch nicht gemeint. Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass er etwas
anderes meinte, nŠmlich die Tatsache, dass man in unserem Land, speziell auch
im ganzen Lungau, also auch hier in Ramingstein fast hundertprozentig alle
Kinder taufen lie§. Ja, noch mehr! Man lie§ die Kinder fast ausnahmslos nicht
blo§ taufen, sondern lie§ sie auch christlich erziehen, d.h. im katholischen
Glauben im Religionsunterricht unterreichten und zur Erstbeichte und Erstkommunion,
womšglich auch zur Firmung fŸhren. Dann aber kamen diese Kinder aus der Schule
und nun lichteten sich die Reihen jener, die Sonntag fŸr Sonntag – vom
Werktag will ich gar nicht reden – die KirchenbŠnke fŸllten, um das Wort
Gottes zu hšren und am sonntŠglichen Messopfer zur Verherrlichung Gottes
teilzunehmen.
In
Ramingstein ist es wohl sicher statistisch nicht besser als im Durchschnitt in Gesamtšsterreich:
es werden noch 95 Prozent der geborenen Kinder getauft. Von diesen getauften Christen
aber praktizieren dann nur ein Drittel regelmŠ§ig, ein zweites Drittel kommt
noch gelegentlich in die Kirche, etwa an hohen Festtagen (Weihnachten, Ostern,
Allerheiligen) oder bei besonderen AnlŠssen (Trauung, BegrŠbnis usw.) und das
dritte Drittel praktiziert Ÿberhaupt nicht mehr und lŠsst am Sonntag wie am Werktag
den lieben Gott einen guten Opa sein, der seine Ruhe braucht und nicht gestšrt
werden soll und auf den man verzichten kann, weil man ohne seinen Segen und
ohne seine Gnade auszukommen meint.
Das
Thema ãVolle TaufbŸcher – leere KirchenbŠnkeÒ dreht sich also, wenn ich
es recht verstanden habe, um die vielen Taufscheinkatholiken, die dem
Taufschein nach katholisch sind, dem Praktizieren nach aber Heiden sind, oder
zumindest religišs všllig passiv, uninteressiert und religišs bedŸrfnislos.
Darum
die leeren KirchenbŠnke. Dazu kommt noch, dass die getauften Christen in den
Pfarreien vielfach zu wenig oder gar keinen Kontakt untereinander und
miteinander haben und keinen Kontakt oder kaum einen mit dem Pfarrer. Man kennt
die Kirche dann nur noch, wenn die Forderung des Kirchenbeitrags an einen
herankommt; wozu aber Kirchensteuer zahlen, wenn man am religišsen Angebot und
religišsen Geschehen in der Pfarre und in der Kirche insgesamt ganz
uninteressiert ist. So ziehen dann immer mehr getaufte Christen die eigentlich
folgerichtige Konsequenz und treten aus der Kirche aus.
Die
erschŸtternde Statistik, die diesbezŸglich am Freitag, 2.Nov. 1973 in den
ãSalzburger NachrichtenÒ zu lesen war!
Das
Thema ãVolle TaufbŸcher – leere KirchenbŠnkeÒ lautet in solcher Sicht
dann in Frageform so: ãHat dem heutigen Menschen der katholische Glaube noch
etwas zu sagen?Ò
Ganz
konkret auf hiesige VerhŠltnisse angewandt, lautet diese Frage dann: Hat den
Menschen hier in Ramingstein, die ja fast zu 100 % getaufte Christen sind, der
christliche katholische Glaube noch etwas zu sagen?
Nun
kšnnte ich mir die Beantwortung dieser Frage, ob diesen getauften Christen, die
noch dazu zu 98 % Katholiken sind,
hier in Ramingstein, soweit sie denkende Menschen sind, der christliche Glaube
noch etwas zu sagen hat, leicht machen, indem ich erklŠre: Der christliche,
katholische Glaube muss denn doch diesen Menschen hier noch etwas zu sagen
haben, sonst wŠren sie lŠngst alle aus der Kirche ausgetreten und hŠtten sich
als konfessionslos, als ãohne rel. BekenntnisÒ erklŠrt. Da dies nicht der Fall ist,
so muss ihnen also der christliche, katholische Glaube noch etwas zu sagen
haben und wŠre dieses ãetwasÒ auch nur das mit dem christlichen Glauben
zusammenhŠngende christliche Brauchtum und die christliche, abendlŠndische Kultur
und Gesittung, die den Menschen in diesen Teil unseres salzburgisch-steirischen
Raumes seit den Tagen des Glaubensboten Rupertus und seiner ersten Nachfolger
eigen sind.
Vielleicht
ist hier ein kurzer Blick in die Geschichte der Christianisierung unseres Salzburger
Landes erlaubt:
In unser
Land brachte der hl. Bischof Rupertus den christlichen Glauben und christliche
Kultur im ausgehenden 7. Jahrhundert, also ungefŠhr um 700 n.Chr. Seit damals ist der christliche Glaube
allmŠhlich auch im Lungau heimisch und die Bewohner dieses Gaues hielten am
katholischen Glauben durch die Jahrhunderte herauf treu fest. Es gab keine
wirklich gro§en Abfallsbewegungen, weder in der Reformationszeit, noch im
beginnenden 18. Jahrhundert (1700 – 1732, wo es in anderen Salzburger
Gauen teilweise zum †bertritt der Bevšlkerung zum Protestantismus mit der dann
folgenden leidvollen Austreibung der protestantisch gewordenen Bewohner kam,
noch gab es eine Abfallsbewegung grš§eren Ausma§es in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg
(anderswo vom Austromarxismus gefšrdert) noch in der Zeit des
Nationalsozialismus. Man hielt also bis herauf in unsere Zeit am ererbten, von
den ersten Glaubensboten Ÿberkommenen Christentum fest.
So
mšchte ich nun meine †berlegungen zur Beantwortung der Frage, was der
christliche Glaube den Menschen hier und jetzt noch zu sagen hat, beginnen mit
einer Deutung des Salzfasses, mit dem unser Glaubensbote Rupertus seit
Jahrhunderten in der christlichen Kunst dargestellt wird.
Vielleicht
bekommen wir von daher einen recht guten Zugang zur Beantwortung der Frage, was
der christliche Glaube unseren Vorfahren bedeutete und was er etwa den Menschen
von heute noch zu sagen hat, um damit dem unguten Trend ãVolle TaufbŸcher
– leere KirchenbŠnkeÒ zu steuern:
Was sagt
also das Salzfass in der Hand des hl. Rupertus?
1. Es
erinnert an die wirtschaftliche Pionierarbeit des Glaubensboten Rupertus und
seiner Nachfolger. Als Rupertus nŠmlich in das Salzburger Land kam, um hier die
Frohbotschaft Christi zu verkŸnden und zu missionieren, erschloss er u.a. auch
– so berichtet jedenfalls die †berlieferung – das durch die
Všlkerwanderung verfallene Salzbergwerk am DŸrrnberg bei Hallein wieder und
erschloss damit eine Ÿberaus wertvolle wirtschaftliche Lebensquelle. Rupertus
leistete mit seinen Mšnchen auch auf verschiedenen anderen Gebieten
wirtschaftliche Pionierarbeit und fšrderte den wirtschaftlichen Aufstieg der
Bevšlkerung durch Rodung, durch Arbeitsbeschaffung, in der †berzeugung, dass
die zum Christentum bekehrten Heiden die Gebote Gottes und die Ÿbrigen sittlichen
Verpflichtungen des christlichen Glaubens nur dann halten kšnne und nur dann
wahrhaft christlich leben kšnnen, wenn ihnen die nštige
wirtschaftlich-materielle Existenzgrundlage fŸr ihren Lebensunterhalt zur VerfŸgung
steht. So denken wir also beim Salzfass des hl. Rupertus zu allererst an die Rodungs-
und Pionierarbeit, die der hl. Glaubensbote mit seinen Mšnchen in diesem
unserem Land auf wirtschaftlichem
Fortsetzung fehlt!