19. Sonntag im Jahreskreis – Lj B
gehalten in St. M. Loreto am 10.8.1997
Wieder ist heute das Sonntagsevangelium ein Abschnitt aus dem 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums, in welchem gezeigt wird, wie Jesus zielstrebig seine Jünger zum Glauben an das Geheimnis der Eucharistie führen wollte.
Das SoEv am letzten 18. So. im Jahreskreis endete mit folgenden Worten Jesu: „Das ist der Wille meines Vaters, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, ewiges Leben hat und ich ihn auferwecke am Jüngsten Tag.“ So warb Jesus um den Glauben an Ihn, den der Vater als das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, in die Welt gesandt hat. Wie aber reagierten die Menschen darauf?
„Da murrten die Juden über ihn, weil er sagte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgestiegen ist; und sie sagten: Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgestiegen? Ist er denn nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgestiegen?“
Dem Werben Jesu um den Glauben seiner Zuhörer setzten diese ihr Murren entgegen, wobei unter diesem Murren nicht etwa ein bloßes, eher positiv zu wertendes „Gemurmel“ zu verstehen wäre, wie es dann vom Gerede der Leute über Jesus im Joh 7,12 erwähnt wird, wo es heißt: „In der Volksmenge wurde viel über ihn gemurmelt (d.h. hin und her geredet). Die einen sagten: Er ist ein guter Mensch, andere sagten: Nein, er führt das Volk in die Irre.“
Wir merken: es ist ein großer Unterschied zwischen dem Murren der Juden damals und dem Gemurmel und Gerede in der Volksmenge; da ging es nur um ein Diskutieren über Jesus, weil man nicht klar sah, wie man Ihn, diese geheimnisvolle, rätselhafte Persönlichkeit einordnen und charakterisieren müsse. Das Murren der Juden war dasselbe wie damals in der Wüste: da war es das ungläubige Aufbegehren gegen Gott, bevor Wasser aus dem Felsen den durstigen und Manna den hungernden Menschen gegeben wurde. Jetzt ist es wieder ein ungläubiges Aufbegehren gegen den menschgewordenen Sohn Gottes.
Der Widerspruch der Juden gegen Jesus entzündete sich daran, dass sie seine Herkunft zu kennen glauben und meinten, seine Herkunft sei eine rein irdische, ganz gewöhnliche, die ihnen sehr wohl bekannt sei: „Ist denn das nicht Jesus, der Sohn Josephs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgestiegen?“
Das Paradoxe, dass die Leute Jesu Vater und Mutter zu kennen meinten und doch über seine eigentliche Herkunft nichts wussten, zeigt sich später noch einmal und verstärkt, wenn es dann im 7. Kapitel des JohEv (7,25-27) heißt: „Da sagten einige Leute aus Jerusalem (über Jesus): ist das nicht der, den sie töten wollen? Und doch redet er in aller Öffentlichkeit, und man lässt ihn gewähren. Sollte der Hohe Rat wirklich erkannt haben, dass Jesus der Messias ist? Aber von dem hier wissen wir, woher er stammt; wenn jedoch der Messias kommt, weiß niemand, woher er kommt.“
Ist es heute nicht genau so wie damals? Die Ungläubigen meinen, die Herkunft Jesu genau zu kennen: Der Vater, der ihn gezeugt hat, ist, wie sie behaupten, Joseph, und die Mutter, die ihn auf ganz natürliche Weise empfangen und geboren hat, ist Maria.
Um das Geheimnis der wirklichen Herkunft weiß nur der Glaube, der uns sagt, dass der Vater Jesu Christi Gott Vater ist, der ihn in rein geistiger, ewiger Zeugung im wunderbaren innertrinitarischen Geheimnis hervorgebracht hat als seinen wesensgleichen Sohn: „Gott von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“
Und nur der Glaube weiß um die Mutter Jesu Christi: empfangen vom Hl. Geist, geboren aus Maria, der Jungfrau. Er, der Sohn des himmlischen Vaters und der immerwährenden Jungfrau Maria ist wahrhaftig und wirklich vom Himmel herabgekommen.
Der Heiland ging damals zunächst auf das Murren der Leute in ihrem Unglauben nicht weiter ein, er ermahnte sie nur, nicht untereinander zu murren; und er forderte sie dann auf, auf Gott zu hören und sich von Gott belehren zu lassen. Dann gibt der Herr doch noch indirekt die Antwort auf das Murren der Leute, indem er ihnen sagte: „Der Vater ist es, der mich gesandt hat. Vom Vater komme ich. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen. Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist. Nur er hat den Vater gesehen.“
Da sagt dann Jesus: „Niemand kann zu mir kommen, wenn ihn nicht der Vater, der mich gesandt hat, zu mir führt.“
Dieses „zu Jesus geführt werden“ erfolgt im Glauben und ist Gnade, die der Vater schenkt, wenn er darum gebeten wird. Dann heißt es beim Evangelisten noch: „Bei den Propheten steht: Und alle werden Schüler Gottes sein. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt wird zu mir kommen.“
„Schüler Gottes“ sein, sich von Gott belehren lassen, heißt für den Menschen, auf Gott hören, um ihm dann zu gehören, auf Gott horchen, um ihm dann zu gehorchen: das heißt glauben! Um den Glauben geht es also, er ist das Geheimnis für das „Geheimnis des Glaubens“ in der hl. Eucharistie. Und dieser Glaube ist zunächst Gnade, Gabe Gottes, dann aber auch Aufgabe des Menschen. Wer nicht glaubt, lebt an den Geheimnissen Gottes, auch und erst recht am Geheimnis der Eucharistie total vorbei. Auf den Glauben kommt es an: Darum schließt Jesus seine Mahnung zum Glauben noch die Feststellung an: „Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben.“ Alles, auch das ewige Heil, das ewige Leben hängt vom Glauben ab, der Glaube ist die „conditio sine qua non“, also die unbedingte Voraussetzung.
Immer werden wir vor diese Tatsache gestellt! „Sein oder nicht-sein, das ist hier die Frage“, so heißt es einmal beim großen englischen Dichter Shakespeare. Wir könnten dieses Dichterwort abwandeln und sagen: Glauben oder nicht-glauben, das ist hier die Frage. Glauben müssen, ist unser Schicksal, glauben können ist Gnade; Glauben wollen ist unsere einzig wahre Leistung vor Gott gegenüber. Danach werden wir einmal beurteilt, ob wir Gott und seinem Offenbarungswort geglaubt haben; ob wir dem sich uns offenbarenden Gott vertraut haben.
Gott hat uns dazu befähigt durch die uns eingegossene Tugend des Glaubens. Es kommt nur alles darauf an, diese Tugend des Glaubens zu bestätigen in den Glaubensakten, die uns abverlangt werden, wenn wir den Geheimnissen Gottes gegenüberstehen, die unser Verstand nicht begreifen und verstehen kann. Der menschliche Verstand muss sich da in aller Demut beugen vor Gott, der größer ist als unser Herz, größer, unendlich größer als unser Verstand.