Versšhnung!
Ein wichtiges
Thema, nicht blo§ ein Jahresthema, sondern ein Lebensthema. Immer wieder haben
wir schwachen, fehlerhaften, sŸndigen Menschen allen Grund, um Versšhnung mit
Gott und um Versšhnung mit den Mitmenschen besorgt zu sein und die Gelegenheit
und die Mittel zu ergreifen, die uns Versšhnung erwirken im einen wie im
anderen Sinn.
Das hat uns wohl
unser Herr und Heiland sehr klar gezeigt, sonst hŠtte er nicht in das Gebet,
das er uns zu beten lehrte, ins Vaterunser, die Versšhnungsbitte aufgenommen:
"Vater im Himmel, vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben..."
Beachten wir
dabei, dass diese Vaterunser-Bitte in der Mehrzahl steht. Es hei§t nicht:
Vergib mir meine Schuld, sondern: "Vergib uns unsere Schuld wie auch wir
vergeben unseren Schuldigern". Es geht also nicht nur um persšnliche
Schuld und darum nicht nur um persšnliche Versšhnung des Einzelnen mit Gott und
dem Mitmenschen, es geht um unser aller Schuld. Wir treten bei dieser
Vaterunser-Bitte in solidarischer Verbundenheit mit unserem ganzen Geschlecht
vor den gemeinsamen Vater im Himmel. Wir bilden alle zusammen eine einzige
gro§e Schuldgemeinschaft vor Gott. Die "SŸnde der Welt", die
ungeheure Weltschuld, die sich von der Erde zum Himmel auftŸrmt, tritt vor
unseren Geist, wenn wir diese Vaterunser-Bitte aussprechen.
Wir alle haben
unseren Teil zu diesem Berg der Menschheitsschuld beigetragen und tun es noch
immerfort. Wer wagt, sich denn davon freizusprechen? Nur der PharisŠer sagt:
Ich habe keine SŸnde. Ich wŸsste nicht, wofŸr ich Gott um Verzeihung bitten mŸsste.
Ich wŸsste nicht, was ich beichten sollte. Wer von uns ist nicht durch Wort und
Beispiel mit schuld, dass sich das Bšse in der Welt vermehrt? Alles Gutes wie alles
Bšse, das wir tun, wirkt unabhŠngig von uns weiter in der Welt. Wir werden es
einmal in der Ewigkeit erfahren, wie weit in Raum und Zeit hinein die Wellen
unserer bšsen Tat geschlagen haben. Wir werden erkennen, an wie vielen Menschen
wir durch unser Versagen, durch Unterlassung des Guten, das wir hŠtten tun kšnnen
und nicht getan haben, schuldig geworden sind. Der religišse und sittliche
Niedergang einer Familie, einer Gemeinde, eines Volkes, setzt sich aus der
Mitschuld vieler zusammen. Wir haben darum gar wohl Grund, die Schuld der Welt,
die SŸnde unseres Volkes, unserer Gemeinschaft auch "unsere Schuld"
zu nennen und uns dafŸr vor Gott verantwortlich zu fŸhlen.
Christus, der
Herr, hat vom ersten Augenblick an, da Er im Scho§ der seligen Jungfrau Maria
unser Fleisch annahm und sich an die Spitze des Menschengeschlechtes stellte,
auch unsere Schuld vor Gott zur SŸhnung Ÿbernommen. Er, der selber von SŸnde
nichts wusste, hat sich freiwillig fŸr uns zur SŸnde, das hei§t zum
stellvertretenden TrŠger unserer Schuld vor Gott gemacht, um uns bei Gott
Versšhnung zu erwirken(vgl.2 Kor 5,21).Es war ihm eine SelbstverstŠndlichkeit, dass
er in unsere Menschengemeinschaft nicht als Haupt eintreten kšnne, ohne auch
die grauenvolle Schuldhypothek auf sich zu nehmen, die auf unserer
Menschengemeinschaft lastete. In diesem GefŸhl solidarischer Verpflichtung gab
Er sein Leben als Lšsegeld hin und lšschte so die Schuld aller seiner
MenschenbrŸder vor Gott aus.
Auf Grund dieser
SŸhnetat Christi kann immer wieder jedem einzelnen Menschen alle SŸndenschuld,
die er auf sich geladen hat, vergeben werden im Sakrament der SŸndenvergebung
und der Versšhnung, im Sakrament der Bu§e.
Die Bedingung aber,
an die die Erlangung der SŸndenvergebung und Versšhnung mit Gott im Sakrament
der Bu§e von Christus geknŸpft worden ist, ist die, dass wir nicht blo§
reumŸtig in der Gesinnung des zum Vater zurŸckkehrenden verlorenen Sohnes
unsere Schuld eingestehen und bekennen, sondern dass wir auch selber immer
wieder denen verzeihen und vergeben, die uns beleidigt haben. Darum geht die 5.
Vaterunser-Bitte im Gebet des Herrn weiter: "Vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir vergeben unseren Schuldigern". Der Heiland hat diese Bedingung
dafŸr, dass Gott uns unsere Schuld vergibt und Versšhnung gewŠhrt, selber genau
erklŠrt mit den Worten: "Wenn ihr den Menschen ihre Fehler vergebt, wird
auch euer himmlischer Vater euch eure Fehler vergeben. Wenn ihr aber den
Menschen nicht vergebt, wird euch auch euer himmlischer Vater nicht
vergeben!"(Mt 6,14—15).
Nach der
griechischen Originalfassung dieser 5.Vaterunser-Bitte hei§t der Nachsatz
sogar:"...wie auch wir vergeben haben". Das will sagen: ehe wir Gott
bitten, er mšge uns unsere Schuld verzeihen, mŸssen wir selber uns innerlich bereits
von aller Rachsucht, von allem Groll und aller Feindschaft von allem †belwollen
gegenŸber unseren Mitmenschen gelšst haben. Der Grund ist leicht einzusehen.
Denn wenn wir mit unversšhnlicher Gesinnung im Herzen beten wollten:
"Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren
Schuldigern", so wŸrde sich ja unsere Bitte in eine Unheils-Bitte gegen
uns selber verwandeln. Wir wŸrden ja dann beten: Vater, vergib mir meine Schuld
ebenso wenig, wie ich sie meinem Mitmenschen vergebe. Lege deinen Zorn gegen
mich ebenso wenig ab, wie ich meinen Groll und meine Abneigung gegen meinen
Mitmenschen (meine Frau, meinen Nachbarn) abzulegen bereit bin. Wer aber wollte
so beten?
Schon rein
natŸrlich gesehen ist mangelnde Bereitschaft zur Versšhnung, das Nichtverzeihen-Kšnnen
und Nichtverzeihen-Wollen, ein Zeichen niedriger Gesinnung, erst recht steht
jede Unversšhnlichkeit uns Christen schlecht an, die wir immer wieder Gottes
verzeihende Gro§mut und Christi SŸhnebereitschaft fŸr alle menschenschuld
stŠndig vor Augen haben.
Der Heiland hat
diesen PrŸfstein der Christlichkeit, die Versšhnungsbitte, mitten in das Vaterunser
hineingesetzt, damit wir uns stŠndig bewusst bleiben, dass gerade daran die Echtheit
unserer Christusnachfolge gewogen wird. Dass Gott uns liebt und wir ihn lieben,
das ist in dieser Erdenzeit ein Geheimnis, das wir nur glŠubig hoffen kšnnen.
Aber ein sichtbares Pfand, dass wir die Liebe wirklich haben, ist die echte
Versšhnungsbereitschaft, in der wir unserem NŠchsten das bšse Wort, die
Taktlosigkeit, die Beleidigung, das Unrecht, das er uns zugefŸgt hat, vergeben.
Die Pflicht, den
Mitmenschen, allen, mit denen man im tŠglichen Leben zusammenkommt und unter
UmstŠnden eben auch zusammenstš§t, immer wieder in der rechten
Versšhnungsbereitschaft zu verzeihen, hat unser Herr Jesus Christus in seinem
šffentlichen Lehren und Wirken mehrmals in sehr ernster Weise betont.. Die
jŸnger fŸhlten diesen Ernst, mit dem Jesus immer wieder von der Pflicht der
Versšhnung sprach. Sie empfanden dabei aber auch zugleich die Schwere dieser Verpflichtung.
Also gut, Ÿberlegte eines Tages der cholerische Petrus bei sich: verzeihen muss
man. Aber wie oft muss man es tun? Einmal wird es dafŸr doch wohl auch eine
Grenze geben. Denn wenn man ohne Grenze immer wieder verzeiht, so ist ja
weiteren, endlosen Beleidigungen TŸr und Tor gešffnet! Um dieser Grenzziehung
willen wandte sich Petrus nun an den Herrn und stellte an ihn die Frage: ãHerr,
wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich verfehlt? Etwa
bis zu sieben Mal?Ò (Mt 18,21-22). Petrus meinte mit der hl. Zahl 7
staunenswert hoch gegriffen zu haben und glaubte sicher, nun vom Herrn ein
Sonderlob zu erhalten. Der Herr aber gab ihm zur Antwort: ãIch sage dir, nicht
bis zu sieben Mal, sondern bis zu siebzigmal sieben Mal!Ò So viel mag Petrus
dabei begriffen haben: Jesus will nicht sagen, er solle Ÿber die Beleidigungen,
die ihm ein Mitmensch zufŸgt, eine Liste anlegen und bei der Beleidigung Nr.
490 (das ist ja 7 x 70) erlšsche dann die Pflicht zu verzeihen. Jesus stellte
vielmehr fest: Wenn man wirklich sein JŸnger sein will, wenn man wirklich ein
echter Christ sein will, dann hat man auch noch nach der 490. Beleidigung
genauso wie frŸher zu vergeben. Petrus, dem bei seiner lebhaften
Empfindungsweise das Verzeihen sicher eine gro§e †berwindung kostete, mag wohl
recht betroffen dreigeschaut haben.
(Jesu
trug nun, wie Mt berichtet, ein Gleichnis vor, um den JŸngern klar zu machen,
wie die Versšhnung mit den Mitmenschen Voraussetzung ist fŸr die Versšhnung mit
Gott: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Kšnig, der mit seinen
Knechten abrechnen wollte. Als er damit begann, wurde ihm einer vorgefŸhrt, der
ihm 10.000 Talente schuldig war...Der Herr erbarmte sich dieses Knechtes, gab
ihn frei und erlie§ ihm die Schuld. Als der Knecht da hinausging, traf er einen
seiner Mitknechte, der ihm 100 Denare schuldig war. Den packte er u. wŸrgte
ihn, indem er sprach: 'Bezahle, was du schuldig bist!' Da fiel der Mitknecht vor
ihm nieder und bat, 'Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen!' Der
aber wollte nicht, sondern ging hin und lie§ ihn in den Kerker werfen, bis er
seine Schuld bezahlt hŠtte. Als die Mitknechte sahen, was geschehen war, wurden
sie tief betrŸbt. Sie gingen hin und meldeten ihrem Herrn, was geschehen war.
Da lie§ sein Herr ihn zu sich rufen und sagte zu ihm: 'Du bšser Knecht! Ich
habe dir die ganze Schuld erlassen, weil du mich darum gebeten hast; hŠttest
nicht auch du dich deines Mitknechtes erbarmen mŸssen, wie ich mich deiner
erbarmt habe? Voll Zorn Ÿbergab ihn sein Herr den Folterknechten, bis er die
ganze Schuld bezahlt haben wŸrde." Und Jesus schloss an das Gleichnis die
Mahnung: "So w auch mein himmlischer Vater mit euch verfahren, wenn nicht
ein jeder von euch seinem Bruder von Herzen verzeiht!"(Mt 18,23-35).)
"Von Herzen
verzeihen" ist also Voraussetzung fŸr die Versšhnung mit Gott! "Von
Herzen verzeihen!" Beachten wir das. Es ist eigentlich viel verlangt. Denn
"von Herzen verzeihen" ist etwas anderes, als dem Beleidiger nichts
merken lassen und ihm aus dem Weg gehen, aber mit bleibendem Hass und Groll im
Herzen. So wie es etwa in der Islandsage von Goden Snorri berichtet wird, Jahr
fŸr Jahr lebte er Šu§erlich neben seinem Gegner dahin, als hŠtte er alle ihm
zugefŸgten KrŠnkungen vergessen. Bei sich selbst aber dachte er: ãWarte nur, es
wird sich schon eine Gelegenheit bieten, mich zu rŠchen!Ò Und nach Jahr und Tag
kam diese Gelegenheit und die Rache war furchtbar. Der Umstand, dass da und
dort zwei oder mehrere einander einmal nicht von Herzen verziehen haben, ist
daran schuld, dass unzŠhlige gute Werke nicht zustande kommen und ebenso viele Unheils-Dinge
ihren Anfang nehmen, Kriege nicht ausgenommen.
"Von
Herzen" verzeihen hei§t, so verzeihen, dass man sich bei Erinnerung an das
erlittene Unrecht in Gewalt behŠlt. So zu verzeihen, dazu verhelfen einem
folgende †berlegungen:
a) Ist es denn
ganz sicher, dass der Beleidiger es wirklich so bšs gemeint hat, wie ich es mir
zurechtlege?
b) Habe ich ihn,
den Beleidiger, selber zuvor wirklich gar nie beleidigt? Oder ist seine mir
zugefŸgte Beleidigung am Ende gar eine Antwort auf mein Verhalten ihm
gegenŸber?
c) Habe ich
wirklich nie sonst jemanden auf eine Šhnliche Weise beleidigt wie er mich?
d) Wenn ich einen
beleidige, der mich beleidigt hat, der also Bšses an mir getan hat, so lasse
ich mich vom Bšsen in ihm anstecken. Ich tue also genau das Gegenteil von dem,
was Jesus Christus will, der gesagt hat: "†berwindet das Bšse durch das
Gute!"(Mt 5,39)
e) Wenn ich
meinem Beleidiger "von Herzen" verzeihe, dann bŸrgen mir die Worte
Jesu dafŸr, dass auch ich Verzeihung von Gott erlangen werde. Ist da fŸr mich
der Gewinn, den ich vom Verzeihen habe, nicht viel grš§er als die †berwindung,
die es mich kostet?
Wer sich solche
†berlegungen "zu Herzen" nimmt, wird nach und nach auch die Kraft
erlangen, "von Herzen zu verzeihen".
Ja, beten wir es
immer richtig und ehrlich: "Vater unser im Himmel, vergib uns unsere
Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!" Versšhnung mit Gott
hat zur Bedingung, dass wir immer wieder die Versšhnung mit dem Mitmenschen(in
der Ehe, in der Nachbarschaft, im Betrieb, in der Gemeinde) wagen.
Und die
sakramentale Verwirklichung und Erhšrung dieser Versšhnungsbitte im Vaterunser
ist das Sakrament der Versšhnung, das Bu§sakrament mit seinem Segen und mit
seinem Frieden, den es zu schenken vermag dem, der es dabei mit der Gewissenserforschung,
mit der Reue, mit dem Vorsatz und mit dem Bekenntnis ernst nimmt.
Tun wir es
wieder, wenn wir uns zum Empfang der Osterbeichte aufmachen und aufraffen. Es
wird uns allen guttun. "Lasst euch versšhnen!"