25. Sonntag im Jahreskreis - C
gehalten in St. M. Loreto und im Hohen Dom zu Salzburg
am 21.9.1986
Das Gleichnis vom ungerechten Verwalter, das wir heute im SoEv zu hören bekamen, macht manchen große Schwierigkeiten, weil es da eigenartigerweise am Schluss heißt: „ ...Der Herr lobte den unehrlichen Verwalter und sagte: Er hat klug gehandelt."
Es kommt nun alles auf die richtige Auslegung dieses Gleichnisses an, das an sich ganz aus dem konkreten Leben genommen ist, denn dieser ungerechte, unehrliche Verwalter - ein richtiger Gauner und Betrüger - hat ja zu allen Zeiten viele Nachahmer gefunden.
Versuchen wir zuerst, das Gleichnis auf die Tonlage unserer Zeit zu transponieren, weil es dann gleich recht modern und aktuell klingt und sich etwa so anhört: Ein reicher Gutsbesitzer hat große landwirtschaftliche Besitzungen, die so ausgedehnt sind, dass er sich unmöglich um alles selber kümmern kann. Er hat einen Agraringenieur angestellt, der wirklich etwas versteht und sehr tüchtig ist. Nur eine Schwäche hat er: Er ist nicht ganz ehrlich. Der an sich schöne Gehalt von 50.000 S - wohlgemerkt neben der schönen freien Dienstwohnung! - ist diesem Herrn zu wenig. Begreiflich, denn die Alimente, die er für mehrere im Ehebruch gezeugte Kinder zu zahlen hat, und die amourösen Abenteuer, die er sich ungefähr jede Woche in der nahen Großstadt leistet, kommen teuer: Da reicht auch der hohe Gehalt nicht aus. - Kein Wunder, dass sich dieser Verwalter, dem auch die Procura ganz ausschließlich anvertraut ist, bald einmal Ungenauigkeiten in der Buchführung, kleine und dann immer größere Betrügereien zum Schaden des Gutsbesitzers zuschulden kommen lässt in der Meinung: der versteht ja doch nichts von Buchführung und kommt ja doch nicht darauf, und mit der Zeit werde ich alles schon wieder klamm-heimlich in Ordnung bringen.
Aber der große Aufwand des Verwalters fällt schließlich nicht nur den Leuten um ihn herum, vor allem den kleinen Pächtern, sondern auch der Polizei auf. Diese beschattet ihn schließlich und gibt dem Gutsbesitzer einen Wink.
Und nun kam; was kommen musste: Das Sprichwort bewahrheitete sich wieder einmal: Der Krug geht so lang zum Brunnen, bis er bricht. Der Gutsbesitzer sprach nun sofort die fristlose Entlassung seines Verwalters aus. Dieser aber machte dabei nicht den geringsten Versuch, sich zu rechtfertigen und seine Unterschlagungen und Betrügereien abzustreiten oder zu entschuldigen: Er sah ein, dass er schon viel zu tief drinnen saß und hier alles Reden, alles Abstreiten und Lügen nichts mehr half: Er nahm die fristlose Entlassung als das kleinere übel zur Kenntnis und dachte: Es ist besser so, als dass ich von meinem Chef bei Gericht angezeigt und geklagt werde und dabei dann ein paar Jahre Kerker herausschauen.
Nun aber wird uns im Gleichnis Jesu ein bezeichnendes Selbstgespräch des fristlos entlassenen Verwalters geschildert: "Was fang' ich jetzt nur an? Einer soliden manuellen Arbeit bin ich längst entwöhnt. Zu betteln aber schäme ich mich. Das verträgt mein Stolz nicht. Da fällt ihm nun ein Mittel zu seiner Existenzsicherung in der bedrohlichen Zukunft ein, das eine neue, noch größere Schurkerei seinem bisherigen Chef gegenüber bedeutet: er entschließt sich, die kleinen Pächter seines Chefs der Reihe nach - schnell, bevor sie von seiner Situation etwas erfahren - kommen zu lassen: Er will – ohne den Gutsbesitzer zu fragen - die Pachtverträge dieser kleinen Pächter rasch noch abändern und den Pachtzins verringern.
Dabei rechnet er bezeichnenderweise ohne weiteres damit, dass diese kleinen Pächter genau so gewissenlos sind wie er und sich auf die Urkundenfälschung im Pachtvertrag einlassen.
Nun ist das Gleichnis dort, wo es von Anfang an hinzielte, nämlich bei der scheinbar sehr eigenartigen Stellungnahme des Gutsbesitzers zu dem neuen Streich seines korrupten Verwalters. Als nämlich der Gutsbesitzer von der ganzen Sache erfuhr, sagte er: Wenn dieser Kerl auch ein großer Schuft mir gegenüber ist, so hat er es doch - das muss ich zugeben - eigentlich recht klug und schlau angefangen, um aus seiner misslichen Lage wieder herauszukommen. Das wird im Gleichnis mit den Worten gesagt: "Und es lobte der Herr den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte." Der Evangelist aber fügt dem noch die Bemerkung hinzu: "Die Kinder dieser Welt sind halt in ihrer Art klüger als die Kinder des Lichtes!"
Sehen wir nochmals genau zu: Was wird an diesem ungerechten, unehrlichen, betrügerischen Verwalter gelobt? Etwa seine Betrügereien? Nein, wahrlich nicht! Es wird an ihm nur die Klugheit gelobt, mit der er sich in höchster Not und Verlegenheit zu helfen suchte: Jetzt, da man ihm auf seine Tricks, Machenschaften und Betrügereien gekommen ist, durchschaut er sofort den Ernst seiner Situation, überdenkt ganz nüchtern und realistisch seine kritische Lage und denkt an seine Zukunft: Wie soll es jetzt mit mir weitergehen? Was wird jetzt aus mir werden? In seinen Überlegungen sucht er sofort die letzten noch vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen, um sich aus der Schlamastik, in die er geraten ist, herauszuwinden. Er kapituliert nicht vorschnell, noch weniger macht er etwa gar durch Selbstmord Schluss mit seinem verpfuschten Leben, er bringt vielmehr den Mut auf, in der verzweifelt ernsten Situation nicht zu verzweifeln, er macht aus dem, was nicht mehr zu Ändern ist, das Beste und sucht, taktisch klug, zu retten, was noch zu retten ist. Darin kann sogar dieser Gauner uns Christen Vorbild sein.
Darin und nur darin ist er zu loben: in der Klugheit, Umsicht, Ausdauer und Energie, womit er bis zuletzt sein Geschäft betreibt, um bei der Rechenschaftsablegung trotz aller Missstände vielleicht doch noch bestehen zu können.
Fragen wir nun genau danach, was uns Christus mit diesem Gleichnis sagen wollte: Das Gleichnis zeigte, wie klug, wie schlau, ja wie raffiniert rücksichtslos schlechte Menschen handeln können, wenn sie ihre Zukunft gefährdet sehen und sich retten wollen. Da klingt nun sehr deutlich die Mahnung Christi auf:
1. Wir Christen sollten für das Heil unserer unsterblichen Seele uns zu mindest nicht weniger sorgen als die Weltkinder sich um ihr irdisches Fortkommen sorgen und kümmern: die Weltkinder wenden doch alle Klugheit, Schlauheit und List an, um vorwärtszukommen, um Karriere zu machen, um im Geschäft Erfolg zu haben und gegenüber der Konkurrenz bestehen zu können. Da wird oft gar nicht lange gefragt, ob die eingesetzten Mittel erlaubt sind oder nicht, da hält man sich im Gegenteil skrupellos an den berüchtigten Grundsatz: Der Zweck heiligt die Mittel.
Nun, wie sieht es demgegenüber bei uns Christen mit unserer Sorge um das Heil unserer unsterblichen Seele aus? Sorgen wir uns denn wirklich um sie, um unser Leben nach dem Tod, um unsere Ewigkeit? Dünkt uns nicht alles andere tausendmal wichtiger? Und doch müssten wir Christen längst um das klare Jesuswort wissen: "Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gegwinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele!?" Der Fürstensohn Aloisius v. Gonzaga hat sich bei allem, was er unternahm, zuerst immer gefragt: "Quid hoc ad aternitatem? Was nützt mir das für die Ewigkeit!?“ Und eine bedeutende Heilige unseres Jahrhunderts hatte sich den programmatischen Grundsatz zurechtgemacht: "Gott, Seele, Ewigkeit: alles andere bedeutet letztlich nichts!"
2. Eine zweite Mahnung, die uns aus dem Gleichnis des heutigen SoEv aus dem Munde Christi entgegenklingt: Es sind die Worte, die der Gutsbesitzer beim Aussprechen der fristlosen Entlassung des ungerechten Verwalters diesem sehr hart und energisch sagt: "Gib Rechenschaft von deiner Verwaltung!"
Auch zu einem jeden von uns wird das einmal gesagt werden: Wir sind ja alle nur Verwalter der uns von Gott anvertrauten Güter, ganz gleich, ob es sich dabei um die Güter des Leibes, die Gesundheit, die Arbeitskraft, oder um die seelischen Güter der Begabung, der Fähigkeiten und ganz allgemein um die Verstandes- und Willenskraft oder erst recht um die übernatürlichen Güter des Glaubens, des Gnadenlebens, der Gnadenmittel, der Sakramente usw. geht. Was haben wir denn, was wir nicht empfangen hätten, sagt der hl. Paulus mit Recht. Nichts haben wir aus uns, alles ist uns geschenkt und anvertraut. über alles haben wir einmal Rechenschaft abzulegen. Es stimmt schon, was wir im bekannten Lied zu singen pflegen: "Herr, ich bin dein Eigentum. Dein ist ja mein Leben. Mir zum Heil und Dir zum Ruhm hast Du mir's gegeben..."
Sich für die kommende Rechenschaftsablegung in der Stunde des Gerichtes bereit machen und bereit halten und darauf einüben in der täglichen Gewissenserforschung am Abend und in der regelmäßigen, aufrichtigen, gewissenhaften Beichte. Das "Spiel von Jedermann" wird einmal für jedermann von uns kein harmloses Spiel, sondern sehr ernste Wirklichkeit sein. Das Spiel von Jedermann, dieses zeitlose Spiel, entstammt in seiner Grundidee dem Mittelalter, das noch mehr als unsere Zeit an die große Rechenschaftsablegung dachte, die in der Todesstunde auf jeden Menschen wartet. Man verfasste damals nicht bloß Spiele über den Tod und die große Verantwortung, sondern schrieb auch Werke mit dem Titel "De arte bene moriendi" ("über die Kunst des guten Sterbens"). Die Kunst gut zu sterben, will zu Lebzeiten erlernt werden. Sie bedeutet letztlich nichts anderes, sich zum rechten Verantwortungsbewusstsein vor Gott und den Mitmenschen zu erziehen und allzeit bereit zu sein, um im Augenblick des Todes vor dem ewigen Richter in der Rechenschaftsablegung bestehen zu können. Hier sollte sich dann zeigen, dass es umgekehrt stimmt: die Kinder des Lichtes, die wahrhaft gläubigen Menschen sind letztlich doch klüger als die Kinder der Welt, die nur an das Vergängliche denken und nicht an das Ewige. Amen.