21. Sonntag im Jahreskreis – Lj B
gehalten in St. M. Loreto am 24.8.1997
Das 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums mit der eucharistischen Verheißungsrede, das uns nun abschnittweise an 4 Sonntagen als SoEv vorgesetzt worden ist, um unseren Glauben an das Zentralgeheimnis unseres Glaubens und unseres gläubigen Tuns in der Liturgie herauszufordern, wird heute, am 21. So. im Jahreskreis B abgeschlossen mit der Reaktion der Menschen damals auf das, was Christus in dieser seiner eucharistischen Verheißungsrede verkündet hatte:
Wie sieht diese Reaktion aus? Man muss da genau zusehen:
1. Die Menge ist schon von der Bildfläche verschwunden. Sie ist nicht zum Glauben gekommen. Sie hat sich mit dem Brot für den hungrigen Magen, das Christus wunderbar vermehrt hat, zufrieden gegeben Diese Menge bestand aus satten Spießbürgern, bei denen gut und genug essen und Trinken alles ist. Was darüber hinausgeht und Nahrung für den Geist und für die Seele sein soll, das interessiert sie nicht.
2.Die Jünger, Menschen, die bisher dem Herrn begeistert nachgefolgt sind und es weiter tun würden, wenn er ihnen etwas sagte, was ihr kleiner Verstand begreift und versteht und was nicht über ihren begrenzten Horizont hinausgeht. Aber was dieser Jesus jetzt gesagt hat: Wie kann Er uns sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken geben? "Seine Worte sind hart, wer kann sie anhören?" Sie nehmen Anstoß an Jesus und seiner Botschaft, sie ärgern sich, sie hören zwar seine Worte, aber den vom Hören seiner Worte zum gläubigen Aufnehmen der Botschaft Jesu und zum vorbehaltlosen Glauben gehen sie nicht mehr weiter. Diese Botschaft, die Jesus da jetzt verkündet hat, ist hart, ist ein unerträgliche Zumutung. Bei diesen Jüngern hätte das Samenkorn des Wortes Gottes auf besseres Erdreich fallen können als bei der Masse, die nur auf Sättigung des leiblichen Hungers aus war; aber nein, leider sind auch diese Jünger nicht bereit, auf das gehörte Wort Gottes die rechte Antwort zu geben im Glauben. Ihre Antwort ist nur Murren, Unbehagen, Ärgernis und zuletzt Abfall.
Eigenartig ist nun, dass diese negative Reaktion der Jünger auf die eucharistische Verheißungsrede Jesu Ihn selbst keineswegs dazu bewog, etwas von seiner "harten" Rede zurückzunehmen, Korrekturen daran anzubringen, Konzessionen zu machen. Jesus manipuliert nicht sein gesprochenes Offenbarungswort, damit es leichter "ankommt". Er macht es nicht!! Er bleibt dabei: "Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, mein Blut ist wahrhaft ein Trank. Wer das Fleisch des Menschensohnes nicht isst und sein Blut nicht trinkt, hat das Leben nicht in sich. Wer aber mein Fleisch isst and mein Blut trinkt, der hat das ewige Loben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage!"
"Von da an verließen ihn viele von den Jüngern und begleiteten ihn nicht mehr!"
Der Kreis um Jesus ist kleiner und kleiner geworden.
3. Jetzt waren es zuletzt nur noch die Zwölf, die Apostel. Was machen sie? Wie reagieren sie auf die eucharistische Verheißungsrede Jesu? Sind sie etwa auch unsicher geworden in dieser Glaubenskrise, die da in die Zuhörerschaft Jesu hineingefahren ist? Jesus fragt die Apostel: "Wollt etwa auch ihr weggehen?" Es klingt, als ob Christus sagen wollte: Auch euch gegenüber nehme ich nichts zurück von dem, was ich gesagt und verheißen habe. Und zwingen tu ich euch nicht, bei mir zu bleiben und mir zu glauben. Wenn auch ihr nicht glauben wollt, dann geht nur! Lieber fange, ich noch einmal von vorne an, um mit anderen Menschen, zum Glauben bereit sind, das Reich Gottes aufzubauen und die Kirche zu gründen! Nochmals meine Frage: "Wollt etwa auch ihr weggehen?"
Und nun tritt der Sprecher des Apostelkollegiums, Petrus, vor und gibt die schönste und klarste Antwort, die denkbar war in dieser Situation: Meister, "zu wem sollten wir gehen", wenn wir von dir weggingen? Nur "du hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Sohn Gottes, der Heilige Gottes!"
Großartige Antwort des Petrus, die der Petrusnachfolger, der Papst im Namen des Apostelkollegiums, im Namen des Bischofskollegiums in allen Glaubenskrisen immer gegeben hat herauf durch die Jahrhunderte.
Es kommt alles darauf an, dass wir uns in der Glaubenskrise von heute diese Antwort des Petrus ganz zu Eigen machen. Die Situation ist nämlich heute genau wie damals. Auch heute können wir wieder genau wie damals die verschiedenen Gruppen von Menschen und ihre Reaktion auf die Offenbarung Jesu Christi, auf das eucharistische Dogma und die anderen Dogmen unterscheiden.
1. Da ist zuerst wieder die Masse, die sich genau wie damals mit gefülltem Bauch zufrieden gibt in krassem Materialismus. "Panem et circenses", auf gut deutsch übersetzt: "Genug und gut essen und trinken und Unterhaltung“ mehr brauchen wir nicht! Und ein Jenseits, ein Leben jenseits der Todeslinie gibt es nicht! Darum wollen wir das Leben genießen und uns ausleben...
2. Die zweite Gruppe: Damals waren es die Jünger, die in die Krise geraten waren bei der eucharistischen Verheißungsrede Jesu und mit der Bemerkung reagierten: "Diese Rede ist hart! Wer kann sie anhören?"
Heute ist es wieder so bei manchen Jüngern Jesu, bei Priestern und Theologen, bei Gläubigen, denen die Dogmen, die geoffenbarten Glaubenswahrheiten, "zu hart" geworden sind; die "harten" Dogmen – ja, sie sind es; aber sogar der protestantische Märtyrertheologe Dietrich Bonhoeffer hat zugegeben, dass die harten Begriffe, in denen beispielsweise das Dogma über den menschgewordenen Gottessohn Jesus Christus formuliert ist, zwar für uns harte "Steine sind, aus denen man aber Feuer schlagen kann". Man hat damals schon, als Christus in seiner Verheißungsrede zu Kapharnaum das eucharistische Dogma formulierte, es auch schon als hart empfunden. "Diese Rede ist hart; wer kann sie hören? So sagten viele der Jünger damals. Das griechische Wort für "hart" im Urtext des (griechisch geschriebenen) JohEv lautet "sklerós"; es ist uns aus der Medizin bekannt: Sklerose = krankhafte Verhärtung eines Organs; sklerós bedeutet dann im Griechischen hart, unbeugsam, unangenehm, unerträglich. Und tatsächlich, viele empfinden heute die Dogmen so! Aber es käme nur auf das redliche Bemühen an, aus diesen harten Steinen das Feuer zu schlagen, das zündet! Nicht durch Aufweichen und Uminterpretieren der Dogmen, der Offenbarungswahrheiten, kommen wir weiter, sondern im demütigen Anerkennen der Tatsache, dass wir über die Wahrheit nicht verfügen können, sondern sie so anerkennen und bejahen müssen, wie Gott sie uns geoffenbart hat, ob wir sie nun einsehen und begreifen oder nicht. Der Glaubensakt ist dem Stolz diametral entgegengesetzt: Der stolze Mensch, auch wenn sein Stolz dabei vielleicht sehr naiv und primitiv ist, sagt: Was ich nicht sehe oder einsehe, das glaube ich nicht! Der demütige Mensch sagt: Ich begreife zwar nicht, was mir da zu glauben vorgelegt wird, aber ich komme an der Tatsache nicht herum, dass es Gott wirklich so geoffenbart hat. Gott aber kann nicht irren und nicht irreführen, Er ist größer als unser Herz, größer als unser Verstand. Also glaube ich, auch wenn ich es nicht einsehe und begreife. Ich beuge meinen kleinwinzigen Verstand vor der Größe und Autorität des sich offenbarenden Gottes. Es geht eben beim Glauben zu allererst um die demütige Bereitschaft Gott gegenüber, auf Ihn zu hören und Ihm dann zu gehören, auf ihn zu horchen und ihm dann zu gehorchen.
Die Jünger sagten damals: "Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?“ Und sie verließen den Herrn in Unglauben.
3. Wir aber wollen es nicht den in die Krise des Glaubens geratenen und dann ungläubig weggegangenen Jüngern nachmachen, die in unserer Zeit so viele Nachfolger finden, weil ihnen die Glaubenswahrheiten, die Dogmen, zu hart vorkommen. Wir wollen es dem Petrus und den anderen Aposteln nachmachen; wir wollen bekennen: Herr, nur du hast Worte des ewigen Lebens. Und ein Weggehen von dir und von deiner auf den Felsen Petri gebauten Kirche würde für uns Untergang und Verderben bedeuten. Wir haben erkannt und geglaubt, dass du der Heilige Gottes, der Sohn Gottes bist. Das genügt, Das ist uns Halt und Stütze auch dort, wo wir deine Geheimnisse nicht durchschauen und unbegreiflich und rätselhaft finden. Wir wollen dann das sprechen, was der große Thomas v. Aquin der hl. Eucharistie gegenüber in seinem unsterblichen Hymnus "Adoro Te, devote, latens Deitas..." bekannt hat:
"Augen, Mund und Hände fühlen, Herr, dich nicht, doch das Wort des Glaubens truglos von dir spricht. Was Gott Sohn gesprochen, glaube ich allein, denn er spricht die Wahrheit, nichts kann wahrer sein!"
Hüten wir uns vor der Sklerose des Herzens, der Herzenshärte! Machen wir nicht den Worten Jesu Christi, seinen Offenbarungswahrheiten, den Dogmen der Kirche, den Vorwurf, dass sie für uns Menschen des 20. Jahrhunderte zu hart seien, bemühen wir uns lieber, anstelle von falscher Aufweichung und Uminterpretierung aus diesen harten Steinen, die kostbarste Diamanten sind, Feuer zu schlagen, Feuer der Gottes- und Nächstenliebe!
Und vergessen wir nicht, dass unser aller Glaube gefährdet ist, wenn wir zu sehr auf eigene Kraft und nicht mehr auf die Gnade von oben bauen, die erbetet sein will. "Wer steht, sehe zu, dass er nicht falle!" Unter den zwölf Aposteln, die damals noch glaubten, war auch einer, der später abfiel und zum Verräter wurde, zum Verräter am Glauben und am Herrn Jesus Christus!
Machen wir es dem modernen Wüstenheiligen Charles de Foucauld nach, dem täglich das Gebet über die Lippen kam: "Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!"