19. Sonntag im Jahreskreis C

gehalten in St. M. Loreto am 10.8.1980

 

Ein kurzes SoEv mit einem kurzen Gleichnis Jesu wird uns heute zur Betrachtung vorgelegt und als geistige Kost in die vor uns liegende Woche mitgegeben. Es ist das Gleichnis von den "Männern im Dienst".

Darin will Christus allen, ob Männer oder Frauen, zeigen, wie Er sich einen Christen, einen echten Christen vorstellt und erwartet.

1. "Behaltet den Gürtel an und lasst eure Lampen brennen!" In der früheren, vielen von Euch vielleicht noch geläufigeren deutschen Übersetzung hat es geheißen: "Eure Lenden seien umgürtet und brennende Lampen in euren Händen!"

Es kommt auf dasselbe hinaus, wenn wir dabei etwa an das Beispiel des Soldaten oder des Polizisten denken, der "im Dienst" ist: Er hat seinen Gurt umgeschnallt, er weiß, dass er im Dienst ist, dienstverpflichtet ist. So müsste sich der echte, rechte Christ nach der Weisung des Herrn fühlen: Der echte Christ ist kein Nichtstuer und Träumer, sondern ein Mensch, der sich vom Herrn dienstverpflichtet, in den Dienst gestellt und gerufen weiß. Der echte Christ weiß es und handelt danach in seiner ganzen Haltung und Gesinnung: Ich stehe unter dem Gesetz Christi, ich bin nicht einfach frei und ungebunden, ich habe mein Leben als Auftrag anzusehen, den ich von meinem Herrn, dem höchsten Herrn gestellt bekommen habe.

Zu dieser Dienstverpflichtung gehört beim Christen nicht bloß der Gottesdienst, sondern auch der Beruf mit seinen Verpflichtungen: Wir Christen haben alles so zu tun, dass dadurch dem Auftrag des Herrn entsprochen wird, und dass dadurch dem höchsten Herrn Ehre und nicht Schande gemacht wird. Das Christenleben als Dienstverpflichtung durch den höchsten Herrn fordert Zucht und Selbstbeherrschung bis zur Selbstverleugnung. So wie der Soldat, der Polizist, der im Dienst ist, weiß: jetzt gibt es kein Nachgeben den eigenen Wünschen und Leidenschaften gegenüber, ich habe jetzt — und wäre es mitten in der Nacht — für den Dienst wachsam und gewissenhaft bereitzustehen, ohne an mich und meine persönlichen Wünsche und Vorteile zu denken. Das alles ist doch im Gurt, im Gürtel, mit dem man umgürtet ist, mit angedeutet. Das wurde vor allem uns Priestern früher sehr sinnvoll beigebracht, wenn wir uns zur Feier der hl. Messe ankleideten und — nachdem wir die weiße Albe angezogen hatten — uns mit dem sogenannten Zingulum umgürteten. Da hatten wir — wie bei jedem anderen liturgischen Kleidungsstück, das wir anlegten — ein Gebet zu sprechen, und zwar folgendes: "Umgürte mich, Herr, mit dem Gürtel der Reinheit und lösche aus in meinen Lenden alle Begierlichkeit, damit in mir bleibe die Kraft der Enthaltsamkeit und Keuschheit!"

2. Zum Bild des echten Christen im Gleichnis des Heilands gehört nicht bloß das Umgürtetsein in Zucht und Dienstbereitschaft, sondern auch das Ausgerüstetsein mit einer brennenden Lampe.

Wenn der Soldat, der Polizist etwa in der Nacht Dienst zu tun hat, muss er mit einer ordentlichen Taschenlampe ausgerüstet sein, mit der er in jeden dunklen Winkel hineinleuchten kann, um festzustellen, ob da etwa ein Feind steckt, der einen Überfall plant, ein Terrorist, der einen heimtückischen Mord im Sinn hat, ein Dieb, der einen Bank- oder Geschäftseinbruch durchzuführen im Begriffe ist.

So will der Herr mit dem Hinweis auf die brennenden Lampen, die wir in Händen halten sollen, auf die notwendige Ausrüstung des echten Christen hinweisen. Wir haben nicht bloß immer mit der nötigen Wachsamkeit unseren Dienst zu tun, wir sollen alles im hellen Licht des Wortes Gottes und der Gnade Christi tun. Unwillkürlich denkt man da an jenes Heilandswort im Joh 3,19f: "Darin besteht das Gericht, dass das Licht zwar in die Welt gekommen ist, aber die Menschen die Finsternis mehr liebten als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht und von seinen Werken wird offenbar, dass sie in Gott getan sind!"

Brennende Lampen in unseren Händen, wenn es rings um uns dunkel und finster ist, das ist die Haltung des echten Christen. Hier muss wirklich, wenn man an all die Verwirrung auf religiös-sittlichem Gebiet und an die dunklen Korruptionsfälle in unserem Land in unserer Zeit (AKH, Lucona, Noricum usw.) denkt, für uns Christen das bekannte Wort gelten: "Dunkel ist es in der Welt! Leuchten müssen wir, Du in Deiner Ecke, ich in meiner hier!" Brennende Lampen in den Händen halten, Kinder des Lichtes sein, in unseren Herzen muss wie eine hell leuchtende Fackel die Liebe zu Christus, die Treue zu den Geboten Gottes, die Dienstbereitschaft in der Erfüllung des Willens Gottes brennen! Von echten Christen müsste im Dunkel unserer Zeit das große Leuchten ausgehen, auf dass alle, die es sehen, "den Vater preisen, der im Himmel ist".

3. Jetzt kommt aber im Gleichnis Jesu das Entscheidende, woran man den echten Christen erkennen soll: Das Erste war: Umgürtet ist der Christ zum Zeichen, dass er im Dienst ist beim höchsten Herrn; das Zweite war: Er hat eine brennende Lampe in der Hand, um hineinzuleuchten in das Dunkel der Zeit. Das Dritte und Entscheidende aber ist nun dies: Er wartet auf seinen Herrn, der ja gesagt hat, er werde zurückkommen und dann für allen Dienst und alle Wachsamkeit belohnen.

Dieses Warten auf den Herrn, bis Er kommt, ist das eigentlich entscheidende Kennzeichen des echten, wahren Christen. In dem bekannten Theaterstück "Warten auf Godot", das der englische Dichter Samuel Beckett  geschrieben hat, ist von einem unerträglichen und sinnlosen Warten die Rede. Der dort Erwartete kommt nämlich nicht. Es wird nicht genau gesagt, wer dieser Godot, auf den da gewartet wird, ist. Ist es Gott? Ist es das Glück? Ist es die Erfüllung menschlicher Sehnsucht? Ist es der Sinn des Lebens? In diesem Theaterstück wird jedenfalls das Bild eines Menschen gezeichnet, der völlig vergeblich wartet: der Mensch wartet, weiß aber nicht, worauf er wartet.

Wir Christen wissen, auf wen wir warten: Auf Christus, auf den Herrn, der es mit dem Tod aufgenommen hat und den Tod besiegt hat und dadurch dem kurzen Erdenleben höchsten, tiefsten Sinn gegeben, wiedergegeben hat, weil mit dem Tod nicht alles in Sinnlosigkeit und im Nichts endet, sondern auf Grund des Todes und der Auferstehung Jesu und seiner Zusicherung, dass nach dem Tod das eigentliche Leben in Seligkeit erst beginnt. Es kommt nur darauf an, dass der Mensch sich an die Forderungen des Herrn, vor allem an seine Forderungen im Doppelgebot der Liebe hält und Ihn, den Herrn, wachend erwartet. Denn Er kommt einmal sicher...Vielleicht schon bald. Vielleicht ganz plötzlich. Wie ein Dieb in der Nacht.

Da heißt es nun im Gleichnis des heutigen SoEv: "Selig die Knechte, die der Herr, wenn Er kommt, wachend findet. Amen, Ich sage euch: Er, der Herr, wird sich gürten, sie zu Tisch führen und jeden einzelnen von ihnen bedienen Das wird einmal der große Lohn sein für alle Dienstbereitschaft Gott gegenüber: Gott wird dann solche Menschen, solche Christen, die dienstbereit und wachsam, mit brennenden Lampen in den Händen auf Ihn gewartet haben, teilnehmen lassen am ewigen Hochzeitsmahl der beseligenden Anschauung Gottes im Himmel, wo Gott selbst uns dann bedient, d.h. wo Gott dann alles überreich vergilt, was man aus Liebe zu Ihm, in Treue gegen sein Gebot getan und geopfert hat.

Es ist eigenartig, wie sich in diesem Bild plötzlich die Rollen vertauschen und die Diener, die in Dienstbereitschaft umgürtet auf den Herrn, wenn Er zurückkommt, gewartet haben, nun bedient werden. Aus den Dienern werden Bediente, von Gott selbst Bediente. Nein, niemals hätten wir es wagen dürfen, Gott, bzw. Christus den Herrn so zu zeichnen, wie er sich selber da zeichnet: "Er ist es nun, der sich gürtet, der sein Kleid aufschürzt und uns zu Tisch sitzen lässt und herumgeht und uns bedient und uns aufwartet.

So macht es wohl nur ein Hausherr, wenn ganz spät in der Nacht noch ganz besonders liebe Gäste unerwartet dahergekommen sind. Es nützt alles nichts, er nötigt sie zu Tisch, er bindet sich die Schürze um, und dann geht er von einem zum anderen, um sie eigenhändig zu bedienen und zu bewirten. Keinem anderen würde er es überlassen, diesen Gästen so seine Wertschätzung und seine Liebe zu zeigen.

Mein Gott, wie muss das wohl einmal sein, wenn die Getreuen Christi, die wirklich dienstbereit und wachsam waren, dann im Reiche Gottes an seinem Tische sitzen und essen und trinken dürfen. Da wird es dann wohl, menschlich gedacht, ein recht eindringliches Nötigen von Seiten Gottes brauchen, bis sie sich trauen, an solcher Tafel Platz zu nehmen. Und wie der Herr dann herumgeht von einem zum anderen und ihnen aufwartet! Der Herr braucht hier gar nichts zu sagen von den Reichtümern seiner Tafel im Himmel, das Bild spricht schon genug von überreicher Seligkeit. Ja, dann wird das Wirklichkeit, was in der GehOffb 7,16-17 geschrieben steht: "Sie werden nicht mehr Hunger und Durst leiden, weder Sonnenbrand noch irgendeine Hitze wird sie drücken, denn das Lamm mitten auf dem Thron wird sie weiden und an die Quellen lebendigen Wassers führen und Gott wird abwischen jede Träne von ihren Augen..."

Wird nicht der wesentlichste Teil dieses Bildes jetzt schon immer wieder ergreifende Wirklichkeit, wenn wir als Gäste Gottes geladen sind zu seinem heiligen Mahl: "Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind!" So spricht der Priester vor der hl. Kommunion zu den Gläubigen. Ist es dann nicht der Herr selber, der uns da an seinem heiligen Tisch Platz nehmen heißt mit den Worten: "Nehmet und esset! Nehmet und trinket!" Und ist es nicht der Herr selber, der uns alle Köstlichkeiten seines Herzens aufwartet im Wort und im Sakrament bei der Eucharistiefeier der hl. Messe?

Nehmen wir die Schlussmahnung im heutigen SoEv, mit der das Gleichnis Jesu ausklingt, ganz ernst: "Haltet euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr es nicht vermutet!" Uns bereit halten in Dienstbereitschaft, in lichtvoller Wachsamkeit und in gläubigem Warten auf den Herrn, denn für uns Christen ist das kurze Erdenleben erstens nicht sinnlos, weil etwa mit dem Tod alles aus ist, für uns ist das kurze Erdenleben, wenn es wirklich christlich gelebt wird, kein sinnloses Warten auf Godot, auf ein utopisches Traumgebilde oder gar auf das Nichts, für uns Christen ist das Christenleben das sinnvolle, über die Massen sinnerfüllte Warten auf den Herrn, der alles, was wir in seinem Dienst und aus Liebe zu Ihm getan haben, überreich einmal belohnt und vergilt. Aber es gilt, bereit zu sein, denn der Herr kommt zu einer Stunde, da wir es nicht vermuten. Amen.