Bu§sakrament und Bu§feier
Seit einiger Zeit befassen sich
viele GlŠubige mit der Frage, wie sich Bu§sakrament und Bu§feier zueinander
verhalten. Die einen sind der Ansicht, wenn sie eine Bu§andacht mitfeiern,
kšnnen sie sich den unangenehmen Weg in den Beichtstuhl ersparen, da ihnen ja
bei der Bu§feier die SŸnden nachgelassen werden. Die anderen sind beunruhigt
und fŸrchten, durch die neu eingefŸhrten Bu§andachten wŸrde das Sakrament der
Bu§e, die Beichte, abgeschafft. (Wir stehen in der Fastenzeit, der gro§en
Bu§zeit im Kirchenjahr). Es ist darum sicher angebracht, zu den aufgeworfenen Fragen
ein klŠrendes Wort zu sagen:
Wenn wir recht verstehen wollen, was
bei der Bu§andacht und im Bu§sakrament geschieht, mŸssen wir uns zunŠchst grundsŠtzlich
Ÿberlegen, was Bu§e Ÿberhaupt ist. Denn viele haben eine falsche Vorstellung
von Bu§e; sie meinen, Bu§e sei ihre ureigenste Tat und sie sei das, was
schwerfŠllt. DemgegenŸber mŸssen wir festhalten: bevor wir Bu§e tun, hat Gott
schon etwas fŸr uns getan! Wir Menschen kšnnen uns nŠmlich nicht mit eigener
Kraft aus der Verstrickung in Schuld und SŸnde lšsen. Gott selbst hilft uns,
unser Leben wieder in Ordnung zu bringen. Er schenkt uns die Gnade, wieder neu
anfangen zu dŸrfen; er gibt uns die Kraft, unsere sŸndige Vergangenheit zu
bewŠltigen. Die Initiative bei der Aussšhnung zwischen Gott und uns SŸndern
liegt bei Gott. So sagt es der Apostel: ãDas alles aber ist aus Gott, der uns
mit sich durch Christus versšhnt und uns den Dienst der Versšhnung Ÿbertragen hat.
Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versšhnt hat! (2Kor 5,18f)Ò.
Bu§e ist daher zuerst eine Gabe Gottes an uns!
Dieser Mšglichkeit, die Gott uns
eršffnet, mŸssen wir entsprechen, wenn wir Verzeihung der SŸnden erlangen
wollen. Wir mŸssen auf das gšttliche Angebot antworten, indem wir uns von
unseren SŸnden abwenden und uns Gott zuwenden. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn
wird uns dieser Vorgang beschreiben als Heimkehr zum Vater und als demŸtige
Bitte um Vergebung. Wir brauchen keine Angst zu haben, vor einem verschlossenen
Tor zu stehen und abgewiesen zu werden. Denn wie uns der Herr in diesem
Gleichnis sagt, wartet Gott in stŠndiger Bereitschaft, uns zu verzeihen. Gott
sucht uns Menschen weit mehr, als wir nach Gott rufen. Er liebt uns und freut
sich, uns zu vergeben (vgl. Lk 15,7.10).
Aber nachdem Gott das Seine getan
hat und noch stŠndig tut, ist es an uns, das Unsrige zu tun: wir mŸssen den Weg
der SŸnde verlassen und uns aufmachen zu Gott, wir mŸssen den ernsten Willen
haben, unser selbstsŸchtiges Verhalten abzulegen und das zu tun, was Gott von
uns will; wir mŸssen nach jener Gottes- und NŠchstenliebe streben, die unser
Leben zu einem selbstlosen Dienen macht. Diese unsere innere Umkehr und Herzenserneuerung ist unabdingbar notwendig,
wenn wir Vergebung unserer Schuld erlangen wollen. Hierin liegt der Kern
unserer Bu§e.
Diese Umkehr kann sich in recht
verschiedenen Formen verwirklichen:
I.
Den breitesten
Raum nimmt in unserem Leben die private oder persšnliche Bu§e ein, die mit
ihren ungezŠhlten Mšglichkeiten unseren Alltag durchziehen sollte: in allem,
was schwer fŠllt in den Berufspflichten und im Zusammenleben in Ehe und
Familie.
1.
Unsere innere
Umkehr kšnnen wir verwirklichen durch die vielfŠltigen Werke der NŠchstenliebe,
z.B. durch das Almosen, das wir einem Armen geben und durch die Spende, mit der
wir uns bei Hilfsaktionen wie ãBruder in NotÒ, Katastrophenhilfe und Caritas
Sammlung beteiligen.
2.
Wir wenden uns
ab von der SŸnde, wenn wir aufrichtig beten oder wenn wir glŠubig das Wort
Gottes hšren. Darum fordert uns das II. Vat. Konzil auf. Gerade in der
Fastenzeit mit grš§erem Eifer als sonst das Wort Gottes zu hšren.
3.
Wir Ÿben Bu§e, indem
wir auf VergnŸgungen verzichten und freiwillig Entbehrungen, wie Fasten, auf
uns nehmen, was uns beim heutigen Lebensstandard gar nicht schlecht bekŠme.
4.
Selbstlose
Mitarbeit in der Pfarrgemeinde (und ihren Gliederungen) kšnnte ebenfalls
Ausdruck unserer inneren Umkehr sein.
5.
Eine besonders wichtige
Form der privaten Bu§e ist die Aussšhnung unter uns Menschen. Wir kšnnen uns ja
vor Gott nicht sehen lassen, solange wir untereinander in Feindschaft leben:
ãWenn du deine Gabe zum Altar bringst und dich dort erinnerst, dass dein Bruder
etwas gegen dich hat, so geh zuerst hin und versšhne dich mit deinem Bruder,
und dann komm und opfere deine Gabe!Ò (Mt 5,23f)
In den genannten Beispielen, denen man noch
viele andere hinzufŸgen kšnnten, geschieht Versšhnung mit Gott, allerdings nur
unter der unerlŠsslichen Voraussetzung, dass sich in unseren Worten und Taten unsere
innere Umkehr ausdrŸckt und verwirklicht. Auch das grš§te und schwierigste Bu§werk
nŸtzt nichts, wenn es nur Šu§erlich vollzogen wird und nicht Ausdruck dafŸr
ist, dass wir unseren Sinn Šndern und uns zum verzeihenden Gott aufmachen.
II.
Neben dem weiten
Bereich der privaten oder persšnlichen Bu§e sind die Bu§feiern oder
Bu§andachten zu nennen (die im Jahre 1967 von der Deutschen Bischofskonferenz
eingefŸhrt wurden).
Bei diesen Andachten bekennt die versammelte
Gemeinde gemeinsam ihre Schuld und fleht zu Gott um Verzeihung. Der Priester,
der den Bu§-Gottesdienst leitet, fasst das Gebet der Gemeinde zusammen und ruft
Gottes Erbarmen auf die Anwesenden herab.
In dieser Form der Bu§e von der heute so viel
geredet wird, werden sehr alte Elemente der christlichen Bu§liturgie, wieder
lebendig. In der gemeinsamen Bu§feier wird die FŸrbitte der Gemeinde fŸr die
SŸnder, die ein wichtiges StŸck der altkirchlichen Bu§liturgie darstellte,
wieder aufgegriffen. Durch die gegenseitige FŸrbitte helfen wir einander, uns
von der SŸnde wegzuwenden. Hier erfahren wir unsere Zusammengehšrigkeit in
Schuld und Erlšsung und werden an unsere Verantwortung fŸreinander erinnert. In
einer solchen Feier zeigt sich deutlicher als in anderen Bu§formen, dass die
christliche Bu§e ein Gottesdienst ist, durch den wir den heiligen Gott
verehren. Schlie§lich tritt in der
gemeinsam vollzogenen Bu§e klar hervor, dass unsere SŸnden nicht nur eine
privat-persšnliche Angelegenheit sind, sondern auch eine soziale Auswirkung
haben und die kirchliche Gemeinschaft angehen. Werden solche Bu§gottesdienste
gut gestaltet, dienen sie der Gewissensbildung und schŠrfen unseren Blick fŸr
Unheil und Heil, fŸr SŸnde und Gnade; sie geben uns Anregung fŸr die Bu§e im
Alltag und kšnnen uns auch z u einem fruchtbaren Empfang des Bu§sakramentes
fŸhren.
Wie steht es nun bei der Bu§andacht mit dem
Nachlass der SŸnden?
Hier gilt das gleiche, was schon bei der
privaten oder persšnlichen Bu§e gesagt wurde: Wer an der Bu§feier teilnimmt,
kann tatsŠchlich von Gott Vergebung seiner lŠsslichen SŸnden empfangen,
allerdings unter der unerlŠsslichen Voraussetzung, dass er nicht nur Šu§erlich
dabei ist, sondern seine Mitfeier Ausdruck seiner echten Bu§gesinnung und
Herzensumkehr ist. Schwere SŸnden aber sind im Sakrament der Bu§e persšnlich zu
bekennen. So wenig ein SŸnder, der bei sich selbst seine schweren SŸden bereut
hat (mit vollkommener Liebesreue),
schon deswegen von der persšnlichen Beichte dispensiert ist (im Gegenteil: in
seiner vollkommenen Liebesreue war der Wille und Vorsatz miteingeschlossen, bei
nŠchster Gelegenheit diese seine schweren SŸnden auch reumŸtig zu beichten!),
so wenig ist einer, der in einer Bu§andacht die Lossprechung (richtiger:
SŸndenvergebung auf Grund seiner Reue!) erhalten hat, vom SŸndenbekenntnis
dispensiert.
III.
Eine letzte Form
der Aussšhnung mit Gott ist das Bu§sakrament mit dem persšnlichen Bekenntnis
und der sakramentalen Lossprechung durch den (mit der nštigen Jurisdiktion
ausgestatteten) Priester.
Das Bu§sakrament ist die Hochform der
christlichen Bu§e. Auch dieser Weg, Vergebung der SŸnden zu erlangen, schlie§t
die innere Umkehr des Herzens ein. Die Beichte ist daher nicht Ersatz der (etwa
fehlenden) Bu§gesinnung, SinnesŠnderung und Herzensumkehr, sondern deren
Kršnung. Das ist nichts anderes als die alte Katechismus-Wahrheit, dass das
Wichtigste bei der Beichte die Reue ist. Sie ist so wichtig, dass der Empfang
des Bu§sakramentes ohne Reue všllig sinnlos wŠre.
Wie schon gesagt wurde, sind alle schweren SŸnden
vor dem Priester in der Beichte zu bekennen.
Heute aber stehen viele vor der Frage: Was ist eine
schwere SŸnde? Sie ist nicht in erster Linie der Versto§ gegen bestimmte
Gebote, sondern die Abwendung von Gott, die AufkŸndigung seiner Freundschaft,
ein Brechen mit Gott. In einer solchen Tat entscheidet sich der Mensch gegen
Gott, wobei er sich total engagiert. Oder – um in der herkšmmlichen
Sprache des Katechismus zu sprechen – mit klarem Wissen und voller
Freiheit handelt. Ein solcher Bruch mit Gott liegt nicht nur dann vor, wenn
einer Gott hasst, sondern auch, wenn er sich weigert, in wichtigen Dingen
Gottes Willen zu tun.
Bisweilen hšren wir die Auffassung, der Mensch sei
kaum fŠhig zu einer so tiefgreifenden Tat, die einen Bruch mit Gott
herbeifŸhrt, d.h. er sei kaum zu einer schweren SŸnde fŠhig. TrŠfe dies zu, so
mŸssten wir auch zugeben, dass der Mensch unfŠhig ist, in einem echt personalen
VerhŠltnis zu Gott als seinem Schšpfer und Vollender zu stehen. Wenn der Mensch
sein Heil weder wirken noch verwirken kann (durch die schwere SŸnde), dann ist
er auch nicht im wahren Sinne frei und dŸrfte in seinen personalen
Entscheidungen nie ganz ernst genommen werden. FŸr den Apostel aber ist der
Bruch der Menschen mit Gott (durch die schwere SŸnde) eine reale Mšglichkeit;
er schreibt nŠmlich: ãGebt euch keiner TŠuschung hin! Weder UnzŸchtige noch
Gštzendiener noch Ehebrecher noch LŸstlinge noch KnabenschŠnder noch Diebe noch
HabsŸchtige noch Trunkenbolde noch LŠsterer noch RŠuber werden Anteil haben am
Reiche Gottes!Ò (1 Kor 6,9). Freilich ist bei diesen Vergehen, die nach dem Wort des Apostels vom Reiche Gottes
ausschlie§en und daher Bruch mit Gott bedeuten, vorausgesetzt, dass sie mit
klarer Einsicht und in Freiheit getan werden.
Vor eine besondere Schwierigkeit stellt uns die
Frage, wie wir im Einzelfall die schwere SŸnde von der lŠsslichen unterscheiden
kšnnen. Letztlich werden wir auf diese Frage nur eine Antwort finden, wenn wir
ehrlich unser Gewissen prŸfen. Eine schwere SŸnde ist ja keine Kleinigkeit, die
wir einfach Ÿbersehen kšnnten. €ngstlichkeit wŠre daher fehl am Platze.
Nach dem bisher Gesagten stellt sich uns die Frage:
wenn uns so viele Mšglichkeiten gegeben sind, Vergebung unserer SŸnden zu
erlangen und nur bei schweren SŸnden der Empfang des Bu§sakramentes notwendig
ist, hat es denn dann noch einen Sinn, lŠssliche SŸnden zu beichten?
Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage
kann uns folgende †berlegung ein wenig weiterhelfen: Wie verhalten wir uns,
wenn es um unsere leibliche Gesundheit geht? Gewiss wenden wir uns wegen einer
kleinen Schnittwunde nicht gleich an den Arzt. Wir warten aber auch nicht, bis
sich die Anzeichen einer Todesgefahr einstellen, ehe wir den Arzt rufen.
Zwischen der harmlosen Verletzung und der
lebensgefŠhrlichen Erkrankung liegt aber ein weites Feld von Krankheiten, bei
denen es sehr sinnvoll und hilfreich ist, die Šrztliche Kunst in Anspruch zu
nehmen. In vielen FŠllen dieses Bereiches ist die Hilfe des Arztes sogar sehr
notwendig, wenn auch nicht lebensnotwendig. (Vielfach wird auch dringend
empfohlen, bes. zu gewissen Zeiten und in gewissen Altersstufen, sich šfter dem
Arzt wenigstens zur Kontrolle zu stellen!).
Mit diesem Zwischenbereich (zwischen harmlosen Verletzungen
und lebensgefŠhrlichen Erkrankungen) ist (auf seelischem Gebiet) die sogenannte
Andachtsbeichte, die Beichte lŠsslicher SŸden, vergleichbar. Es ist durchaus
sinnvoll, sein persšnliches Versagen auch in der persšnlichen Beichte vor dem
Priester zu bekennen und von ihm die sakramentale Lossprechung
entgegenzunehmen. Denn durch diese Form des SŸndenbekenntnisses sind wir
gehalten, uns eingehender mit unseren SŸnden zu befassen, wodurch das Bewusstsein
unserer Schuld zweifellos vertieft wird. Mehr als in den anderen Bu§formen
erkennen wir durch den Empfang des Bu§sakramentes an, dass die Vergebung der
SŸnden nicht unser Werk, nicht unsere Leistung, sondern Gottes Geschenk ist
(und dass dabei wirklich das SŸhneleiden Christi und sein fŸr unsere SŸnden
vergossenes Blut zum Einsatz kommt).
Eine gro§e Hilfe kann die Beichte sein, wenn sie
verbunden wird mit der geistlichen Beratung (und SeelenfŸhrung). Diese Aufgabe
stellt jedoch an den Priester, der das Bu§sakrament verwaltet, hohe
Anforderungen. Er muss darum wirklich selbst ein geistlicher, innerlicher, tief
glŠubiger, frommer Mensch sein, erfahren in Gebet und Bu§e, der fŠhig ist, die
PhŠnomene des geistlichen Lebens zu beurteilen.
Wer in der rechten inneren Haltung das Bu§sakrament
empfŠngt, wird reichen Segen ernten (denn die Wirkung des Bu§sakramentes ist ja
nicht nur die SŸndentilgung, sondern auch die Erteilung von sakramentalen
Gnaden, die eine kostbare Hilfe sind, um fortan die SŸnden leichter meiden und
Fortschritt im geistlichen Leben machen zu kšnnen!). Wenn wir im geistlichen
Leben reiche Frucht bringen wollen, wird der regelmŠ§ige Empfang des Bu§sakramentes
in den meisten FŠllen einfach notwendig sein. Wir alle wollen ja voranschreiten
im Guten und nicht unsere menschliche Durchschnittlichkeit zum Ma§stab unseres
geistlichen Strebens machen, sondern die unbegreifliche Liebe Gottes, die keine
Grenzen kennt (und die darauf wartet, von uns erwidert zu werden. Das Ma§ aber,
mit dem wir Gott lieben sollen, sei dies – sagt der hl. Bernhard v. Cl.
-, dass wir ihn lieben ohne Ma§!).
Wir sehen, wie reich und vielfŠltig die Formen
christlicher Bu§e sind.
Es wŠre falsch, eine Form gegen die andere
auszuspielen. Die verschiedenen Bu§formen stehen nŠmlich nicht miteinander in
Konkurrenz, sie ergŠnzen sich vielmehr. Sie alle haben ihren legitimen Platz im
Leben der Kirche und sollten ihn auch in unserem persšnlichen Christenleben
einnehmen.
HŸten wir uns bei der Wahl der einzelnen Bu§formen,
uns den jeweils bequemeren Weg auszusuchen. Wer darauf aus ist, mšglichst
billig davonzukommen, hat nicht verstanden, worum es bei der christlichen Bu§e
geht.
Wer aber mit SinnesŠnderung und Herzensumkehr ernst
macht, sucht nicht den bequemsten Weg, sondern den wirksamsten Weg der Bu§e. So
manchem fŠllt die Aussšhnung mit dem NŠchsten bedeutend schwerer als die
Mitfeier einer Bu§andacht oder der Gang zum Beichtstuhl.
Mšge diese Fastenzeit fŸr uns alle eine Zeit echter
Umkehr werden, in der wir wieder erfahren, wie barmherzig Gott zu uns ist und
wie gut er es mit uns meint. Wie der Vater auf den verlorenen Sohn gewartet
hat, so wartet Gott auf unsere Umkehr, um uns unsere Schuld zu vergeben und uns
teilnehmen zu lassen an der šsterlichen Freiheit und Freude seines
auferstandenen Sohnes.