Heilige Stunde

6.Februar 1986 Loreto

Viele wissen mit der Andacht der Heiligen Stunde nichts Rechtes anzufangen, viele haben roch nie etwas davon gehšrt. Sogar junge Priester gibt es, denen diese Andacht der Hl. Stunde všllig unbekannt ist. Und doch geht es dabei um eine so schšne, wertvolle Andachtsform, am Vorabend des Herz-Jesu-Freitags, also des 1.Freitags jeden Monats eine Stunde lang in Erinnerung an das Todesangst-Leiden Jesu am …lberg dem Heiland gleichsam Gesellschaft zu leisten durch mŸndliches oder betrachtendes Gebet, wobei besonders an das SŸhneleiden und SŸhneopfer des Heilands gedacht wird.

Diese Andachtsform geht auf die hl. Margareta Maria Alacoque zurŸck, der gegenŸber der Heiland bei einer ihr gewŠhrten Erscheinung bitter geklagt hat Ÿber den Undank der Menschen, die auf Ihn und seine seelischen und kšrperlichen Leiden und Schmerzen, die er zur Erlšsung der Menschheit auf sich genommen hat, ganz vergessen.

Eifrige, sein heiligstes Herz liebende Seelen, sollten ihm in Erinnerung an seine Todesangst und Verlassenheit am GrŸndonnerstag-Abend am …lberg wenigstens eine Gedenkstunde schenken.

Eigentlich sehr spŠt wurde diese Bitte des Herrn erfŸllt, als der Jesuit F. Debrosse in Paray-le-Monial diese Andachtsform einfŸhrte und jene GlŠubigen, die dabei mitmachten, zu einer Bruderschaft 1829 zusammenschloss. Diese Bruderschaft von der Hl. Stunde wurde vom Ršmischen Stuhl 1911 zu einer Erzbruderschaft erhoben. Den Mitgliedern dieser Erzbruderschaft wurden fŸr die Teilnahme an der Hl. Stunde gro§e AblŠsse gewŠhrt. Gleiches gilt fŸr die Mitglieder des Gebetsapostolates.

Diese †bung der Hl. Stunde im Sinn der dafŸr geschaffenen Bruderschaft wurde dann vor allem durch den heiligmŠ§igen irischen Jesuiten F. William Doyle sehr gefšrdert und verbreitet.

Wenn nun die †bung der Hl. Stunde im Sinn der dafŸr geschaffenen Bruderschaft erst in das vorige Jahrhundert zurŸckgeht, so geht es dabei eigentlich doch um eine uralte Andachtsform. Ich kšnnte mir sogar vorstellen, dass bereits die Gottesmutter und die Apostel nach Pfingsten mit der †bung der Heiligen Stunde begonnen haben. Ich kann mir nŠmlich gut vorstellen, dass sich die Apostel, voran die SŠulenapostel Petrus, Jakobus und Johannes innerlich immer wieder geschŠmt haben Ÿber ihr Versagen in der GrŸndonnerstag-Nacht und sich voll Reue an jenes Wort des Herrn erinnert haben, das er in jener Nacht zu ihnen gesprochen hatte: "Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet! Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach!" †berdenken wir dieses Heilandswort und schauen wir uns die Situation, in der er es gesprochen hat, etwas nŠher an:

Der Apostel und Evangelist MatthŠus berichtet Ÿber die Geschehnisse nach der Feier des Letzten Abendmahls so: "Nach dem Lobgesang gingen sie(Jesus und die Apostel) zum …lberg hinaus. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr alle werdet in dieser Nacht an mir Ansto§ nehmen und zu Fall komm; Denn in der Schrift steht: 'Ich werde den Hirten erschlagen, dann werden sich die Schafe der Herde zerstreuen' - Da erwiderte ihm Petrus: 'Und wenn alle an dir Ansto§ nehmen - ich niemals'. Jesus aber entgegnete ihm: Amen, ich sage dir: In dieser Nacht, noch ehe der Hahn krŠht, wirst du mich dreimal verleugnen. Da sagte Petrus zu ihm: Und wenn ich mit dir sterben mŸsste - ich werde dich nie verleugnen. Das gleiche sagten auch alle anderen JŸnger.

Darauf kam Jesus mit seinen JŸngern zu einem GrundstŸck, das man Getsemani nennt. Er sagte zu ihnen: Setzt euch und wartet hier, wŠhrend ich dort bete. Und er nahm Petrus und die beiden Sšhne des ZebedŠus mit sich. Da ergriff ihn Angst und Traurigkeit. Und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrŸbt. Bleibet hier und wachet mit mir! Und er ging ein StŸck weiter, warf sich zu Boden und betete: Mein Vater wenn es mšglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorŸber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst:

Und er ging zu den JŸngern zurŸck und fand sie schlafend.

Da sagte er zu Petrus: 'Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? ...

Ja, ich glaube schon, dass sich die Apostel spŠter oft an dieses Wort ihres gšttlichen Meisters erinnert haben werden. Da mag sie dann der Hl. Geist angeregt haben, miteinander eire Stunde lang Ÿber die Geschehnisse der …lbergnacht nachzusinnen und zu betrachten, wie schwach, wie feig, wie opferscheu sie damals gewesen waren, da sie statt mit Jesus zu wachen, schliefen, und statt ihm auch in den dunkle Stunden seiner Passion die Treue zu halten, feige flohen... 'Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?" Viele Heilige werden sich dieses Heilandswort zu Herzen genommen haben und nicht blo§ eine Stunde, sondern ganze NŠchte in dankbarer Erinnerung an das SŸhneleiden des Herrn in seiner Todesangst am …lberg gebetet und darŸber meditiert haben. So mag die Heilige Stunde, lŠngst bevor sie gewisserma§en institutionalisiert wurde, von vielen frommen Seelen gehalten worden sein.

Aber immer noch gilt die Klage des Herrn und betrifft so viele Priester und glŠubige Laien: "Nicht einmal eine Stunde...Ò

Ja, mŸsste der Herr oft nicht noch bitterer klagen: Nicht einmal eine Minute kšnnt ihr mit mir wachen und beten? So viele vergessen ganz auf das so notwendige Gebet und auf die noch notwendigere Wachsamkeit in Stunden der Versuchung, in Zeiten der Glaubensverwirrung und des Glaubensabfalls! Nicht einmal eine Stunde... Nicht einmal eine Minute, weil es bei vielen nicht einmal mehr zu einem kurzen Gebet am Morgen und am Abend reicht!

Vor ein paar Jahren starb am DŸrrnberg bei Hallein der Seelsorger, Pfarrer Josef Lackner. Ich fuhr zum BegrŠbnis dieses Mitbruders. Beim Gang in die Kirche begegnete ich einem DŸrrnberger Bergknappen, die bekanntlich trotz ihrer gefŠhrlichen Arbeit nicht sehr viel Ÿbrig haben fŸr das Gebet. Ich fragte diesen Bergknappen, ob er auch Ÿber den Tod dieses frommen Priesters, der nun begraben werde, trauere. Und die Antwort: Ja, dieser Pfarrer geht uns schwer ab. Denn er hat fŸr uns, die wir nur wenig oder gar nicht mehr beten, viel gebetet! Das war ein schšnes Wort Ÿber einen verstorbenen Seelsorger. Er hat stellvertretend fŸr jene, die nur wenig oder Ÿberhaupt nicht mehr beten, viel gebetet. WŠre das nicht auch der Sinn der Hl. Stunde? FŸr jene, die kaum mehr beten oder Ÿberhaupt nicht mehr beten, und stellvertretend fŸr sie zu beten, dem Herrn zu danken fŸr sein SŸhneleiden und ihm eine Stunde lang Gesellschaft zu leisten in seiner Todesangst und Verlassenheit'

Aber wie ist es dem Heiland damals in der GrŸndonnerstag-Nacht ergangen, nachdem er den drei SŠulenaposteln geklagt hatte: "Nicht einmal eine Stunde konntet ihr mit mir wachen?Ò Er hatte damals die Mahnung gegeben: "Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist zwar willig, aber das Fleisch ist schwach.Ò Darauf war der Herr wieder weggegangen von den Aposteln und hatte neuerdings instŠndig in der Angst vor dem Ÿber ihn hereinbrechenden furchtbaren Leiden in instŠndigem Gebet mit seinem himmlischen Vater gleichsam gerungen: "Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorŸbergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, so geschehe dein Wille!" Aber trotz dieser heldenhaften Ergebung in den Willen des himmlischen Vaters hielt es der Herrn in seiner Todesangst allein nicht mehr aus. Er suchte wieder die NŠhe seiner Apostel, hoffte auf ihren Trost und kehrte zu ihren zurŸck. Aber was erlebte er nun wieder? "Als er zu ihnen zurŸckkam, fand er sie wieder schlafend, die Augen waren ihnen zugefallen." "Und er ging wieder von den Aposteln weg und betete zum dritten Mal mit den gleichen Worten. Danach kehrte er zu den Aposteln zurŸck und saute zu ihnen: Schlaft ihr immer noch? Die Stunde ist nun gekommen, jetzt wird der Menschensohn den SŸndern ausgeliefert, Steht auf, wir wollen gehen! Seht, der VerrŠter, der, ihn ausliefert, ist schon da.

Lassen wir uns nun innerlich ergreifen vom dreimaligen Beten des Gottmenschen Jesus Christus um Ergebung in den urbegreiflichen Willen des himmlischen Vaters und vom ebenso unbegreiflichen Versagen der Apostel in jener …lberg-Nacht.

Das Beten auf der einen Seite, das Schlafen auf der anderen Seite. Der Heiland, der ja nicht blo§ Gott, sondern auch blutwarmer, echter Mensch ist, hat einen Widerwillen gegen das Ÿber ihn hereinbrechende furchtbare Leiden. Ihm, dem Sohn Gottes, ist es eine wohlschmeckende Speise, den Willen dessen zu tun, der Ihn in diese Welt gesandt hat. Ihm, dem Menschen aus Fleisch und Blut, der Angst, furchtbare Angst vor dem kommenden Leiden hat, widersteht dieses Leiden, noch bevor es Ÿber Ihn kommt. Er bittet darum dreimal seinen himmlischen Vater, diesen Kelch nicht trinken zu mŸssen. Es ist ja wahrlich nicht einzusehen, dass der gŠnzlich Schuldlose wie ein Verbrecher, der Reinste und Heiligste wie der grš§te SŸnder verurteilt werden und unter grš§ten seelischen und leiblichen Schmerzen und Leiden sterben soll. Die menschliche Natur Jesu Christi lehnt sich dagegen auf, wie sich Ÿberhaupt jedes menschliche Denken gegen eine solche Vergewaltigung aller gesunden Auffassung und aller menschlichen Logik auflehnt. Da wirft er sich zu Boden und mit dem Angesicht auf der Erde betet der Gottmensch, nicht blo§ einmal, sondern dreimal, dass ihm dieses furchtbare Leiden erspart bleiben mšge. Aber er betet dabei so, wie jedes gute Gebet geformt sein mŸsste: ergeben in den Willen des himmlischen Vaters: 'Vater, nicht mein Wille geschehe, sondern der deine'.

Dabei wird der Heiland allem Anschein nach nicht sofort erhšrt. Er bleibt zuerst ganz verzagt und voller €ngste und sucht dabei nicht blo§ einmal, sondern erneut, in den Gebetspausen die drei Apostel auf. Auch das ist geheimnisvoll und hšchst eigenartig, dass der Herr die NŠhe und den Trost dieser Apostel sucht. Es ist das - so hat einmal Prof. Dillersberger in seinem Kommentar zum Mt Ev geschrieben- bei aller RŠtselhaftigkeit 'ein unendlich sŸ§es Geheimnis, es ist die Geburtsstunde fŸr alle armseligen Versuche dem Herzen Jesu ein wenig 'SŸhne und Ersatz! zu leisten.

Dass der Herr dabei die Apostel schlafend antrifft trotz der Mahnung und Bitte, zu wachen und zu beten, dass sie der Versuchung nicht erliegen, fŸgt zum begonnenen seelischen Leiden Jesu noch die wohl besonders bittere EnttŠuschung hinzu, dass sogar jene, die ihm versprochen hatten, mit ihm in den Kerker und in den Tod zu gehen, schlafen, statt mit ihm zu wachen und zu beten!

ãKonntet ihr nicht einmal eine Stunde wachen und beten?'' Diese Klage des Herrn hat damals nicht gewirkt, aber wegen der BeschŠmung, die sie damals hervorrief, hat sie dann doch in die Christenheit hineingewirkt und gar manches nŠchtliche Beten und Wachen hervorgerufen.

Mšge es auch bei uns so sein, nicht blo§ jetzt in dieser Hl. Stunde und bei mancher nŠchtlichen Anbetung des Herrn im Allerheiligsten Sakrament. Mšge der Herr uns vor allem auch wieder wachsamer finden in Stunden der PrŸfung und Heimsuchung, besonders dann, wenn der VerrŠter naht. Viele VerrŠter des Herrn sind in unserer Zeit schon aufgestanden und haben den Herrn und den heiligen Beruf und die gnadenvolle Berufung treulos verraten. Denn was der Herr damals sagte: Seht, die Stunde ist da , dass der Menschensohn ausgeliefert wird in die HŠnde der SŸnder, das erfŸllt sich in unserer Zeit wieder in oft sehr schmerzlichen Weise. Halten wir ihm die Treue und beten wir um Widerstandskraft, um den Herrn nicht zu verraten! Amen