20. Sonntag im Jahreskreis - C
gehalten in Rio den Janeiro am 20.8.1986
Vor Jahren wurde bei den Salzburger Festspielen auch ein Stück des griechischen Dichters Aischylos aufgeführt, der 456 v. Chr. auf Sizilien gestorben ist. Dieser griechische Dichter der Antike hat den sogenannten Mythos Prometheus zu einem Schauspiel geformt. Der österreichische Dichter Peter Handke hat dieses griechische Schauspiel in moderne deutsche Sprache übersetzt.
Worum geht es im Mythos von Prometheus?
Prometheus ist eine Sagengestalt der griechischen Mythologie. Er hat den Göttern im Himmel das Feuer, das den Menschen auf der Erde noch völlig unbekannt war, gestohlen und hat es den Menschen zum Geschenk gemacht. Dadurch wurde den Menschen höhere Kultur und Technik ermöglicht.
Zeus aber, der Göttervater im griechischen Götterhimmel, war über diese Freveltat des Prometheus erzürnt. Zeus fürchtete, die Menschen würden nun im Besitz des Feuers zu übermütig, weil sie eben mit dem Feuer alles Mögliche anfangen können. Da schickte Gott der Menschheit zum Feuer dazu Mühe, Sorge, Krankheit, Unglück und Krieg, denn mit Hilfe des Feuers konnten die Menschen nun Waffen schmieden, mit denen sie sich gegenseitig bekriegten und ermordeten.
Prometheus selbst aber wurde von Zeus zur Strafe dafür, dass er das Feuer aus dem Himmel gestohlen hatte, im Kaukasus an einen Felsen gefesselt; ein Adler flog immer wieder zu ihm hin, hackte ihm den Leib auf und fraß täglich an seiner Leber, die immer wieder nachwuchs.
Nun hat man schon in der christlichen Antike den menschgewordenen Sohn Gottes Jesus Christus mit Prometheus verglichen und ihn den wahren, göttlichen Prometheus genannt, weil er wirklich vom Himmel das Feuer herabgebracht hat. "Ich bin gekommen, um FEUER auf die Erde zu senden...“ Er hat das Feuer aber nicht gestohlen, er hat es uns Menschen teuer verdienen müssen durch die Bluttaufe seines Leidens und Sterbens. Darum fügt der Heiland seinem Wort vom Feuer: "Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen, und wie froh wäre ich, wenn es schon brennen wurde:" gleich hinzu: "Ich muss aber zuerst mit einer Taufe getauft werden, und wie sehr bin ich bedrückt, solange sie noch nicht an mir vollzogen ist.“
Was unter dieser Taufe gemeint ist, mit der Jesus getauft werden musste, ist leicht zu verstehen, wenn wir an jene Frage denken, die der Herr an die beiden ehrgeizigen Apostelbrüder Jakobus und Johannes gerichtet hat, als sie von ihm die Ehrenplätze zu seiner Rechten und zu seiner Linken erbaten: "Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde, und mit der Taufe getauft werden, mit der ich mich werde taufen lassen?" Da wies Christus vorausschauend auf seinen Leidenskelch, den er bis zur Neige austrinken musste und auf die Bluttaufe seiner Passion hin. So meint Christus unter der Taufe, mit der er zuerst getauft werden müsse, bevor er das Feuer auf die Erde bringen kann, sicher auch hier sein bitteres Leiden und Sterben.
Mit dieser Taufe musste er zuerst getauft werden, bevor er - nicht diebisch-räuberisch wie Prometheus, sondern um einen teuren Preis erkauft und verdient, uns Menschen das Feuer vom Himmel senden konnte.
Jetzt ist es, wie ich meine, gar nicht mehr so schwer zu erkennen, was der Heiland unter dem Feuer, das er auf die Erde senden will und das auf der Erde hell auflodern soll, verstand. Er meinte darunter sicher das Feuer des Hl. Geistes.
Tatsächlich, kaum hatte er die Blut- und Feuertaufe des furchtbaren Sühne- und Erlösungsleiden von Gethsemani bis Golgotha über sich ergehen lassen und kaum waren die seligen 50 Tage nach seiner glorreichen Auferstehung und Himmelfahrt vorüber, da kam, vom verherrlichten und erhöhten Herrn gesandt, der Hl. Geist am Pfingstfest im Sturmesbrausen und in Feuerzungen auf die im Abendmahlssaal um Maria gescharten Apostel, also auf die junge Kirche herab: "Es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten und auf jeden einzelnen von ihnen niederließen", heißt es in der Apg 2,3.über das Pfingstereignis. Das Feuer des Hl. Geistes, das Feuer der Liebe und der Gnade, das Feuer der Begeisterung für Christus begann nun hell aufzulodern. Das war der Augenblick, den Jesus herbeigesehnt hatte, als er sprach: "Feuer auf die Erde zu werfen bin ich gekommen und wie wünsche ich, dass es bereits auflodere!" Dieses Feuer des Hl. Geistes ist seit jenem ersten Pfingstfest nie mehr in der Kirche erloschen. Es gab wohl Zeiten, wo es schwächer und schwächer brannte, bisweilen fast nur noch wie eine Glut unter der Asche, weil die Glieder der Kirche, jedenfalls viele von denen, die glühen müssten, lau und gleichgültig geworden waren. Wir leben wohl jetzt in einer solchen Periode der Kirchengeschichte, wo nichts von dem von Papst Johannes XXIII. durch das Konzil erwarteten neuen Pfingsten zu spüren ist, sondern weithin Lauheit, Gleichgültigkeit, Glaubensabfall und Abfall vom Priester- und Ordensberuf herrscht und von vielen in unserer Zeit das gilt, was in der Geheimen Offenbarung an die lau gewordene Christengemeinde von Laodizea geschrieben steht: "Ich kenne deine Werke: dass du weder kalt noch warm bist! Wärest du doch kalt oder warm! Weil du aber lau bist, weder kalt noch warm, so will ich dich ausspeien aus meinem Munde!“ Das Feuer des Hl. Geistes, das Feuer der Begeisterung im besten Sinn des Wortes ist in vielen erloschen oder am Erlöschen. Aber es gibt Gott sei Dank auch in unserer Zeit feurige Menschen, geisterfüllte, von Gottes- und Nächstenliebe glühende Glaubenshelden, wie es etwa in der Frühzeit der Kirche ein Ignatius v. Antiochien war oder ein heiliger Diakon Laurentius, der - wie der hl. Augustinus von ihm in einer Predigt sagt - "vom Geistesfeuer entzündet den Brand der Flammen nicht spürte und, von der Sehnsucht nach Christus brennend, nichts von der Pein seiner Verfolger (auf dem feurigen Rost) spürte". Ich denke vor allem auch an den hl. Ignatius von Loyola, der mit seiner Kernschar, der jungen „Gesellschaft Jesu“, damals in der furchtbaren Zeit der Glaubens- und Kirchenspaltung der Reformation das Feuer der Begeisterung für Christus und seine wahre Kirche in vielen Herzen neu entzündete. Immer wieder hat es solch glühende Menschen gegeben, bis herauf in unsere Zeit: Ein P. Maximilian Kolbe, ein P. Pio, ein P. Werenfried van Straaten sind solche glühende Menschen in unserer Zeit gewesen oder sind es heute noch.
Beten wir, Brüder und Schwestern, beten wir, dass das Feuer des Hl. Geistes, das Feuer der Begeisterung für Christus und die Kirche in unserer Zeit nicht erlischt, sondern neu auflodert! Lassen wir selber uns immer wieder neu entzünden und entflammen vom Feuer der Gottes‑ und Nächstenliebe. Im Evangelium des heutigen So. fragt Christus zuletzt: "Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, ich sage euch, sondern Spaltung! Denn von nun an wird es so sein: Wenn 5 Menschen im gleichen Haus leben, wird Zwietracht herrschen. Drei werden gegen 2 stehen und 2 gegen drei, der Vater gegen den Sohn und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter.“
Statt Frieden kündigt hier Christus Entzweiung an. Was soll denn das wieder bedeuten, wo wir doch in jeder hl .Messe vor dem Opfermahl der hl. Kommunion beten: "Herr Jesus Christus, du hast gesagt: den Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. ..!"
Der Heiland will uns mit den Worten im heutigen SoEv nicht den wahren Frieden rauben. Er will nur sagen, dass es dort, wo es um Ihn, um die Kirche, um die volle Offenbarungswahrheit und um das Reich Gottes geht, keine faulen Kompromisse mit der Welt, mit dem Zeitgeist geben darf und keinen Frieden der Unentschiedenheit, sondern dass man sich für Ihn klar entscheiden muss, auch wenn es dann bis hinein in die Familien zur Scheidung kommt. Wer sich klar für Christus und für die religiös—sittlichen Forderungen und Grundsätze Christi entschieden hat, dem kann es passieren, dass er von den eigenen Familienangehörigen, von den eigenen Söhnen und Töchtern für einen Fanatiker gehalten wird, den man links liegen lässt... Ist es dem Heiland nicht selber auch schon so ergangen? Ist von ihm, da er als kleines Kind im Tempel dargestellt wurde, nicht schon prophezeit worden, dass er "zu Fall und Auferstehung vieler in Israel bestimmt sein werde und zum Zeichen, das auf Widerspruch stoßen wird"? Hat der Heiland später dann nicht selbst erklärt: "Wer nicht für mich ist, ist gegen mich und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut"? Der klaren Entscheidung für Christus darf man sich nicht deshalb entziehen, weil man etwa Verkennung, Verspottung oder gar Verfolgung zu erwarten hätte. Hier muss unsere Haltung immer die sein: Nur keinen faulen Frieden mit der Welt und mit dem Zeitgeist!
Nur keine faule Anpassung an den Modetrend der Aufweichung aller Grundsätze! Christus sagt auch uns wie den Jüngern damals: "Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden (falschen, faulen Kompromissfrieden) auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung, Scheidung, Entscheidung für Ihn, zu dem wir seit der hl. Taufe gehören und dem wir immer wieder —nicht bloß mit Worten, sondern durch die Tat— die Treue schwören wollen: "Christus, mein König, dir allein, schwör' ich die Liebe..."