5. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C
gehalten in St. M. Loreto am 10.2.1974
Der wunderbare Fischfang, wie er uns bei 5,1ff geschildert wird, ist heute als SoEv an der Reihe! Ein schönes Ev., aus dem alle gläubigen Menschen, die Priester und Missionare voran, aber auch die Ordensleute und Laienchristen viel lernen können! Schauen wir es uns näher an: Zuerst das biblische Ereignis. Und dann die Folgerungen, die wir daraus ziehen sollen.
Petrus, Jakobus und Johannes, dieses köstliche Kleeblatt unter den Aposteln, waren von Beruf Fischer. Eines Nachts haben sie wieder einmal ihr erlerntes Handwerk auf dem See Genesareth ausgeübt. Aber es war eine blamable Angelegenhit geworden: Die ganze Nacht hatten sie sich abgemüht und nichts, schon gar nichts gefangen. Missgelaunt, grantig und verdrossen mögen sie gewesen sein, als sie am Morgen am Ufer ihre Boote sauber machten und ihre Netze wuschen.
Unterdessen predigte Jesus zu den Volksscharen. Immer mehr Leute kamen, um aus diesem begnadeten Mund das Wort Gottes zu hören. Das Gedränge wurde größer und größer. Schließlich war es so groß geworden, dass der Herr kurz entschlossen in eines der beiden Boote - sicher nicht zufällig gerade in das des Simon Petrus – einstieg, um nun von dieser eigenartigen Kanzel aus seine Predigt an das Volk am Seeufer zu richten.
Und als Jesus geendet hatte, kam der Auftrag an Simon Petrus: „Fahr jetzt weiter hinaus auf den See! Dort werft dann eure Netze zum Fange aus!“
An sich war diese Ausfahrt ganz anders als in der Nacht. Diesmal ist ja der Meister im Boot. Und wenn Er dabei ist, ist es doch immer schön. Aber dieser sonderbare Auftrag, draußen auf dem See jetzt am Tag die Netze auswerfen. Was soll denn das? Wenn wir in der Nacht nichts gefangen haben, dann erst recht nicht am hellichten Tag. Ob Simon Petrus sich nicht im Stillen gedacht haben mag: Na, vom Fischen versteht der Meister nichts, sonst würde er nicht einen so ausgefallenen, sinnlosen Auftrag geben! Aber gleich mag sich Simon Petrus innerlich korrigiert haben: Was fällt mir nur ein! Was bin denn ich und was ist Er! Er wird schon wissen, was Er will und mit seinem Auftrag bezweckt! Und nun spricht es Simon Petrus laut aus: „Meister, die ganze Nacht haben wir gearbeitet und nichts gefangen. Aber auf Dein Wort hin will ich die Netze noch einmal auswerfen!“
Jetzt, da das Wort des Gehorsams über die Lippen des Petrus gekommen war, stieg ein ganz anderes Gefühl in ihm hoch. Jede Müdigkeit von der Arbeit in der langen Nacht, jede Verdrossenheit wegen des Misserfolgs aller Arbeit war plötzlich wie weggeblasen.
Und kaum waren die Netze ausgeworfen, da musste auch schon die vernunftlose Schöpfung mit unwiderstehlicher Gewalt dem Herrn der Schöpfung gehorchen: Ja, eine unwiderstehliche Gewalt erfasste die Fische in der Tiefe, sie trieben in Scharen den ausgeworfenen Netzen zu.
Und jetzt gab es schwere Arbeit. Ein köstliches Bild ersteht da vor uns: Wie mit der Masse der fast endlos sich herandrängenden Fische die Netze sich füllen, die Boote fast versinken, während der Herr Jesus in erhabener Ruhe - lächelnd - die freundliche Szene beobachtete.
Petrus aber war überwältigt vom wunderbaren Geschehen. Er sank vor dem Herrn in die Knie und sprach - noch während das Boot draußen auf dem See war - das eigentlich recht sonderbare Wort: „Herr, geh fort von mir“ - wohin denn Petrus? So möchten wir fragen – “Herr, geh fort von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!“
Nun aber erreicht das Wunder erst seinen Höhepunkt und entfaltet seine eigentliche Bedeutung. Denn Christus tut jetzt den Mund auf und sagt, dass dieser wunderbare Fischfang nur ein Sinnbild vom Gewinnen der Menschen für seine Lehre und für sein Reich ist! „Petrus, von nun an sollst du Menschenfischer sein!“ Wie weitet sich in diesem Augenblick der Blick des Heilands ins Unermessliche! Der See Genesareth dehnt sich aus zum Meer der Menschheit, in dem - gleich unzähligen Fischen - Seelen aller Völker und Nationen in die Netze der Apostel Christi geraten! Wie mag das Herz des Heilands freudig gepocht haben bei diesem Blick in die ferne Zukunft, bei diesem Gedanken an die apostolischen, missionarischen Fischzüge!
Ganz offensichtlich wollte Christus hier dem Petrus und den anderen Aposteln und all ihren Nachfolgern Mut machen, sie ermutigen: „Fürchte dich nicht!“ So sagt Er zuerst. Christus kennt gar wohl die Schwierigkeiten der Aufgabe, die Er dem Petrus und den anderen Aposteln und ihren Nachfolgern stellt, die alte, heidnische Welt zu bekehren: Die Apostel hatten vor sich das verstockte, halsstarrige Judentum, das verirrte, gewalttätige, gottlose Heidentum. Und dazu kam die Unzulänglichkeit der Mittel für ihre Aufgabe im Menschenfischzug: Wo war denn ihre Macht, ihr Geld, ihre Wissenschaft? Menschlich gesehen schien das Unternehmen der Apostel eine Ungeheuerlichkeit. Aber nun hatten sie das Wunder des Fischfangs erlebt. Sie erkannten: Aus eigener Kraft haben wir nichts, auch nicht das kleinste Fischlein gefangen, obwohl wir doch erfahrene Fischer sind! Mit menschlichen Mitteln haben wir nichts ausgerichtet! Da hat uns der Meister ausgeschickt. Aus seinem Mund haben wir das ermunternde Wort: „Fahrt hinaus! Werft die Netze aus!“ gehört. Und siehe, Gottes Allmacht hat uns am hellichten Tag Scharen von Fischen in die Netze getrieben, zu einer Zeit, wo doch sonst die Fische sich in der Seetiefe aufhalten!
Wie oft werden später die Apostel, Petrus voran, an diesen Tag des wunderbaren Fischfangs zurückgedacht haben, als sie gewahrten, wie der Herr wirklich die Menschen, die Völker, in ihre Netze trieb, zu Pfingsten gleich in Jerusalem und dann in Galiläa und Samaria und schließlich in allen Ländern des damaligen römischen Reiches!
Auch jetzt noch treibt der Herr dem Petrus und seinen Nachfolgern, den Bischöfen, den Priestern, den Missionaren und allen apostolisch Tätigen, bei ihrem so schweren Fischfang Menschen ins Netz und das herrliche Wunder vom Fischfang auf dem See Genesareth wird eigentlich alle Tage irgendwo neu, auch wenn es momentan bei uns gar nicht danach aussieht. Aber es muss doch stimmen, sonst wäre das Heilandswort zu Petrus: „Von nun an sollst du Menschenfischer sein!“ eine Lüge gewesen! Schon durch den Mund des Propheten Jeremia (16,16) hat Gott es so verkünden lassen: „Siehe, ich sende viele Fischer aus, spricht der Herr, und sie werden sie fischen!“
Es wird auch immer wieder bei der Tätigkeit der Priester und Missionare neu, dieses Wunder, umso mehr neu, je mehr sie wirklich in der Gesinnung des Petrus und seiner Mitapostel und im Vertrauen auf den Herrn an die schwere Arbeit gehen. „Auf sein Wort hin!“ In seinem Auftrag! Im Gehorsam gegen seinen Befehl! Hinausfahren auf den See, in seinem Namen! Und wenn der Herr seine Apostel auch auf stürmische See hinausschicken sollte, auf recht schwere, verantwortungsvolle Posten, zu ganz schwerer Aufgabe, bei der menschlich gesehen nichts oder fast nichts herausschaut, macht nichts, es heißt dann einfach gehorchen und folgen, weil Er es so will und sagt: Duc in altum! Und immer sollte die Antwort sein: „Herr, auf Dein Wort hin! Im Vertrauen auf Dich! Es wird einen Fischfang geben, auch am hellichten Tag, also auch zu ungünstiger Zeit!“ Und wann wäre die Zeit ungünstiger gewesen, Seelen für Christus zu erobern, Seelen zu fangen, als heute, wo der See, wo das Meer aufgewühlt ist von Schlamm und Schmutz und alles so trüb ist und so. aussichtslos. Und doch! Wenn es auch aussehen sollte, als ob heute die ganze apostolische Arbeit sinnlos und immer nur erfolglos wäre, es kommt ja nicht darauf an, dass wir den Erfolg sehen. Die Hauptsache ist, dass Er unser redliches Bemühen und unser Vertrauen in sein Wort sieht. Und Er sieht das, sonst würde Er nicht zum Fischfang aussenden! Und wenn Er um den Erfolg weiß, dann soll uns das genügen! Einmal, vielleicht erst in der Ewigkeit, werden wir es sehen: Der Herr ist damals, als ich in restlosem Gehorsam, auf sein Wort hin und im Vertrauen auf Ihn an die Arbeit ging, wirklich mit mir hinausgefahren und hat auch in meine Netze Seelen getrieben, viel mehr als ich vermutete! Bei den Heiligen, bei Paulus, bei Franz Xaver, bei Petrus Claver, bei Don Bosco, ... die wirklich alles im Namen Jesu, im Vertrauen auf Ihn getan haben, waren es tatsächlich oft so viele Seelen, die in ihr Netz gingen, dass das Boot fast versank und das Netz fast zerriss.
Und wenn wir einmal - es kommt ja so selten vor, damit wir ja schön demütig und bescheiden bleiben - wenn wir einmal wirklich Erfolg bei unserer Arbeit sehen sollten, vielleicht sogar wirklich schönen, unerwarteten Erfolg dann soll uns nicht der Kamm anschwellen, wir wollen auch dann demütig bleiben. Wie hat Petrus gesagt, als das Boot übervoll von Fischen war? „Herr, geh fort von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ Das ist die Demut eines Apostels. So sollen auch wir sprechen. Denn es klingt so schlecht vor Gott, wenn wir anfangen von unseren Leistungen und Verdiensten zu sprechen und uns darauf zu berufen. Sagen wir wie Petrus: Ein sündiger Mensch bin ich! Sagen wir es immer: Was ich Gutes zustandebringe und leiste, das tut der Herr, ich selber bin nur ein armer Sünder! Hat doch der Herr einmal (Lk 17,10) gesagt: „Wenn ihr alles getan habt, was euch geboten worden war, dann sprechet: Nur unnütze Knechte sind wir. Was unsere Pflicht war, das allein haben wir getan!“ Das Bewusstsein unserer Sündhaftigkeit gefällt dem Herrn, es zieht seine Gnade und seinen Beistand auf uns herab! Und dieses Bewusstsein unserer Sündhaftigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass der Herr uns dann, wenn wir mutlos werden möchten bei unserem apostolischen Arbeiten, Beten und Sühnen, Mut macht: Fürchte dich nicht, von nun an sollst du Menschen fangen! Tu nur alles, was ich dir auftrage! Und unsere Losung muss allezeit lauten: „Herr, auf dein Wort hin!“ Dieser Gedanke, in Christi Auftrag, mit Ihm und für Ihn zu arbeiten, gibt unserem Arbeiten eine höhere Weihe, eine stärkere Kraft, eine größere Freudigkeit, eine reichere Energie und zuletzt auch einen größeren Erfolg! Diese „gute Meinung“: Herr, auf dein Wort hin mit Dir und für Dich, das wird der beste Antrieb sein, alles, was uns aufgetragen ist, auch immer gut, ordentlich und gewissenhaft zu verrichten. Dann wird es zur größeren Ehre Gottes, zum Heil der Seelen und zu unserem Nutzen gereichen. Amen