34. Sonntag im Jahreskreis - C

Christkönig

gehalten in St. M. Loreto am 20. November 1977

 

Christkönigsfest ist heute, nicht mehr wie einst am letzten Sonntag im Oktober unmittelbar vor dem Allerheiligenfest als sinnvoller Hinweis darauf, dass die Heiligen die besten, die treuesten Soldaten Christi des Königs waren, herauf durch die Jahrhunderte; jetzt ist das Christkönigsfest am Ende des Kirchenjahres als Hinweis darauf, dass jener, dessen Kommen im Fleische, dessen Geburt und Kindheit, dessen Lehren und Wunderwirken, dessen Leiden und Sterben und Auferstehen wir im Laufe des Kirchenjahres gefeiert haben und der uns trotz seiner Erniedrigung und demütigen Herablassung dennoch immer in seiner königlichen Majestät und Würde vor Augen stand, am Ende der Zeiten in großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird, um Gericht zu halten über Lebende und Tote.

Wie können wir uns da am Ende des Kirchenjahres zusammenfassend noch einmal die Königsmacht und Königswürde Jesu Christi, um den es im ganzen Kirchenjahr gegangen ist, so vor Augen stellen, dass wir uns für diesen König wie einst in unserer Jugend neu begeistern?

Ich möchte es versuchen in zwei Bildern:

 

1. Bild: Es versetzt uns in einen Gerichtssaal. Ein Sensationsprozess wird dort durchgeführt. Viele Leute drängen sich neugierig im Gerichtssaal. Ein jeder wollte unbedingt einen guten Platz ergattern, um bei diesem sensationellen Prozess ja alles gut mitzubekommen.

Der Vorsitzende des Gerichtes begann mit dem Verhör des Angeklagten und nahm zuerst die Personalien auf: Wann und wo geboren? In Bethlehem in einem Stall! Die Mutter? - Maria, aus dem Hause und Geschlechte Davids. Der Vater? Gott Vater! - Zwischenrufe: Unerhört! Das ist ja Gotteslästerung! - Aber der Vorsitzende des Gerichtes - der römische Statthalter Pilatus selber ist es - fordert Ruhe, ansonsten werde er den Gerichtssaal räumen lassen. - Dann folgte der Anklagepunkt: Volksaufwiegelung und Anmaßung von Königswürde! Das genaue Protokoll der weiteren Gerichtsverhandlung ist uns erhalten – im JohEv: Pilatus fragte den Angeklagten: "Bist du der König der Juden?" Darauf der Angeklagte: "Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?" - Pilatus entgegnete: "Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohenpriester haben dich mir überwiesen. Was hast du getan??“ - Der Angeklagte antwortete: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so würden meine Diener kämpfen, dass ich nicht in die Hände der Juden falle. Nun aber ist mein Reich nicht von hier.“ - Da sagte Pilatus zum Angeklagten: "So bist du also doch ein König?" - Darauf erwiderte der Angeklagte: "Ja, ich bin ein König. Dafür bin ich geboren und dafür in die Welt gekommen, dass ich der Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hörte auf meine Stimme!"

Was war die Reaktion auf diese Königsproklamation jenes Angeklagten?

Pilatus hat - nachdem er vorher noch ausdrücklich die Unschuld des Angeklagten festgestellt hatte - auf Grund des Drängens der Hohenpriester und Schriftgelehrten den Angeklagten zum Tod verurteilt und das angeblich todeswürdige Verbrechen auf die Inschrift des Kreuzes schreiben lassen: JESUS VON NAZARETH, KÖNIG DER JUDEN.

Die Soldaten haben das Königtum Jesu verspottet und verhöhnt, sie haben ihm eine Dornenkrone zum Spott aufs Haupt gesetzt, haben ihm einen roten Fetzen als Königsmantel um die Schultern gehängt, haben ihm ein Schilfrohr als Königsszepter in die Hand gedrückt und haben vor ihm, den sie vorher halbtot gepeitscht und gegeißelt hatten, in spöttischer Königshuldigung ihre Knie gebeugt: "Ave, Rex Judaeorum!" So schrieen sie und spukten ihm dann ins blutüberronnene Antlitz.

Die Juden aber schrieen, als Pilatus ihnen ihren dornengekrönten König zeigte "Ans Kreuz mit Ihm! Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche! Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! Ans Kreuz mit Ihm!"

So hängt dieser König dann am Kreuz mitten zwischen zwei Verbrechern, die seinen Hofstaat, seine Thronassistenten bilden. Aber einer der beiden, der rechte Schächer, von der Gnade Gottes erleuchtet, erkennt nicht bloß die Unschuld und Heiligkeit des Gekreuzigten in der Mitte, er erkennt auch dessen königliche Würde und bittet ihn: "Herr, gedenke meiner, wenn Du in Dein Königreich kommst!"

Christkönig starb am Kreuze, aber nicht aus Ohnmacht, sondern in der unbegreiflichen Selbstlosigkeit seiner wahrhaft königlichen Erlöserliebe, um durch seinen freiwilligen Sühnetod den Menschen das Leben zu erwerben und sein Königreich aufzurichten als Reich der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens zwischen den Menschen und Gott und zwischen den Menschen untereinander.

Von jener Stunde an, da er am Kreuze verblutend rief: "Es ist vollbracht!" begann er zu herrschen in den Herzen der Menschen, die in seinem Blute erlöst und in der Taufe in sein Reich eingegliedert worden sind.

Glücklich jene, die als Angehörige des Königreiches Jesu Christi auf Grund der hl. Taufe die Königsrechte Christi des Königs über ihre Herzen anerkennen und nicht bloß in Worten, sondern durch ein opferbereites Leben der Treue gegen Gottes Gebote, und durch Taten der Liebe beweisen, dass es ihnen ernst ist mit dem, was sie im Christkönigs-Ablaßgebet zu versprechen pflegen: „Jesus Christus, ich huldige Dir als dem König der Welt. Alles, was geschaffen ist, wurde für Dich gemacht. Übe alle Deine Macht über mich aus! Ich erneuere mein Taufgelübde und widersage dem Teufel, seiner Pracht und seinen Werken. Ich verspreche, als guter Christ zu leben. Ganz besonders verpflichte ich mich, alle Kräfte aufzubieten, um den Rechten Gottes und seiner Kirche zum Siege zu verhelfen. Göttliches Herz Jesu, Dir opfere ich meine geringen Werke auf, um zu erlangen, dass alle Herzen Dein heiliges Königtum anerkennen und so ein Reich des Friedens auf der ganzen Welt erstehe!“

Das, was hier versprochen wird, auch zu halten und in die Tat umzusetzen, haben die Heiligen großartig verstanden.

 

2. Bild: Um uns klar zu machen, worum es in der richtig verstandenen Christkönigsbegeisterung der Zeit damals, als Papst Pius XI. das Christkönigsfest eingeführt hatte, ging und heute noch gehen sollte, darf ein Priester vor uns stehen, der am 23. November 1927 für Christkönig den Martyrertod gestorben ist.

Wir werden nach Mexiko geführt, wo von 1926 - 1937 der freimaurerische Staatspräsident Calles in grausamster Weise die Kirche verfolgte und in diesen Jahren 5000 Menschen für ihren katholischen Glauben sterben mussten. Damals gab es unter den Katholiken Mexikos ganz tapfere Menschen, die wussten, was sie der Kirche und dem katholischen Glauben schuldig waren. Zu ihnen gehört vor allem ein junger Mann namens Michael Pro. 1891 war er als Sohn eines Ingenieurs und Grubenbesitzers geboren worden. Von Kindheit an war er ein Draufgänger voll Lebensmut und Lebensfreude, den alle lieb gewannen, die ihm begegneten. Man wunderte sich nicht wenig, als Michael Pro mit 20 Jahren in den Jesuitenorden eintrat. Man freute sich aber sehr, als man sehen konnte, dass der junge Mann auch im Ordenskleid derselbe frohe, liebe, offene, hilfsbereite und mutige Mensch blieb, der er bisher gewesen war.

Kaum hatte Michael Pro das Noviziat beendet, da musste er wegen der ausgebrochenen Christenverfolgung sein Heimatland verlassen. Er machte seine theologischen Studien im Ausland, in Nordamerika und Spanien und schloss sie in Belgien ab. Dort wurde er 1925, in jenem Jahr, in welchem Papst Pius XI. das Christkönigsfest eingeführt hatte, zum Priester geweiht. Ein Jahr später schickten ihn seine Vorgesetzten geheim nach Mexiko zurück, damit er dort die verfolgten Katholiken seelsorglich betreue. Aber wie sollte P. Pro das machen, wo jedes seelsorgliche Wirken in Mexiko verboten war, alle Kirchen polizeilich geschlossen waren und bereits viele Priester und gläubige Laien in Heldenmut für Christkönig gemartert, erhängt, erschossen worden waren. Manche Priester wurden damals im Mexiko nur deswegen zum Tod verurteilt, weil sie gewagt hatten, noch die hl. Messe zu feiern oder die hl. Sakramente zu spenden. Da war doch jedes seelsorgliche Wirken ganz unmöglich. - Für solche mit Menschenfurcht und Feigheit freilich, aber nicht für P. Pro, der von Christkönigsbegeisterung nur so glühte. In hundert Verkleidungen verbrachte P. Pro seine Tage; als Geschäftsreisender, als Tischler, als Anstreicher, als Gärtner trat er auf und wechselte immer wieder sein Aussehen und sein Versteck, nur um den verfolgten Katholiken nahe sein zu können. Täglich feierte er in Privathäusern vor einem kleinen Kreis treuer Katholiken die hl. Messe, gab dann Erstkommunionunterricht, spendete die Sakramente, teilte an Hunderte die hl. Kommunion aus, versah die Kranken und begrub im Stillen die Toten. Mit allen Fasern seines Herzens war er Priester, mit unerschrockener Kühnheit übte er - trotzdem er bald der Polizei in ganz Mexiko bekannt war und auf der schwarzen Liste stand - seinen Priesterberuf aus. "Kühn wie Pro", das wurde bald zum Sprichwort in Mexiko. Er spielte zwar nicht leichtsinnig mit der Gefahr, aber er wusste ihr stets in der rechten Art zu begegnen. Während ihn die Polizisten in allen Stadtteilen fieberhaft suchten, hielt er in einem Haus gleich neben der Polizeidirektion Gottesdienst ab. Dort vermutete man ihn am allerwenigsten. Bei plötzlichen Hausdurchsuchungen führte P. Pro selbst in Verkleidung mit brennender Zigarette im Mund die Polizisten durch die Räume und Stockwerke. Zuweilen beteiligte er sich verkleidet an der Verfolgung der eigenen Person, auf der Flucht, wenn er etwa erkannt worden war, benützte er alle möglichen Verkehrsmittel, wanderte zur Tarnung Arm in Arm mit einer jungen Dame, die er kannte und die ihm zufällig begegnet war, durch die Straßen der Hauptstadt. So zog der kühne Priester wohl an die hundert Mal seinen Kopf aus der Schlinge, die seinen Hals bereits berührte.

Eines Nachts erwischte ihn aber die Geheime Staatspolizei doch und verhaftete ihn mit zwei leiblichen Brüdern. Er wurde ohne jedes regelrechte Gerichtsverfahren von einem Militärgericht zum Tod verurteilt. Am 23. November 1927 füsilierte man ihn. Seine letzten Worte lauteten: "Viva Christo Rey! Es lebe Christus, der König!"

Wo sind heute solche für Christus den König sich mutig und tapfer einsetzende und hinopfernde Priester wie P. Michael Pro? - Beten wir um solch echte Christkönigsbegeisterung und um die rechte Treue für Christus den König in Stunden der Versuchung, der Bewährung, der Verspottung, der Verfolgung! Singen wir es nicht nur, sondern beweisen wir es täglich neu, durch die Tat und unsere ganze Haltung: „Christus, mein König, dir allein…!“