Trauung von Anna Wei§enbacher und Josef
MŸller am
19. Mai 1984 in St. Nikolaus, Golling-Torren
Liebes Brautpaar! Liebe
Angehšrige und Freunde der Braut und des BrŠutigams!
Es ist immer ein ganz gro§er,
risikoreicher Schritt, wenn zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, sich vor dem
katholischen Priester gegenseitig das heilige Sakrament der Ehe spenden und
einander unverbrŸchliche Liebe und Treue geloben, bis sie der Tod scheidet.
Darf ich euch, liebe Braut und
lieber BrŠutigam, diesen gro§en Schritt hinein in die unauflšsliche Ehe
aufzeigen anhand einer Kanonenkugel, die man vor der schaurigen, opferreichen
Bombardierung der ostdeutschen Stadt Dresden dort im sogenannten ãGrŸnen
GewšlbeÒ zu sehen bekam. Mit dieser Kanonenkugel hatte es folgende Bewandtnis:
Eine sŠchsische Prinzessin hatte diese Kanonenkugel von ihrem BrŠutigam als
Geschenk zur Verlobung bekommen. Ganz enttŠuscht von diesem groben, unansehnlichen
Geschenk warf die Prinzessin diese Kanonenkugel auf den Boden. Da sprang die
Kugel entzwei und es kam eine silberne Kugel zum Vorschein.
Neugierig nahm die Prinzessin
diese silberne Kugel zur Hand. Da sah sie, dass auch die silberne Kugel nur
eine HŸlle war, in der eine kleine goldene Kugel steckte.
Als die Prinzessin die goldene
Kugel genauer betrachtete, entdeckte sie daran einen Druckknopf. Sie drŸckte
darauf, die Kugel šffnete sich, und darin lag ein prachtvoller, reich mit Edelsteinen
verzierter Ring, und im Innern des Ringes waren die Worte aus dem Hohenlied des
Alten Testamentes (HL 2,16) eingraviert: ãMein Geliebter ist mein und ich bin
sein!Ò
Wenn man etwas tiefer nachdenkt,
kann man aus diesem eigenartigen Geschenk das ganze wunderbare Geheimnis der
christlichen Ehe herauslesen:
1.
Die eiserne Kanonenkugel deute ich so: was
Mann und Frau zunŠchst einmal zusammenfŸhrt, ist das eiserne Gesetz, das die
ganze belebte Natur durchzieht: Der Geschlechtstrieb, den Gott auch in den
Menschen hineingelegt hat, Šhnlich wie im Tierreich, ja sogar im Pflanzenreich.
Beim Menschen
aber, der eine unsterbliche Geistseele besitzt und dadurch weit Ÿber dem
Tierreich steht, kommt etwas Gro§es und Edles hinzu, was das Tier nicht kennt,
und was wir mit dem Silber vergleichen kšnnten. So geht es jetzt um die Deutung
2.
der silbernen Kugel, die in der eisernen
Kanonenkugel eingeschlossen war: das Silber im seelischen Zueinander von Mann
und Frau Ÿber den Geschlechtstrieb hinaus, das ist die geistige, liebende
Zuneigung der Herzen, die wohl im Kšrperlichen wurzelt, aber weit darŸber
hinausragt, hinein in das geistige Wesen der menschlichen Person. Diese
geistige Zuneigung der Herzen ist wahrlich viel viel
mehr als der blo§e Geschlechtstrieb. Auch wenn er anfangs vielleicht sehr stark
ist, vergeht er doch schlie§lich oder tritt im Lauf der Jahre jedenfalls stark
zurŸck. Bleiben aber muss das Silber der liebenden Zuneigung der Herzen.
Was nun aber der
Verbindung von Mann und Frau in der christlich gesehenen Ehe des Zueinander und
FŸreinander und Miteinander von Mann und Frau erst die Vollendung gibt, das ist
das Gold der Treue, die ZeitbestŠndigkeit der Liebe, wie sie Gott von Anfang an
fŸr die Ehe gewollt hat. Und dieses innerste Heiligtum der ehelichen Liebe hat Christus
der Herr in besonderer Weise geweiht und zum heiligen Sakrament erhoben.
3.
Das ist also nun
die goldenen Kugel, die in der
silbernen steckte:
Die sakramental
geheiligte und gefestigte Liebe und Treue der beiden Eheleute zueinander. Das
kommt bei der Trauung so sinnvoll im Austausch der goldenen Eheringe zum
Ausdruck und in der wechselseitigen ErklŠrung des Ehewillens und der
Bereitschaft zu gegenseitiger Liebe und Treue fŸr das ganze Leben. Jetzt erst,
wenn diese Bereitschaft zum dem nicht entwertbaren Gold der dauernden Liebe und
Treue ausgesprochen und besiegelt worden ist, kšnnen der BrŠutigam und die
Braut das biblische Wort im vollen, tiefen Sinn sprechen: ãDu bist nun mein und
ich bin dein – fŸr immer, bis in den Tod!Ò
Beachtet das
allzeit, liebes Brautpaar: Das Eisen der kšrperlichen, sinnlichen, sexuellen
Zuneigung in der Ehe ist sicher vom Schšpfergott gewollt und darum berechtigt
und in Ordnung, aber das viel Grš§ere ist das Silber der Zuneigung der Herzen
im gegenseitigen Sich-verstehen und in der
Bereitschaft, zueinander zu stehen, fŸreinander einzustehen, einander zu
helfen und miteinander das Leben froh und schšn zu gestalten, das Dunkle,
Leidvolle und schwere aber einander ertrŠglich zu machen. Das grš§te aber in
der christlichen Ehe ist das Gold der liebenden Treue bis in den Tod. Ohne
diese Bereitschaft zur unverbrŸchlichen Treue wŠre die Ehe gar keine Ehe. Das
ist der wesentlichste Unterschied
zwischen der blo§ standesamtlichen Trauung, bei der es nur um den Abschluss
eines Vertrages geht, der nach staatlichem Gesetz – wenn es nicht anders
geht – auch wieder aufgekŸndigt und gelšst werden kann. Bei der
kirchlichen Eheschlie§ung, bei der gegenseitigen Spendung des Sakramentes der
Ehe geht es um das klare Wissen und um den klaren Willen: ein Auseinandergehen
kommt fŸr uns nicht mehr in Frage, weil das, was Gott verbunden hat, der Mensch
nicht trennen darf!
Schafft fŸr
dieses Gold unverbrŸchlicher, liebender Treue fŸreinander und zueinander
tŠglich neu die Voraussetzungen im Gebet, im regelmŠ§igen Sakramenten Empfang,
im sonntŠglichen Gottesdienstbesuch und in einem daraus sich ergebendem Leben
aus dem Glauben!
In dieser
Hinsicht mšchte ich dem BrŠutigam noch den Rat geben: Schau auf (deinen
Namenspatron) den hl. Josef: Dieser schlichte, schweigsame Mann, von dem uns in
der Hl. Schrift kein einziges Wort berichtet wird, hat allzeit gewissenhaft
seine Pflicht erfŸllt gegenŸber den ihm anvertrauten heiligen Personen. Er tat
es in frohen und in schweren Stunden, er tat es in der Not der Herbergsuche und
tat es bei der Flucht nach €gypten, er stand zu seinem Wort, er war treu bis in
den Tod!
Und der Braut
mšchte ich den Rat geben: Schau auf eine Selige, die (wie du) den schšnen Namen
Anna – das hei§t: Gnade – getragen hat. Es ist die selige Anna
Maria Taigi. Im Jahre 1920 wurde sie selig gesprochen
und feierlich zur Ehre der AltŠre erhoben. Sie starb 57 Jahre alt als Mutter
von sieben Kindern. Sie ist in der Ehe eine Heilige geworden. Als der
Seligsprechungsprozess fŸr sie begann, lebte noch ihr Mann. Er war der erste
Zeuge, der die Heiligkeit seiner Frau bezeugte. Unter einem Eid gab er die
Versicherung ab, dass seine Gattin im Eheleben sich ganz gewissenhaft an die
Gebote Gottes gehalten habe und immer – in frohen und in schweren Tagen
– selbstlos gut zu ihm und zu den Kindern gewesen sei; sie habe das
eheliche Leben im Lichtglanz des Sakramentes nie anders als etwas Gro§es und Geheimnisvolles
betrachtet gemŠ§ dem Wort des hl. Paulus im Eph 5,25-33: ãDie Ehe ist ein
gro§es Geheimnis – im Blick auf Christus und die KircheÒ.