13.
Sonntag im Jahreskreis - C
gehalten
im Hohen Dom zu Salzburg am 26. Juni 1977
Von der Nachfolge Christi ist im
heutigen SoEv die Rede. Da denken viele unter den Laien, den Weltchristen oft
gleich an die zum Priester- oder Ordensstand Berufenen und hören sofort weg in
der Meinung, was da nun gefordert und verlangt wird, gehe sie ja doch nicht
an. Aber so ist es nicht, denn es gibt eine weitere und
eine engere Nachfolge Christi. Und zur Nachfolge Christi im weiteren
Sinn ist jeder getaufte Christ berufen. Darum gelten die Forderungen, die
Christus jenen stellt, die Ihm nachfolgen wollen, auch von den Weltchristen; von denen
freilich, die der Herr zur engeren Nachfolge berufen hat und beruft, gelten sie
sicher in ganz besonderer Weise.
Was fordert nun
Christus von jenen, die Ihm nachfolgen? Sagen wir es gleich ganz offen: Seine
Forderungen sind eigentlich hart und gar nicht weltkonform, gar nicht den
menschlichen Wünschen, Erwartungen und Vorstellungen entsprechend. Und wir sind
darum allzu schnell versucht, diese Forderungen Christi für seine
Nachfolge abzuschwächen, zu entschärfen, als übertrieben und utopisch
hinzustellen oder höchstens für jene gelten zu lassen, die eben im Priester-
und Ordensberuf für die engste Nachfolge Christi ausersehen sind. Und doch
gelten die Forderungen Christi grundsätzlich, wenn auch graduell verschieden
für alle, ob Priester oder Ordensleute oder Laien!
Sehen wir uns die Forderungen, die Christus
für seine Nachfolge aufgestellt hat, nun etwas näher an:
- Da kommt zuerst einer mit Schwung
und Begeisterung und Aufgeschlossenheit für Christus und für die Nachfolge
Christi daher und sagt zu ihm großmütig und großzügig: "Ich will Dir
folgen, wohin Du auch gehst!" Und die Antwort Jesu auf dieses
Angebot, Ihm zu folgen, wohin immer er auch gehen mag? Es klingt fast so,
als wollte Christus sagen: Bedenke, was du dir da zumutest! Denn "die
Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel des Himmels haben ihre Nester, der
Menschensohn aber hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen könnte". Was
also fordert hier der unstete Wanderer und heimatlose Christus von jenen,
die Ihm nachfolgen wollen? Einen gewissen Verzicht auf
Geborgenheit und Bequemlichkeit! Mit anderen Worten: Echtes,
gelebtes Christentum - ob es sich dabei um die Nachfolge Christi im
weiteren Sinn des Weltchristen handelt oder um die Nachfolge Christi im
engeren Sinn der Priester und Ordensleute - immer gehört zumindest das
Opfer dazu und der Verzicht auf so manches. Ein ohne Opfer
funktionierendes Christentum gibt es nicht. Ein Christentum ohne Kreuz ist
kein Christentum mehr. Und wer Christus nachfolgen will, muss mit Ihm
gehen, auch dann, wenn er sich auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg zum
Leiden und Sterben auf Golgota befindet. Jeder, der mit der Nachfolge
Christi so oder so ernst machen will, muss auch zum Kreuzweg und zum
Kreuztragen bereit sein! Darum das Wort Christi an anderer Stelle:
"Wer nicht täglich sein Kreuz auf sich nimmt und mir
nachfolgt, ist meiner nicht wert und kann nicht mein Jünger sein!"
- Nun folgt im heutigen SoEv die
Christusbegegnung eines anderen Menschen, der nicht spontan von sich aus seine Bereitschaft erklärt: "Ich
will dir folgen, wohin immer du auch gehst", sondern zu dem
Christus eindringlich und ernst und fordernd sagt: "Folge mir
nach!" - Wie aber reagiert dieser Mensch auf den Ruf Christi?
"Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben!" Und
Christus darauf: "Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und
verkünde das Reich Gottes!" Um was geht es hier? Der Herr ruft einen
Menschen zur Nachfolge auf, dieser Mensch ist dazu auch bereit, er will
aber zuerst noch eine Pflicht der Pietät erfüllen: "Herr, erlaube
mir, dass ich zuerst noch heimgehe und meinen Vater begrabe!" Es ist
nicht klar, ob der Vater soeben erst gestorben ist und nun erst begraben
werden muss, oder ob dieser Mensch auf die Aufforderung Christi zur
Nachfolge nur sagen will: Ich werde mich dir dann, wenn einmal mein Vater
gestorben und begraben ist anschließen und mit der Nachfolge ernst machen,
aber jetzt geht es noch nicht. Aus der ablehnenden Erwiderung Christi
scheint jedenfalls zu folgen, dass bei diesem Menschen und seiner
angeblichen Nachfolgebereitschaft etwas nicht in Ordnung war: Nachfolge
Christi, ja, aber erst später, jetzt noch nicht! Ernst machen mit dem
gelebten Christentum und mit der Treue gegen Gottes Gebote, wie man es
sich etwa in einer ehrlichen Osterbeichte vorgenommen hat, aber jetzt noch
nicht! Jetzt kann ich aus Rücksichtnahme auf den und jene, die
eingegangenen Bindungen - und wären es auch sehr
sündhafte, wie eine unsittliche Bekanntschaft u.ä. - noch nicht aufgeben!
Meine Bekehrung wird schon einmal kommen, aber jetzt noch nicht, jetzt bin
ich noch zu sehr im Saft, jetzt will ich noch etwas vom Leben haben und es
genießen! - Christus aber wird hart fordernd: "Lass die Toten
die Toten begraben. Du aber geh und verkünde das Reich Gottes!"
Sonst könnte es auf einmal zu spät sein! Sonst könntest Du selber zu den
Toten gehören, mit denen nichts mehr anzufangen ist für das Reich Gottes!
- Jetzt kommt
zuletzt noch ein anderer Mensch zu Christus mit erfreulich frischer,
froher Bereitschaft zur Nachfolge Christi: "Ich will dir nachfolgen,
Herr! Aber lass mich wenigstens zuvor von meiner Familie Abschied
nehmen!" Auf diese bescheidene Bitte wird denn Christus doch wohl eingehen
und darauf Rücksicht nehmen?! Aber nein, es kommt wieder genau so hart aus
seinem Mund wie vorher: "Keiner, der die Hand an den Pflug legt und
wieder zurückschaut, taugt für das Reich Gottes!" Es klingt, als
wollte Christus diesem zur Nachfolge bereiten Menschen sagen: Dein Wille
zur Nachfolge ist ja doch nicht ganz echt und ganz ernst. Darum
ist die Bitte, erst noch von der Familie Abschied nehmen zu dürfen, eher
eine Ausrede, als ob du dir's daheim erst noch einmal überlegen wolltest.
Du hast zwar gesagt: "Ich will dir nachfolgen..." aber hinter
diesem Wollen steckt kein fester Entschluss! "Ich will dir
nachfolgen!" Das muss eine Sache des Verstandes, des Willens und des
Herzens sein. Und wenn das Herz ganz dabei ist, wird auch die Trennung von
lieben Personen und Dingen spielend leicht gemeistert. Die Nachfolge
Christi aber wird auf die Dauer unsicher, flau und schwankend, wenn das
Herz nicht wirklich dabei ist. "Wer die Hand an den Pflug legt und
zurückschaut, ist nicht tauglich für das Reich Gottes!" Dieser
Gleichnisspruch Jesu erweckt die Vorstellung von einem Pflüger, der gerade
Furchen ziehen will, sich aber ablenken lässt und herumschaut. So ist auch
ein Jünger Christi nicht brauchbar für den wichtiger Dienst, der ihm
aufgetragen worden ist, wenn er alles Mögliche für genau so wichtig hält. Der
Herr tadelt das falsche, ungute Zurückschauen auf aus, worauf man etwa um
der Nachfolge Christ willen verzichtet hat, so als ob man das bereuen
würde! Der Herr tadelt überhaupt jene Menschen, die mehr zurück als
vorwärtsschauen! Wenn die Vergangenheit richtig bewältigt worden
ist, darf es nur noch einen Blick geben, den Blick nach vorwärts! Auf
Christus hin! Amen.