Predigten beim Stundgebet im Dom: 24. und 26.
MŠrz 1983
1.
Das Messopfer
Wir feiern das eucharistische
Stundgebet hier im Dom im Rahmen der Eršffnungsfeier des JubilŠumsjahres
unserer Erlšsung, das Papst Johannes Paul II. morgen in Rom, unser Herr Erzbischof aber
morgen hier im Dom feierlich eršffnen wird, in dankbarer Erinnerung daran, dass
genau 1950 Jahre vergangen sind, seit unser Herr Jesus Christus im Jahre 33 in
Jerusalem zu unserer Erlšsung das schmerzvolle SŸhneleiden und –sterben
auf sich genommen hat und dann glorreich auferstanden ist.
Als ich erstmals von diesem Plan
des Papstes hšrte, dass er ein Heiliges Jahr, ein JubilŠumsjahr der Erlšsung
vom 25. MŠrz 1983 bis zum Osterfest 1984 ausschreiben wolle, dachte ich mir
zunŠchst, das sei eigentlich doch ein sehr gewagtes und ŸberflŸssiges
Unternehmen:
a)
ein gewagtes
Unternehmen, weil doch das Todesjahr Jesu mit der Zahl 33 gar nicht sicher
feststeht und manche Historiker den 8. April 30 als Todesdatum Jesu vorziehen,
b)
ein
ŸberflŸssiges Unternehmen, nicht blo§ deshalb, weil wir ja erst vor 8 Jahren,
1975, ein Heiliges Jahr gefeiert haben, sondern auch deshalb, weil wir doch
nicht nur aus Anlass einer runden Jahreszahl an die Erlšsungstat Jesu Christi
denken, sondern Jahr fŸr Jahr in der šsterlichen Zeit.
Dann aber erinnerte ich mich an
jenes erstmalig gefeierte JubilŠumsjahr unserer Erlšsung, 1933, wie es damals
Papst Pius XI. ausgerufen hat.
Damals waren es genau 1900 Jahre
her seit dem Tod Jesu Christi am Kreuz. Und es kamen mir in der RŸckerinnerung
sehr lebhaft die segensreichen FrŸchte jenes JubilŠumsjahres 1933, also vor 50 Jahren
in den Sinn. Ich durfte es damals zusammen mit dem Herrn Erzbischof in Rom
erleben. FŸr ihn brachte damals vor 50 Jahren dieses JubilŠumsjahr der Erlšsung
den Empfang kostbarer Gnaden in der Subdiakonats-, Diakonats- und Priesterweihe
durch Kardinal Marchetti-Selvaggiani, dann die Feier
der Primiz, des ersten hl. Messopfers, bei dem ich ihm in Gegenwart seiner
lieben Mutter und Schwester und des Salzburger Domkapitulars Lungkofler ministrieren durfte. FŸr mich selbst brachte
damals vor 50 Jahren zu Beginn meines Theologiestudiums dieses JubilŠumsjahr in
Rom unvergessliche EindrŸcke von Heiligsprechungen, etwa des gro§en
Jugendheiligen Don Bosco, und vor allem das mir durch dieses damalige JubilŠum
besonders tief eingeprŠgte wissen um den unendlichen Wert des heiligen
Messopfers, bei dem immer wieder gemŠ§ dem Auftrag Christi ãTut das zu meinem
GedŠchtnis!Ò sein Kreuzesopfer mitten unter uns wahrhaft und wirklich
gegenwŠrtiggesetzt wird. – Da bin ich nun bei dem, was ich heute abends
am 1. Tag unseres eucharistischen Stundgebetes hier im Dom und am Vorabend der
Eršffnung des Heiligen Jahres unserer Erlšsung als Predigtthema wŠhlen wollte:
Das eucharistische Opfer und Opfermahl:
Jeden Tag feiert die Kirche den
Erlšsertod Jesu in der Hl. Eucharistie, die nichts anderes ist als die reale
Erinnerung an den Erlšsertod Jesu Christi. Die Kirche wei§ dabei in absoluter
Glaubensgewissheit, dass es bei der Eucharistiefeier nicht nur um eine
Erinnerung blo§ gedŠchtnismŠ§iger Art, sondern um die reale,
sakramental-mystische GegenwŠrtigsetzung des Kreuzesopfers Jesu Christi geht.
Im 1. sogenannten ršmischen
Hochgebet der hl. Messe beten wir zelebrierenden Priester nach erfolgter
Wesensverwandlung von Brot und Wein in den Opferleib und das Opferblut Christi:
ãDarum, gŸtiger Vater, feiern wir, deine Diener und dein heiliges Volk, das
GedŠchtnis deines Sohnes unseres Herrn Jesus Christus. Wir verkŸnden sein
heilbringendes Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche
HimmelfahrtÒ.
Also: das, was vor 1950 Jahren
sich auf Golgotha in Jerusalem ereignet hat, wird gedŠchtnismŠ§ig in Erinnerung
gerufen und feierlich verkŸndet als ãhic et nuncÒ, hier und jetzt wirksam und
wirklich prŠsent geworden.
Gleiches wird im 2. Hochgebet
betont mit den Worten: ãDarum, gŸtiger Vater, feiern wir das GedŠchtnis des
Todes und der Auferstehung deines Sohnes und bringen dir so das Brot des Lebens
und den Kelch des Heiles darÒ, wie im verwandelten Brot der am Kreuz fŸr uns
hingeopferte Leib des Gottmenschen und im verwandelten Wein im Kelch das Blut
Jesu gegenwŠrtig geworden ist, das einst aus den Wunden der HŠnde und der FŸ§e,
aus den zahllosen wunden der Gei§elung und der Dornenkršnung und zuletzt aus der
Seitenwunde geflossen ist fŸr die Vielen zur Vergebung der SŸnden.
Ganz gleich ist dann die Sprache
der Liturgie im 3. und 4. Hochgebet der Eucharistiefeier, und es wird uns klar
gesagt, dass es dabei nicht blo§ um ein gedŠchtnismŠ§iges Feiern des Todes Jesu
und unserer dabei erfolgten Erlšsung um ein Sich-daran-Erinnern geht. Es geht
vielmehr um die wahre, wirkliche GegenwŠrtigsetzung des Erlšsungsopfers Jesu
Christi, so dass die Kirche dann mit vollem Recht bekennen kann: ãSo bringen
wir seinen Leib und sein Blut dar, das Opfer, das dir, Vater, wohlgefŠllt und
der ganzen Welt Heil bringtÒ.
BrŸder und Schwestern im Herrn!
Ich frage mich, ob das nicht der ganz besonders beachtenswerte Sinn des
jŠhrlichen 40 Stunden Gebetes sein sollte, uns wieder viel stŠrker und viel
intensiver der heilbringenden, Gnade vermittelnden Versšhnung und Frieden
stiftenden und entsŸhnenden Kraft des Messopfers bewusst zu werden?
Der Hl. Vater sagte kŸrzlich
einmal wšrtlich: ãDie Hl. Eucharistie vergegenwŠrtigt in ganz besonderer Weise
das gesamte Werk der Erlšsung; (das ganze Jahr
hindurch wird es in der Feier der heiligen Geheimnisse fortgefŸhrt.) Hierbei schenkt sich der Erlšser selbst den
GlŠubigen durch seine reale Gegenwart unter den heiligen Gestalten; er fŸhrt
sie dabei immer nŠher an jene Liebe heran, die mŠchtiger ist als der Tod und
verbindet sie ganz stark mit sich selbst und zugleich alle GlŠubigen
untereinanderÒ.
(Der Papst empfiehlt dann fŸr das Gewinnen des vollkommenen, gro§en
JubilŠumsablasses bezeichnenderweise an erster Stelle die rechte glŠubige,
fromme Mitfeier der hl. Messe. – In seiner Ansprache an das
Kardinalskollegium am 23. Dez. 1982, in der der Papst ausfŸhrlich auf Sinn und
Bedeutung des JubilŠumsjahres der Erlšsung zu sprechen kam und den Begriff
ãErlšsungÒ fŸr unser Leben und fŸr das Leben der Kirche zu deuten versuchte,
sagte er u.a.: ãDas kommende JubilŠum will die Feier der Erlšsung bewusst
machen, die in der ganzen Kirche unaufhšrlich gegenwŠrtiggesetzt und gelebt
wird (in der Eucharistiefeier der hl. Messe)Ò.)
Was wŠren demnach die
Folgerungen, die wir aus diesen Feststellungen aus Texten der Liturgie und aus
Worten des Papstes zu ziehen haben?
Mir kommt vor, die wichtigste
Folgerung und Forderung fŸr die rechte, fruchtbare, wŸrdige und nachwirkende Feier
von Fronleichnam kann und soll auf jeden Fall und in erster Linie die sein,
dass wir alle, Priester, Ordensleute und glŠubige Weltchristen, wieder viel
mehr als dies in letzter Zeit der Fall war, das Messopfer schŠtzen und noch
eifriger und aktiver mitfeiern und zwar nicht blo§ am Sonntag, am Tag des
Herrn, dem wšchentlichen Osterfest, an dem wir zur rechten Mitfeier des
Messopfers unter schwerer SŸnde verpflichtet sind, sondern auch – wenn es
irgendwie mšglich ist – werktags. Ach, wie klein ist doch in Stadt und
Land die Zahl derer geworden, die sich auch werktags zur Mitfeier des in der
Hl. Eucharistie gegenwŠrtig gesetzten Erlšsungsopfers Jesu Christi aufraffen!
Wie war das noch vor 50 Jahren ganz anders! Ich erinnere mich, wie in meiner Kindheit
die gro§e Stadtpfarrkirche meiner Heimat werktags tŠglich von Hunderten
Messbesuchern gefŸllt war! Ich denke an meine Studienzeit im BorromŠum: Da war
es selbstverstŠndlich, dass wir tŠglich die hl. Messe mitfeierten und zwar
nicht blo§ wŠhrend des Schuljahres, sondern auch in den Ferien! ãTempi
passati!Ò Nostalgische Erinnerungen eines Priestergreises, oder soll das nur
ein utopischer Wunsch und ein ãsperare contra spemÒ, ein Hoffen gegen alle Hoffnung sein, wenn ich meine:
es sollte (in diesem Heiligen Jahr der Erlšsung) wieder mehr gelingen, Ÿberall
in Stadt und Land die Zahl derer zu vergrš§ern, die die hl. Messe, also das
gegenwŠrtig gesetzte Erlšsungsopfer an Sonn- und Feiertagen, aber auch an den
Werktagen wŸrdig und aktiv mitfeiern.
Es sollte wieder gelingen, die
GlŠubigen, voran etwa die Laien im kirchlichen Dienst und die Katecheten wieder
dazu zu bringen, tagsŸber dann bei der Berufsarbeit das mitgefeierte Messopfer
fortzusetzen in einer gelebten hl. Messe, das hei§t in spŸrbaren Opfern der
Busse, der Liebe, der immer nštigen Erneuerung und Bekehrung und des
selbstlosen Einsatzes fŸr das Reich Gottes, das in der Kirche Christi seinen
Anfang genommen hat! Dann wŠre dieses Heilige Jahr unserer Erlšsung wahrlich
schon deshalb nicht umsonst ausgerufen und gefeiert worden!
Die Eucharistiefeier der hl.
Messe ist nach dem erklŠrten Willen Jesu Christi und gemŠ§ seinem Auftrag ein
Mahlopfer, bei dem neben dem Mahlcharakter – der Herr sprach: ãNehmet hin
und esset – nehmet hin und trinket!Ò – der Opfercharakter auf
keinen Fall au§eracht gelassen werden darf. Es geht dabei um die
GegenwŠrtigsetzung des Kreuzopfers, wie es Jesus Christus
geheimnisvoll-mystisch beim Letzten Abendmahl vorausgenommen hat, als er Ÿber Brot
und Wein die Worte sprach: ãDas ist mein Leib, der fŸr euch hingegeben wird!
Das ist mein Blut, das Blut des neuen Bundes, das fŸr euch und die vielen
vergossen wird zur Vergebung der SŸnden!Ò Jedes Wort dabei ist beachtenswert
als Hinweis auf den Opfercharakter der hl. Eucharistie:
Der Herr fŸgte diesen Worten noch Auftrag und Vollmacht an die Zwšlf und
ihre Nachfolger hinzu: ãTut dies zu meinem GedŠchtnis!Ò
Wenn dem wirklich so ist, dann
haben wir nicht das Recht, die Eucharistiefeier zu einem blo§en Mahl zu
degradieren, bei dem es nur auf das
Gemeinschaftserlebnis mit gruppendynamischem Charakter ankommt: noch weniger
darf man die Eucharistie všllig entsakralisieren zu einer gemeinschaftlichen
Party nach Art einer Faschingsunterhaltung, wie es da und dort leider auch
schonvorgekommen sein soll.
Erinnern wir uns daran, mit
welcher Ergriffenheit die gro§en KirchenvŠter, ein hl. Augustinus, ein hl.
Johannes Chrysostomus, ein hl. Basilius und andere
eucharistische Heilige Ÿber das Messopfer gesprochen und es gefeiert haben und wie
die Christenheit frŸherer Zeiten das Messopfer hochschŠtzte!
Da wurden in einem Ort
Nordafrikas die Christen, die zur Eucharistiefeier versammelt waren, von
HŠschern des heidnischen kaiserlichen Konsuls Ÿberrascht und verhaftet. Beim Prozess,
den man ihnen machte, wurden sie gefragt, warum sie denn trotz kaiserlichen Verbotes
die Messe gefeiert hŠtten. Sie gaben schlicht und einfach, aber Ÿberzeugt zur
Antwort: ãWir kšnnen ohne dieses Geheimnis nicht leben!Ò
Wenn dies doch wieder allgemeine
†berzeugung der Katholiken, der Christen wŸrde! Wenn doch wir alle wieder mehr
davon Ÿberzeugt wŠren, dass wir hier tŠglich den Tod des Herrn verkŸnden und
seine Auferstehung preisen, bis er wiederkommt in Herrlichkeit! So ist es uns
aufgetragen. Wir wollen danach und daraus leben. Amen