3. Sonntag im Jahreskreis - B
gehalten in St. M. Loreto am 21.1.1979
Von der Berufung der ersten Apostel war im Evangelium des letzten Sonntags die Rede: Die zwei Johannesjünger Andreas und Johannes wurden von dem Täufer Johannes auf Christus hingewiesen und aufgefordert, Ihm nachzufolgen: Zage und verlegen gehen sie hinter dem göttlichen Heiland her, bis dieser sie fragt: Was sucht Ihr denn? Und die Antwort darauf war die vielsagende Verlegenheitsfrage: "Meister, wo wohnst du?" Und Christus darauf wieder: "Kommt und seht!"
Auch wir haben am letzten Sonntag den Heiland gefragt: "Meister, wo wohnst du?" Und er gab auch uns aus dem Tabernakel heraus die Antwort: "Kommt und seht! Hier wohne ich! Denn dazu habe ich dieses heiligste Sakrament eingesetzt, um immer bei euch zu bleiben!“
Für die beiden Apostel Andreas und Johannes war es damals eine allererste Fühlungnahme mit Jesus Christus, die freilich so schön und beglückend gewesen sein muss, dass der Apostel Johannes noch im hohen Alter von fast 100 Jahren genau wusste, zu welcher Stunde es zu dieser ersten Christusbegegnung gekommen war.
Im heutigen Evangelium ist wieder von der Berufung der ersten Apostel die Rede. War es aber im Evangelium des vergangenen Sonntags die erste Fühlungnahme der beiden Johannesjünger Andreas und Johannes, so geht es im heutigen Evangelium um die endgültige Berufung der zwei Brüderpaare Andreas und Simon Petrus einerseits und Jakobus und Johannes anderseits zum Apostolat und zur Christusnachfolge für das ganze Leben.
Einleitend ist aber im heutigen Sonntagsevangelium zuerst noch davon die Rede, dass der Vorläufer des Herrn, Johannes d.T., gefangen wurde, im Kerker schmachtete und auf den Tag seiner Hinrichtung wartete: Er hatte dem König Herodes freimütig die Wahrheit gesagt: "Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zum Weibe zu haben!" Das war in den Augen des Königs Herodes schon Majestätsbeleidigung. Die Mächtigen vertragen die Wahrheit nicht! Immer war es so, auch in unserer Zeit ist es nicht anders. Wir werden es beim kommenden Wahlkampf für die Nationalratswahl wieder merken und spüren. Ich bin sicher, wenn da jetzt ein Bischof oder Priester in Österreich den Sozialisten ins Gesicht sagen wird: Eine Partei, die das Gesetz der Fristenlösung beschlossen und damit den Mord am ungeborenen Kind freigegeben hat, ist für einen gläubigen Katholiken unmöglich mehr wählbar, so wird das sicher als Majestätsbeleidigung des Sonnenkönigs angesehen.
Ganz ähnlich wie dem Täufer Johannes ist es nach ihm den zahlreichen Märtyrern des christlichen Glaubens und den Verteidigern der Menschenrechte ergangen und all jenen, die sich in kritischen Situationen, wo es um Recht und Wahrheit und Sittlichkeit ging, kein Blatt vor den Mund nahmen.
Die beiden erstberufenen Jünger Jesu erlebten Ihn einen Tag lang in seiner ganzen Güte und Menschenfreundlichkeit und spürten dabei sofort, dass sich dieses einzigartige Erlebnis ihrer Begegnung mit Jesus nun auswirken müsse in sofortiger Werbung für Jesus, den gefundenen Messias. Darum machte sich Andreas sogleich - wie uns nun das heutige SoEv weiter berichtet - zu seinem Bruder Simon auf, um diesen aufmerksam zu machen: "Du, Bruder, wir haben den Messias gefunden."
Es ist so vielsagend, dass bei Andreas die allererste Begegnung mit Jesus in ihm apostolische Einsatzbereitschaft weckt und er für Jesus zu werben beginnt. Andreas kennt keinen engherzigen Egoismus, in welchem er sich denken könnte: Den Schatz, den ich gefunden habe, will ich für mich reserviert haben. Niemand soll davon erfahren. Nein, er wirbt. Er ist von allem Anfang an wirklich Apostel, noch eher er von Jesus als solcher berufen und bestellt wird.
So kommt nun Andreas zu seinem Bruder Simon mit der frohen Botschaft: Wir haben den Messias gefunden!" Wie aber reagiert Simon darauf? Etwa zweifelnd und skeptisch? Nein, er zweifelt nicht an der einzigartigen Entdeckung seines Bruders Andreas, er traut ihm diesen kostbaren Fund zu in einem - nach unserer Meinung - vielleicht allzu schnellen, naiven Glauben. Simon geht sofort mit seinem Bruder Andreas mit zu Jesus. Da kommt es nun zur ersten denkwürdigen Begegnung zwischen Jesus und dem ersten Papst. Ja, so dürfen wir wirklich mit vollem Recht sagen, denn es heißt da nun im Ev.: "Jesus blickte ihn, den Simon, an und sagte: 'Du bist Simon, der Sohn des Jonas, du sollst fortan Kefas, d.h. übersetzt Petrus, der Fels heißen.“ Da klingt zum ersten Mal das an, was bei Mt 16,18 über den Primat des Petrus und seine Stellung in der Kirche Christi vom Herrn verheißen wird: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!" Der neue Name, den Simon, der Bruder des Andreas, bei dieser ersten Christusbegegnung erhält, ist Ausdruck für seine künftige wichtige Aufgabe in der Kirche, im neutestamentlichen Volk Gottes. Im Alten Testament wird gar oft Gott selbst als Fels des alttest. Volkes Gottes bezeichnet, als Fels, der das Volk Israel einte wie um einen festen Mittelpunkt herum. Im neutestamentlichen Volk Gottes wurde nun diese würdevolle Aufgabe teilweise wenigstens einem Menschen übertragen: dem Simon Petrus und seinem jeweiligen Nachfolger. Es soll fortan gelten, was der hl. Kirchenlehrer und Bischof von Mailand Ambrosius knapp und kurz so formuliert hat: "Ubi Petrus, ibi Ecclesia!" Wo Petrus ist, da ist die wahre Kirche und in ihr Christus, der göttliche Stifter der Kirche. Und so entstand die Kirche Christi: durch die Berufung der ersten Jünger, der ersten Apostel: Andreas und Johannes sind die erstberufenen Apostel. Ihre Nachfolger sind die Bischöfe. Der Erste der Apostel aber sollte nach dem Willen Christi Simon Petrus, der Felsenmann sein. Und Nachfolger des Petrus in der Kirche ist der Papst. Beachten wir das immer in der rechten, von Christus gewollten und uns abverlangten kirchlichen Gesinnung: Sie muss sich zeigen in Liebe und Treue zu den Nachfolgern der Apostel, zu den Bischöfen, erst recht aber und vor allem in Liebe und Treue zum Nachfolger Petri, dem Papst. Er bildet zusammen mit Christus und unter Christus, den er in sichtbarer Weise zu vertreten hat, das Felsenfundament der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Nichts soll uns in dieser Liebe und Treue irre machen, weder Kritik und Spott der Feinde der Kirche noch das Menschliche und Allzumenschliche, das etwa den Bischöfen und dem Papst anhaftet. Christus wollte seine Kirche ja nicht auf Engel, sondern auf schwache, fehlerhafte Menschen bauen. Wenn sie uns nur immer zu Jesus führen, wie es Andreas bei seinem Bruder Simon gemacht hat. Denn darauf kommt es an: Bei Jesus sein, der auch für uns und unsere Zeit Weg, Wahrheit und Leben ist. Er aber lässt sich nicht von seiner Kirche trennen. Beide gehören zusammen und lassen sich nicht auseinanderdividieren, etwa nach dem völlig falschen Slogan: Jesus ja, Kirche nein. Jesus Christus und seine auf Petrus und die übrigen Apostel aufgebaute Kirche gehören unzertrennlich zusammen wie im Menschen der Kopf und der Rumpf, das Haupt und der Leib mit seinen Gliedern, denn Christus ist das Haupt seines mystischen Leibes, an dem wir seit der hl. Taufe Glieder sind und lebendige Glieder sein und bleiben wollen. Amen.