13. Sonntag im Jahreskreis - C
gehalten in St. M. Loreto am 28. Juni 1998
Im heutigen SoEv sollte uns zu allererst das Wort Jesu über seine Heimatlosigkeit tief berühren: „Die Füchse haben ihre Höhlen, die Vögel des Himmels ihre Nester, der Menschensohn aber hat nichts, wo er sein Haupt hinlegen kann".
Und um das gleichsam zu bestätigen, ist am Anfang des heutigen SoEv erzählt worden, wie die Apostel in einem Dorf in Samaria eine Unterkunft für ihren Meister besorgen wollten, aber man nahm ihn nicht auf.
Dabei ist das eigentlich nur das Echo auf die ganz allgemeine Feststellung im Prolog zum JohEv, wo vom menschgewordene Sohn Gottes gesagt wird: "Er kam in sein Eigentum, aber die Seinigen nahmen ihn nicht auf".
Ich meine, es ist recht gut, sich manchmal auf den heimatlosen Herrn zu besinnen, weil wir Menschen so leicht vergessen, dass wir alle auf dieser Erde nur Fremdlinge und Pilger sind und das ganze Menschenleben ein Wandern zwischen zwei Welten ist. Wir vergessen das so leicht. Wir dürfen aber nirgendwo so sesshaft werden, dass uns dabei das Wissen um die wahre Heimat, zu der wir unterwegs sind, verlorenginge.
Gerade darum ist es eben gut, einen Blick auf Christus zu werfen und zuzusehen, wie er heimatlos geworden ist, um uns den Weg zur wahren Heimat zu weisen.
Der heimatlose Herr Jesus Christus: Denken wir daran, wie er auf der Wanderschaft von Maria und Josef heimatlos und herberglos in einem Stall am Rand von Bethlehem das Licht der Welt erblickte.
Denken wir auch daran, wie er gar bald mit seinen Eltern das harte Flüchtlingslos teilen musste in der Flucht nach Ägypten. Und auch in Ägypten, in der Fremde, durfte es für Jesus kein Sesshaftwerden geben. Denn nach einiger Zeit kam aus Engelsmund der Befehl an den Pflegevater Joseph: "Nimm das Kind und seine Mutter und ziehe zurück in das Land Israel!"
Auf Wanderung sehen wir dann mit seinen Eltern den 12jährigen Jesusknaben. Und erst recht ist der reife Mann Jesus auf Wanderschaft: Sein öffentliches Lehren und Wirken war eigentlich eine einzige Wanderung. Die Kilometer lassen sich gar nicht errechnen, die Jesus auf seiner Wanderung Land auf Land ab von Dorf zu Dorf zurückgelegt haben muss. Zuerst kommt er an den Jordan, wo sein Vorläufer Johannes taufte und auch Ihm die Taufe spendete.
Dann trieb Ihn der Geist Gottes in die Wüste.
Hier nahm ihn am Schluss des 40tägigen Fastens der böse Geist mit auf eine ruhelose Wanderung: zuerst nach Jerusalem, dann auf einen hohen Berg. Denken wir auch an die Frage der ersten beiden Jünger Jesu, Andreas und Johannes: "Meister, wo wohnst du?" "Kommt und seht!" lautete die Antwort. Was werden sie wohl gesehen haben? Einen herrlichen Palast? Nein, sicher nicht, sondern irgendein Wohnzelt, das heute aufgerichtet und morgen wieder abgetragen wird. Der Sohn Gottes zeltete unter den Menschen. So heißt es - wörtlich aus dem griechischen Urtext übersetzt - am Schluss des Prologs des JohEv: "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gezeltet".
Wir finden den wandernden Jesus dann in Kapharnaum. Da hielt er sich am liebsten auf. Aber es währte nie lange. Dann war er schon wieder weiter auf Wanderschaft mit der Begründung, er müsse auch anderen die Frohbotschaft vom Reiche Gottes verkünden. Er zog in Galiläa umher. Durch alle Städte und Dörfer. Bald stieg er am See in ein Boot und fuhr hinüber ans andere Ufer. Dann war er wieder im Norden des Landes, in Caesarea Philippi bei den Golan-Höhen. Und dann wieder in Jerusalem und gelegentlich in Betanien. Da fühlte er sich bei den drei Geschwistern daheim. Und doch trieb es Ihn auch hier gleich wieder weiter. Und ganze Nächte verbrachte er dann wieder auf Bergen im Gebet. Der heimatlose Jesus, der sich nirgends geborgen fühlte, nirgends richtig daheim.
Glauben wir ja nicht, dass der Herr unter dieser Heimatlosigkeit nicht gelitten hätte! Ergreifend bricht doch oft das Heimweh, das Heimweh nach dem Vater und nach der bergenden Heimat beim Vater aus Ihm heraus.
Jesus nahm auch die Heimatsehnsucht der Menschen in sein eigenes Herz hinein und schloss seine ganze Lehre mit der Verheißung: "Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen. Ich gehe dorthin voraus, um euch dort einen Platz zu bereiten. Und wenn Ich ihn euch bereitet habe, dann komme ich wieder und nehme euch zu mir!"
Da spürt man schon, wie der Herr das Verlassen des Vaters im Geheimnis der Menschwerdung und Entäußerung, als er für uns Knechtsgestalt annahm und heimatlos wurde, nicht bloß auf sich genommen hat aus Not, sondern auch als Symbol für die Heimatlosigkeit aller Menschen hier auf Erden. Er wollte uns zeigen, wie wir im letzten hier auf Erden keine bleibende Stätte haben und nicht sesshaft werden dürfen: "Ich gehe voraus, euch eine Wohnung zu bereiten, dort im Hause meines Vaters." Er selbst ist der Weg dorthin: "Ich bin der Weg..." Und Er ist die Tür - hinein in das Vaterhaus Gottes in der ewigen Heimat: "Ich bin die Tür...".
Von diesen Überlegungen über den heimatlosen Jesus her müssten wir dann zu verstehen suchen welch radikale Forderungen Jesus an jene richtet, die er zur engsten Nachfolge berufen hat.