Beichte und Absolution

In Zeiten der Teuerung und der immer rapider steigenden Preise freut sich gar mancher, wenn er beim „Sommerschlussverkauf“ oder auf dem Jahrmarkt beim „billigen Jakob“ etwas zu reduzierten Preisen, etwa gar zu Schleuderpreisen erstehen kann; oft wird man dabei freilich allzu schnell bitter enttäuscht, wenn man feststellen muss, dass das, was wenig kostete, auch wenig wert ist. Heute sieht es im Raum der Kirche bisweilen auch so aus, als ob alles stark verbilligt, ja zu Schleuderpreisen abgegeben werden müsste, weil die Kirche sonst mir ihrer Botschaft und ihren Gnadenmitteln „nicht mehr ankommt“. Geht der Trend nicht auch beim Bußsakrament neben allen berichten und notwendigen Reformen vielfach auf „Verbilligung“ hinaus, wenn heute manche Priester die Absolution „zu verbilligten Preisen“, unter Verzicht auf das von der Kirche bisher geforderte Sündenbekenntnis abgeben möchten? Anders ist es doch kaum zu verstehen, dass manche Priester heute in Ungehorsam – Verzeihung, in „vorauseilendem Gehorsam“! – Bußfeiern mit sakramentaler Absolution propagieren und praktizieren und die Gläubigen dabei vergessen machen, dass es „ohne Blutvergießen (d. h. ohne Opfer bis aufs Blut) keine Vergebung“ gibt (vgl. Hebr 9,22) und dass wir „um teuren Preis“ (1 Kor 6,20) aus der Knechtschaft der Sünde erkauft worden sind und dementsprechend auch bezahlen sollten. Für die Propagandisten und Praktiker einer „verbilligten“ Absolution finden sich dann rasch auch Theologen, die das theologisch zu rechtfertigen suchen mit dem  Hinweis darauf, dass doch gerade beim Bußsakrament eine gewaltige Entwicklung, vielfach auch „Fehlentwicklung“ stattgefunden habe, die dann auf dem Konzil von Trient unglücklichseligerweise auch noch sanktioniert wurde. Und wenn das Tridentinum definitiv erklärte, dass die Einzelbeichte aller schweren Sünden auch Art und Zahl kraft göttlichen Rechtes unbedingt Vorbedingung für die sakramentale Absolution ist, so könne das doch wohl nur ungute, übertriebene Reaktion in der Auseinandersetzung mit den Reformatoren und nur eine aus bloß zeitbedingter Bußtheologie herausgewachsene, revidierbare Fehlentscheidung sein. So ungefähr lässt sich doch – wenn ich es richtig verstanden habe – die Argumentierung mancher modernen Theologen zusammenfassen. Zugegeben, ich kann mich irren, auch wenn ich mehr als 20 Jahre Sakramenten Theologie doziert habe. Jedenfalls aber kam ich, als ich solche Abhandlungen las, aus der Verwunderung darüber nicht heraus, wie hier „erhebliche Bedenken“ gegen Trienter Konzilsentscheidungen vorgebracht werden und behauptet wird, dass „die entsprechenden Äußerungen des Konzils von Trient“ (über die auf Grund göttlichen Rechtes gegebene Notwendigkeit der Beichte aller schweren Sünden) „zum Teil auf geschichtlichem Irrtum und einer falschen Interpretation neutestamentlicher Texte beruhen“ und „daher wohl nicht als endgültig verbindliche Lehrsätze verstanden werden können“, sondern eher abänderliche „Disziplinarvorschriften“ sind.
Es sei zuerst nicht auf Einzelnes in solchen Behauptungen eingegangen, sondern mit der Feststellung begonnen, dass im Protestantismus die Beichte wieder mehr und mehr Eingang findet – man lese etwa das aufschlussreiche Buch von P. Laurentius Klein OSB „Evangelisch lutherische Beichte“ (Paderborn 1961) -, das umgekehrt aber in der katholischen Kirche in letzter Zeit nicht nur in der Praxis, sondern auch in der „Lehre“ begonnen wurde, förmlich Sturm zu laufen gegen die Beichte, gegen das Sündenbekenntnis und seine Notwendigkeit für das Zustandekommen des Bußsakramentes und für die Gültigkeit der Absolution.
Zwei vielsagende Beispiele für das Erwachen des Verständnisses für die Beichte  im Protestantismus seien angeführt: Der bekannte und bedeutende protestantische Theologe Dietrich Bonhoeffer (gestorben 1943 mit 37 Jahren im KZ Flossenbürg) schrieb schon 1942 in seinem „Entwurf zu einer Kanzelabkündigung nach dem Umsturz“: „Wir rufen zur persönlichen Beichte! Drückende Schuld langer Jahre hat unsere Herzen verstockt und stumpf gemacht. Christus hat seiner Gemeinde die Gewalt gegeben, Sünde zu vergeben in seinem Namen.
In der persönlichen Beichte dürfen wir in besonderer Weise der Befreiung von der Sünde und der Versöhnung mit Gott gewiss werden. Ihr Pfarrer, sagt doch euren Gemeinden von diesem weithin nicht mehr gekannten Gnadenweg und Angebot Gottes, sucht selbst die brüderliche Beichte und Lossprechung und gebt euren Gemeindegliedern Gelegenheit, die Gnade der persönlichen Beichte und Sündenvergebung zu empfangen!“ (Gesammelte Schriften, Bd. II, S. 438f). – In der Ordnung des kirchlichen Lebens der vereinigten Luth. Kirchen Deutschlands“ von 1955 heißt es u.a.: „Der große Schatz der Kirche ist die frohe Botschaft von der Vergebung der Sünden. Wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit. Diesen Schatz auszuteilen hat Gott nicht nur das Predigtamt eingesetzt und die Sakramente gegeben, sondern auch das Amt der Schlüssel gestiftet. Er hat seiner Gemeinde die Vollmacht verliehen, in der Kraft des Hl. Geistes Sünden zu erlassen oder zu behalten  (Mt 18,15-20). Nur wo in dieser Vollmacht gehandelt wird, kann die Gemeinschaft leben. Denn unvergebene Schuld zerstört die Gemeinschaft Gottes mit uns und die Bruderschaft untereinander, Vergebung dagegen schafft sie neu. Da ein Christ aber die Wege seines Herzens und Lebens allein nicht richtig beurteilen und sich nicht selbst die Sünde vergeben kann, will ihm das Amt der Schlüssel zurechthelfen und ihm in seinen Sünden, Schwachheiten und Anfechtungen aus Gottes Wort den Trost des Hl. Geistes reichen. Solchen Trost empfängt er in der Beichte. Wer aber beichtet, muss wissen, dass es auch zum Amt der Schlüssel gehört, dem Unbußfertigen seine Sünden zu behalten, d. h. die Vergebung seiner Sünden zu versagen und dass die Lossprechung das Gebot einschließt, von den alten Sünden zu lassen.
Zu einer rechten Beichte gehört, dass man die Sünden bekenne und die Vergebung der Absolution vom Beichtiger empfange als von Gott selber und ja nicht daran zweifle, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel... wer sich in den zehn Geboten, in der Bergpredigt oder sonst in dem Spiegel des göttlichen Wortes beschaut und sich in seinen einzelnen Sünden vor Gott als verlorenen Sünder erkennt, der soll alle falsche Scham fahren lassen, sich einem Beichtiger anvertrauen und seine Übertretungen in Demut und Reue erkennen. Auf sein Bekenntnis hin empfängt er den Zuspruch der Vergebung und wird der Liebe Gottes aufs Neue gewiss... Niemand soll die Beichte geringachten. Denn aus ihr kommt der Friede mit Gott und die Freiheit des neuen Lebens.
Das sind wahrlich Sätze, wie sie genauso gut in einer katholischen „Ordnung des kirchlichen Lebens“, ja sogar in den Erklärungen des Tridentinum über das Bußsakrament stehen könnten. Übrigens dachte Martin Luther gar nicht viel anders als das Tridentinum, wenn er in seinem „Großen Katechismus“ von 1529 die Einzelbeichte mit folgenden Worten empfahl: „Aus dieser Ursache (wegen der Gewissensberuhigung) halte ich viel von der heimlichen Beichte, weil daselbst Gottes Wort und Absolution zur Vergebung der Sünden heimlich und einem jeden sonderlich zugesprochen wird und, so oft er will, hat er darin solche Vergebung oder auch Trost, Rat und Bericht, dass sie ein gar teuer nützliches Ding ist für die Seelen,  sofern man sie niemanden durch Gesetz und Gebot aufdrängt.“ Wenngleich Luther die Einzelbeichte mehr aus psychologischen Gründen empfiehlt, so hat sie doch auch bei ihm ein theologisches Gewicht, ja er kann es sich überhaupt nicht vorstellen, dass ein Christenmensch nicht beichtet. Darum schrieb er – wieder im „Großen Katechismus“: „Willst du die Beichte aber verachten und stolz ungebeichtet hingehen, so schließen wir das Urteil, dass du kein Christ bist und auch des Sakramentes nicht teilhaftig werden darfst“. Wenn Luther aber in seinem „Kleinen Katechismus“ die Anweisung gab: „Vor dem Beichtvater sollen wir nur die Sünden bekennen, die wir wissen und im Herzen fühlen“, so war dies ja auch die Auffassung der kath. Kirche, gerade auch auf dem Tridentinum, das im 5. Hauptstück der 14. Sitzung (DS 1680) nur forderte, „dass von den Pönitenten (Beichtkindern) alle die Todsünden in der Beichte bekannt werden müssen, deren man sich nach sorgfältiger Gewissenserforschung bewusst geworden ist... Die lässlichen Sünden... kann man zwar richtig, mit Nutzen und ohne jede anmaßende Überheblichkeit beichten..., man kann sie aber auch ohne Schuld verschweigen und mit vielen anderen Heilmitteln sühnen...“
Nun zu den einzelnen Behauptungen von Prof. Nikolasch in der erwähnten Abhandlung, die dahin zusammengefasst werden können, dass die Entscheidung von Trient, „das Einzelbekenntnis aller Sünden sei durch göttliches Recht vorgeschrieben und von Christus selbst eingesetzt“, nur „Ausdruck einer zeitgebundenen Musstheologie ist“ und nicht so sehr „eine dogmatisch bindende, unabänderliche Aussage, zumal die vom Trienter Konzil „dafür gegebenen Begründungen aus der Schrift oder aus der Geschichte der Kirche in keiner Weise überzeugen“, denn „aus einer Reihe von Überlegungen und Tatsachen, vor allem aber aus einer umfassenderen Kenntnis der Geschichte des Bußsakraments erheben sich (gegen die tridentinische Auffassung von der kraft göttlichen Rechtes bestehenden Notwendigkeit des vollständigen Sündenbekenntnisses) erhebliche Bedenken“. Dazu wird dann „auf die Beweisführung des (Trienter) Konzils und ihre Tragfähigkeit eingegangen“ und diese als schwach oder irrig hingestellt.
Hier aber darf zuerst die Bemerkung gemacht werden, dass es bei einer definitiven Konzils- oder Kathedralentscheidung ja gar nicht so sehr auf die Beweisführung, ihre Richtigkeit und Tragfähigkeit ankommt. Es ist vielmehr  Sache der Theologen, sich um die nötigen beweise und ihre Stichhaltigkeit zu kümmern. Und selbst wenn einem Konzil oder einem Papst in der in seinem Lehrstück notwendigerweise immer nur in wenigen Strichen angedeuteten Beweisführung Fehler unterlaufen wären, so hätte die definitive Konzils- oder Kathedralentscheidung trotzdem ihre volle Richtigkeit und Verbindlichkeit auf Grund der darin zur Auswirkung kommenden Unfehlbarkeit des kirchlichen Lehramtes.
Aber fragen wir nun, ob die Konzilsväter von Trient wirklich, wie Prof. Nikolasch behauptet, „einem schweren geschichtlichen Irrtum unterlagen, wenn sie von der Voraussetzung ausgingen, die Form des Einzelbekenntnisses gehe unmittelbar auf die Apostel und letztlich auf Christus zurück“ und sei darum auf Grund göttlichen Rechtes notwendig. Prof. Nikolasch begründet seinen schwerwiegenden Vorwurf mit der Behauptung, es sei „exegetisch kaum möglich, aus Jo 20/22f die Anordnung Christi für ein vollständiges Einzelbekenntnis aller schweren Sünden zu folgern“. Zugegeben sei, dass dies nicht direkt möglich ist, wohl aber indirekt, wie es bisher herauf durch die Jahrhunderte eine ganz große Zahl von Exegeten und Dogmatikern mit Erfolg gezeigt haben und das Lehramt der Kirche, der die authentische Interpretation der Hl. Schrift zusteht, bejaht hat: Christus verlieh bei Jo 20/22f den Aposteln eine doppelte, zweigliedrige Gewalt: Sünden nachzulassen oder vorzubehalten. Das setzt eine richterliche Entscheidung der Apostel über die Sünder voraus: sie sollen entscheiden, ob dieser Mensch, der da in seiner Sündhaftigkeit zu ihnen kommt, der Lossprechung würdig ist oder nicht. Eine solche richterliche Entscheidung erfordert aber die Möglichkeit, den Tatbestand genau festzustellen und den seelischen Zustand des betreffenden Sünders kennenzulernen, sie erfordert also ein Sündenbekenntnis von Seiten des Sünders, eine Beichte. Da die Apostel – und gleiches gilt dann a fortiori für ihre Nachfolger – nicht das göttliche Vorrecht ihres Meisters besitzen, in den Grund der Seelen schauen zu können, verlangt die gerechte Ausübung ihrer richterlichen Gewalt notwendigerweise, dass die Menschen ihnen Einblick in ihre Seele und ihre Sünden, Einblick in die Gesinnung ihres Herzens gewähren. Nur auf Grund der Beichte kann der zur Vergebung Bevollmächtigte den Seelenzustand nach Schuld, Disposition, Verpflichtung zur Genugtuung, zur Vermeidung der nächsten Gelegenheit zur Sünde usw. beurteilen und so seines Amtes als Richter walten. Übrigens lässt sich schon aus dem AT nachweisen, dass es ein von Gott gegebenes Gesetz zu sein scheint, dass keine Sündenvergebung gewährt wird, wenn die Sünden nicht vorher in laut gewordener Reue eingestanden und verurteilt werden. Nach dem Bericht von Gen 3,9-13 verlangte Gott schon von den Stammeltern nach ihrem Sündenfall das Bekenntnis ihrer Schuld; auch von Kain wurde das verlangt (Gen 4,9-15). Im Lev 5,5f heißt es, dass jeder Schuldige bekennen soll, worin er gefehlt hat. In Nom 5,7 heißt es: wenn jemand durch eine Veruntreuung Gott gegenüber Schuld auf sich geladen hat, soll er seine Sünden bekennen. In 2 Sam 12,13 wird berichtet, wie König David Vergebung seiner schweren Schuld verheißen bekam, nachdem er sie reumütig eingestanden und bekannt hatte (vgl. auch Ps 32, 1-5). Im Buch der Sprüche 28,13 heißt es: „Wer seine Sünden verheimlicht, hat keinen Segen; wer sie bekennt und davon lässt, wird Vergebung erlangen!“ Es ist von diesen Äußerungen im AT her von vornherein anzunehmen, dass wohl auch Christus die Sündenvergebung durch die Kirche an das Eingestehen und bekennen der schuld geknüpft hat. Man könnte da auf das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 13) hinweisen, wo diesem Sünder Verzeihung erst dann zuteil wird, nachdem er sich aufgemacht und seine Schuld eingestanden hat. Den eigentlichen, freilich nur indirekten beweis für die Anordnung des Einzelbekenntnisses aller schweren Sünden durch Christus holen wir mit dem Tridentinum aus Jo 20/22f und aus Mt 16,19 und Mt 18,18 über die Sündenvergebungs- sowie Binde- und Lösegewalt, die der Herr den Aposteln übergeben hat.
Geschieht das wirklich zu Unrecht, wo doch diese Deutung der genannten schriftstellen in der Tradition bestens verankert und vom kirchlichen Lehramt immer festgehalten worden ist? Prof. Nikolasch meint sogar, „dass die frühe Kirche den Text Jo 20/22f nie in Verbindung mit dem Bußsakrament gebracht hat, sondern darin einen Hinweis erblickte auf die Taufe und die damit verbundene Sündenvergebung“. Das ist aber eine völlig unbewiesene und unrichtige Behauptung, die durch das gebrachte Zitat aus Cyprians Epistola 69/11 in keiner Weise bewiesen wird. Zugegeben kann höchstens werden, dass die Kirchenväter die Sündenvergebungsgewalt der Kirche viel öfter aus Mt 16,19 u. Mt 18,18 als aus Jo 20/22 bewiesen haben.
Nun behauptete Prof. Nikolasch weiter, dass die Konzilsväter von Trient den entscheidenden Beweis für die Notwendigkeit des Bekenntnisses aller schweren Sünden aufgrund göttlichen Rechtes „in der Tatsache erblickten, dass die Sündenvergebungsgewalt in richterlicher Form eingesetzt wurde, diese Kennzeichnung des Bußsakramentes als richterlicher Akt, in dem der Priester ein gerechtes Urteil zu fällen hat, sei aber der frühen Kirche völlig fremd gewesen.“ Auch das ist wieder eine unbewiesene und unrichtige Behauptung. Schon Polykarp von Smyrna weiß um den richterlichen Charakter der kirchlichen Sündenvergebung, wenn er in seinem Philipperbrief (6,1f) die Presbyter unterweist, in welchem Geist sie von ihrer Binde- und Lösegewalt Gebrauch machen und „im Gericht nicht zu streng sein sollen, wissend, dass wir alle der Sünde schuldig sind“. Aus anderen Zeugen der frühen Kirche sei nur noch auf die Apostolischen Konstitutionen (II, 11, PG 1/614) verwiesen. Dort heißt es wörtlich: „Potestatem habes judicandi eos, qui peccarunt. Quoniam vobis episcopis dictum est: „Quodcumque ligaveris...“. Judica igitur, episcope, potestate fretus, tamquam Deus!“ Wenn Prof. Nikolasch aus dem Theol. Wörterbuch zum NT die Deutung von „binden und lösen“ im Sinn von „den Bann verhängen und wieder aufheben“ bringt, so muss man sagen; das ist doch ganz exakt ein richterlicher Akt, wenn jemand wegen seiner Sünden von einem kirchlichen Jurisdiktionsträger zuerst aus der kirchlichen Gemeinschaft gebannt und dann – nach geleisteter Buße, die ihm den eingestandenen Sünden entsprechend auferlegt wurde – wieder vom Bann gelöst und in die kirchliche Gemeinschaft wieder aufgenommen wird.
Zugegeben, die Geschichte der kirchlichen Bußdisziplin ist eine sehr komplizierte und verwickelte.  Aber ein so guter Kenner wie Paul Anciaux gibt in seinem Buch „Das Sakrament der Buße. Geschichte, Wesen und Form der kirchlichen Buße“ (Mainz 1961, s. 121) zu: „Die Formen der kirchlichen Bußhandlung, die Modalitäten des Sündenbekenntnisses haben im Laufe der Jahrhunderte eine Entwicklung durchgemacht... In allen Stadien dieser Entwicklung aber hat die kirchliche Buße stets ein Schuldbekenntnis vorausgesetzt.“ Und H. Vorgrimler, ein sicher nicht des Konservativismus verdächtiger moderner Theologe, meint in H. Fries „Wort und Sakrament“ (München 1966 S. 189): „Vom 3. Jahrhundert an lässt sich der Bußritus genau feststellen: Nachdem der Sünder über die Schwere seiner Schuld zur Klarheit gekommen war, legt er vor der amtlichen Kirche ein Bekenntnis seiner Schuld ab. Das Bußverfahren war damit eröffnet; nun musste erfahrbar dokumentiert werden, was der Sünder durch sein Tun aus sich selbst gemacht hatte: die Entfernung aus der Mitte der Kirche. Zur Feststellung seines Umkehrwillens und zur Genugtuung der schuld musste er die Kirchenbuße auf sich nehmen, die regional in der Länge differierte... die Wiederaufnahme (reconciliatio) geschah unter Gebet und Handauflegung durch den Bischof...“
Ich meine schon, dass wir dem heute so viel geschmähten Trienter Konzil gegenüber vorsichtiger sein sollten, wenn wir es wagen, ihm Fehlentscheidungen, schwere geschichtliche Irrtümer u. ä. vorwerfen. Auch in ihrer Entscheidung über die Notwendigkeit des vollständigen Bekenntnisses aller schweren Sünden aufgrund göttlichen Rechts haben die Konzilsväter gründlich nachgedacht und sicher nicht ohne Beistand des hl. Geistes entschieden. Auch die Erfahrung spricht für sie und für die Notwendigkeit der Beichte. Der protestantische Frankfurter Studentenpfarrer Wolfgang Böhme hat mit Recht in seiner „Beichtlehre für evangelische Christen“ (Stuttgart 1956, S. 26) geschrieben: „Wer sich nicht mehr vor einem anderen Menschen anklagen muss, der wird geneigt sein, sich vieles durchgehen zu lassen. Wer seine Sünden nicht mehr konkretisiert, dem wird schließlich das Wissen um die Realität der Sünde überhaupt abhandenkommen.“