27. Sonntag im Jahreskreis – LjB
gehalten im Hohen Dom zu Salzburg, am 6.10.1985
Das heutige SoEv handelt von der Ehe und ihrer Unauflöslichkeit und sagt uns klar und eindringlich, wie Christus, der menschgewordene Sohn Gottes, darüber gedacht hat.
Es ist nun sicher höchst unmodern in einem Land, in welchem schon jede dritte Ehe geschieden wird, über die Unauflöslichkeit der Ehe, über die christliche Ehe überhaupt, ihre Würde und ihre Heilighaltung zu predigen. Dennoch soll es geschehen, denn wir würden Christus untreu, wenn wir verschweigen würden, was Er gedacht und die Kirche trotz aller gegenteiligen Erfahrung immer festgehalten hat.
1. Wie die Realität auf dem Gebiet der Ehe heute aussieht, sei kurz in Erinnerung gerufen: Wir leben in einer Zeit, in der man sich kalt über das fundamentale Gesetz ehelicher Liebe und Treue hinwegsetzt. Viele Männer und Frauen - vor allem in der jüngeren Generation - leben heute - auch in dieser Stadt – überhaupt ohne Eheschließung zusammen, weil es praktischer und bequemer und sogar finanziell vorteilhafter ist; man verzichtet auf die standesamtliche Trauung und erst recht auf den Empfang des Sakramentes der Ehe.
Viele Eheleute - auch solche, die durch das Ehesakrament aneinander gebunden sind, nehmen es nicht mehr ernst mit der ehelichen Treue, viele Ehen werden heute - auch in dieser Stadt - geschieden, nach 1,2,3 Jahren schon oder auch - was eigentlich noch beschämender ist - nach 20, sogar nach 30 Jahren, nachdem man vorher jahrelang nicht mehr miteinander und füreinander, sondern nur noch kalt und lieblos und uninteressiert nebeneinander, gelebt hat.
Der Staat mit seiner modernen, sozialistischen Ehe- und Familiengesetzgebung hilft dabei tüchtig mit, die Ehe und Familie in ihrem Fundament, in ihrem Zusammenhalt und Bestand zu zerstören.
2. Und doch geht es bei der Unauflöslichkeit der Ehe nicht um irgendein kirchliches Gesetz bloß, das längst reformbedürftig wäre, sondern um ein göttliches Gesetz.
Auch den Juden war im Alten Bund nur wegen ihrer Herzenshärte - wie Christus im heutigen SoE betont, durch Mose die Möglichkeit zugestanden worden, durch einen Scheidebrief die Ehe - fast immer nur zum Schaden der Frau - aufzulösen.
"Von Anfang an war es nicht so!" Der Herr betont das und er fügt mit dem Einsatz seiner ganzen göttlichen Autorität befehlend hinzu: "Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen!"
3. Will man genauer wissen, was Christus von der Ehe gedacht hat, müsste man weiter ausgreifen und auch an seine Teilnahme an einer Hochzeitsfeier denken: Maria, die Mutter Jesu, war - wohl aus Gründen der Verwandtschaft oder besonderer Freundschaft - in Kana von einem Brautpaar zur Hochzeit eingeladen worden. Als alle Hochzeitsgäste bereits in froher Stimmung beisammen waren, brachte man die Nachricht in den Hochzeitssaal: Jesus kommt dahergezogen mit seinen ersten Jüngern.
Was machte das Brautpaar bei dieser Kunde? Dachte es sich etwa: Nein, diesen Jesus v.N. brauchen wir nicht bei unserer Hochzeitsgesellschaft; der verdirbt uns nur die Freude und bringt uns nur in Verlegenheit, denn mit so vielen unerwarteten Gästen haben wir nicht gerechnet. Nein, dieses Brautpaar dachte nicht so. Es hatte im Gegenteil nichts Eiligeres zu tun, als Christus entgegenzugehen und Ihn herzlich zu bitten, an ihrer Hochzeit teilzunehmen.
Jesus aber war dann wahrlich kein Spiel– und Freudeverderber, er nahm in göttlicher Herablassung und in wunderbar feiner, menschlich gütiger Art die Einladung an, ja noch mehr, er wirkte bei dieser Hochzeit sein erstes Wunder und offenbarte dabei seine Herrlichkeit. Also nicht eine Krankenheilung, nicht eine Dämonenaustreibung oder eine Totenerweckung war das erste Wunder Jesu. Sein erstes Wunder wirkte er in Gegenwart seiner ersten Jünger, die er dabei als Werkzeuge benützte, für ein Brautpaar, und zwar eigentlich in einer scheinbar recht nebensächlichen, ganz irdischen Angelegenheit, die aber in ihrer Symbolik weit darüber hinausweist.
4. Wie vielsagend und bedeutungsvoll ist das doch: Christus hat nicht bloß die Berufung zur Teilnahme an seinem Priestertum in seiner engsten Nachfolge zu einem heiligen Sakrament erhoben. Er hat auch die Ehe geheiligt und zur hohen Würde eines heiligen, gnadebewirkenden Sakramentes erhoben. Allen Brautpaaren, die Ihn zur Hochzeit laden und zusammen mit Ihm ihre Ehe schließen, wollte der Herr in Fülle und ständig weiterwirkend seinen Gnadensegen zukommen lassen.
5. Christus zur Hochzeit laden nach dem Vorbild des Brautpaares von Kana, das heißt vor allem, dass die Vermählung nicht ohne den Segen Christi und seiner Kirche erfolgt!
Wie arm sind jene Menschen, die sich einbilden, auf die kirchliche Trauung und den Empfang des Sakramentes der Ehe verzichten zu können.
Das heißt doch nichts anderes als zu sagen: Wir brauchen Christus bei unserer Hochzeit und in unserer Ehe nicht, wir brauchen seinen Segen und seine Gnade für unser Ehe- und Familienleben nicht, wir schaffen es schon allein, aus eigener Kraft. Gar oft kann man es dann in erschütternd tragischer Weise sehen, wie sie es schaffen: mit Zank und Streit in einem erbärmlichen Nebeneinander und nie in einem frohen, schönen, glücklichen Miteinander und Füreinander! Das Wort der Hl. Schrift: "Wenn der Herr das Haus nicht baut, bauen die Bauleute umsonst!" gilt nicht nur vom gewöhnlichen Hausbau, es gilt umso mehr, wenn eine glückliche Ehe und Familie aufgebaut werden soll! Eine ohne Ehesakrament aufgebautes Ehe– und Familienleben zerfällt gar schnell, wenn der Sturm kommt, weil eben dieses Haus nicht auf dem Felsenfundament christlicher Liebe und Treue, sondern nur auf dem leichtfertigen Grundsatz opferscheuen Sich-auslebens, solange es geht, und des Wiederauseinanderrennens, wenn es eben nicht mehr geht, aufgebaut ist. Wer Christus zur Hochzeit lädt im Empfang des Sakramentes der Ehe, der tritt mit dem festen Vorsatz in die Ehe, ein christliches Eheleben zu führen in Treue zu Gottes Geboten und in unverbrüchlicher Treue zueinander gemäß dem Befehl Christi: "Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen!"
6. Christus zur Hochzeit laden, das heißt aber auch, dass Christus nach erfolgter Vermählung Gast in der Ehe und Familie bleiben darf und bleiben muss: Christus will und muss dabei sein vom ersten Tag des Ehelebens bis zum letzten Tag, dann ist sicher der Segen Gottes dabei. Und Er wird dann in einer solchen Ehe und Familie niemals ein Spiel- und Freudeverderber sein, ganz im Gegenteil, er wird die irdische Freude und das irdische Glück der Gatten und der ganzen Familie heiligen und segnen und wird überdies vor allem auch Kraft geben, dass die Eheleute auch in Leid und Kreuz keinen Grund zum Verzagen haben. Gewiss wird es auch in einer solchen sakramental geschlossenen Ehe bisweilen stimmen, dass der Ehestand ein Wehestand sein kann, aber dort, wo Christus der Dritte im Bunde ist, und nicht ein anderer Dritter, da wird der Wein ehelicher Liebe und Treue nie ganz ausgehen.
Freilich müsste man sich im Ehealltag immer wieder auf die im Sakrament der Ehe wirksam werdenden Gnaden besinnen und mit ihnen auch mitwirken! Darauf vergessen heute leider allzu oft auch katholische Eheleute. Die christliche Ehe wird sakramental geschlossen mit dem Blick auf Christus und die Kirche, wie der hl. Paulus in seinem Epheser-Brief betont. Christus aber hat der Kirche, seiner Braut, die Treue gehalten bis in den Tod. Wie aber sieht es diesbezüglich heute oft auch bei katholischen Eheleuten aus? Der bekannte Moraltheologe Bernhard Häring hat in seiner Moraltheologie "Das Gesetz Christi" (III/339) im Sinn des heutigen SoEv ganz klar und wahr geschrieben: "Zum Wesen der echten ehelichen Liebe gehört vor allem die absolute Treuebindung in absolutem Treuewillen. Ohne endgültige Treuebindung ist jede geschlechtliche Zuneigung unbekräftigt und jegliche intime Äußerung derselben unrechtmäßig, weil sie des Ernstes der wahren Liebe ermangelt, die auf jedem Gebiet, besonders aber in dieser Sphäre, Treue verlangt. Die einmal beschworene Treue aber darf nicht von der schwankenden sinnlichen Zuneigung abhängig gemacht werden. Wahre Treue und Liebe müssen über dem Wandel des bloß sinnlichen Strebens stehen... Die staatliche Ermöglichung der Ehescheidung und Wiederverheiratung aber zersetzt bei all denen, die sich auf den Standpunkt eines solchen Rechtes stellen, den Treuewillen der Liebe von allem Anfang an. So steht an der Wurzel der heiligsten Treueschwüre solcher Eheleute das Fragezeichen der offengehaltenen Möglichkeit, Liebe und Treue jederzeit aufzukündigen. Liebe auf Widerruf und Treue auf Kündigung aber sind in sich furchtbare Widersprüche."
Wie aber steht es bei uns in Österreich heute mit der ehelichen Treue? Immer mehr Ehen zerbrechen. Die Scheidungskurve in unserem Land steigt weiter, ganz bedenklich. Jede dritte Ehe wird geschieden. Das Ansteigen der Ehescheidungen in den letzten 10 Jahren um 20% hat Österreich mit Dänemark und Schweden auf dem Scheidungssektor an die Spitzengruppe der Länder Europas katapultiert, zum Schaden für die Kinder und das ganze Volk!
Lassen wir uns durch das heutige SoEv nicht nur wieder an die Unauflöslichkeit der Ehe nach dem Gesetz Christi erinnern, sondern helfen wir betend und opfernd dazu mit, dass der Wille und die Bereitschaft zur unauflöslichen, sakramental geschlossenen Ehe wieder zunehmen in unserem Land. Jenen christlichen Eheleuten aber, die es beispielgebend auch in Kreuz und Leid über Jahrzehnte noch ganz ernst nehmen mit der ehelichen Liebe und Treue, sei aufrichtig gedankt und Gottes reichster Segen gewünscht für ihr weiteres treues Zusammenstehen.