3.Sonntag im Jahreskreis – B

gehalten im Hohen Dom zu Salzburg am 27.1.1985

 

Am Anfang des heutigen SoEv steht eine kurze, summarische Zusammenfassung der gesamten Predigttätigkeit Jesu: "Die Zeit ist erfüllt! Kehret um! Glaubt an das Evangelium!“ Gemeint ist dabei die Frohbotschaft vom Vatergott, der seinen Sohn zur Erlösung der sündigen Menschheit in die Welt gesandt hat.

Glaubt an das Evangelium! Wie viele Menschen haben sich seither redlich bemüht, diese Weisung des Herrn ernst, ganz ernst zu nehmen, und haben an das Ev nicht nur geglaubt, sondern auch danach gelebt. Die das taten, sind dabei zur Heiligkeit herangereift und zum ewigen Heil gelangt. Wer redlich versucht hat, an das Ev zu glauben und nach dem Ev zu leben, das waren auch unsere christlichen Vorfahren, das waren beispielsweise auch Vater und Sohn Mozart. Heute, am Geburtstag von Wolfgang Ameadeus Mozart dürfen wir ruhig einmal auch in der Predigt und bei diesem sonntäglichen Gottesdienst daran erinnern.

Meist denkt man nämlich nur an die geniale Musikalität Mozarts und seine musikalischen Werke, über deren Aufführung in Auswahl wir uns in dieser Woche freuen. Aber an das Verhältnis Mozarts zur Religion und zur Kirche, der er seit seiner Taufe hier im Salzburger Dom am 28.1.1756 angehörte, denkt man nicht, oder weiß nur von seinem Konflikt mit seinem Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo oder von seiner in Wien vollzogenen Zugehörigkeit zur Freimaurerei. Dass er aber genau so wie sein Vater Leopold zeitlebens kein bloßer Taufscheinkatholik, sondern ein gläubiger Christ und praktizierender Katholik war, vergisst oder verschweigt man.

Beide, Vater und Sohn, kamen nicht nur zum Musizieren in diesen Dom, sondern vor allem auch um zu beten und das Wort Gottes zu hören und den Gottesdienst mitzufeiern. Das alles kann man sehr klar den Briefen von Leopold Mozart und von W.A. Mozart entnehmen. Noch viel mehr müsste man natürlich durch seine kirchenmusikalischen Werke zu dieser Überzeugung kommen.

Beginnen wir mit dem Vater Leopold Mozart. Er nahm es - wie seine Gattin - mit der religiös-sittlichen Erziehung seiner beiden Kinder auf Grund der Verpflichtung des hier im Dom empfangenen Sakramentes der Ehe ganz ernst. Man erfährt dann auch aus den Briefen Leopold Mozarts, wie er bei allen Erfolgen und - was noch mehr ist - bei allen Misserfolgen und schweren Schicksalsschlägen, zuallererst immer Gott die Ehre gab und in seinem Gottvertrauen unerschütterlich war.

Seinen Sohn Wolfgang hielt Vater Leopold Mozart für ein außerordentliches Geschenk Gottes. Er wurde darum nicht müde, auch seinem Sohn diese Überzeugung tief einzuprägen. Leopold Mozart wollte - wie er seinem Hausherrn Lorenz Hagenauer am 30. Juli 1768 schrieb - "der Welt dieses Wunder verkündigen, welches Gott in Salzburg hat geboren werden lassen. Ich bin diese Handlung dem allmächtigen Gott schuldig, sonst wäre ich die undankbarste Kreatur. Und wenn ich jemals schuldig bin, die Welt von diesem Wunder zu überzeugen, so ist es eben jetzt, da man alles, was nur ein Wunder heißt, lächerlich macht und allen Wundern widerspricht...“

Vater Leopold Mozart verließ sich in der Erziehung seines Sohnes nicht auf dessen geniale Begabung, er wusste um die Notwendigkeit der viel wichtigeren übernatürlichen Gnade, die ein Mensch zu seinem inneren Wachsen und Reifen braucht. Diese Gnade wünschte und erbetete er seinem Sohn daheim und im Dom und in den anderen Kirchen Salzburgs bei den Gottesdiensten, aber auch auf seinen Reisen, auf denen niemals das Gebet und die Sonntagsmesse unterblieben.

An seinen Sohn Wolfgang schrieb Vater Leopold Mozart am 23. Oktober 1777: "Ich soll dir zu deinem Namenstag Glück wünschen. Aber was kann ich dir jetzt wünschen, was ich dir immer schon wünsche? Ich wünsche dir die Gnade Gottes, die dich allerorten begleite, die dich niemals verlassen wolle und niemals verlassen wird, wenn du die Schuldigkeit eines wahren katholischen Christen auszuüben beflissen bist. Du kennst mich, ich bin kein Pedant, kein Betbruder, noch weniger ein Scheinheiliger. Allein deinem Vater wirst du wohl eine Bitte nicht abschlagen? Diese ist: dass du für deine Seele besorgt sein wollest..., damit ich mir in der Todesstunde keinen Vorwurf machen brauche, als hätte ich in der Sorge für dein Seelenheil etwas vernachlässigt..." Nein, dieser Vater brauchte sich keine Vorwürfe zu machen. Er tat in der religiös sittlichen Erziehung seines Sohnes alles Notwendige, ja sogar mehr als dies.

Die ganze Familie Mozart besuchte oft und gern die hl. Messe und empfing öfter, als es für einen Katholiken Pflicht wäre, die hl. Sakramente der Buße und des Altares. Auch auf Reisen mit seinem "Wunderkind" praktizierte Vater Leopold Mozart als gläubiger Katholik und ließ sich lieber eine Unbequemlichkeit gefallen, als dass er die hl. Messe versäumt hätte. Auch in ganz schwierigen Umständen, in denen gar mancher Katholik sich heute allzu schnell vom Messbesuch und Sakramentenempfang dispensieren würde, erfüllte Vater Leopold Mozart mit seinem Sohn Wolfgang diese Pflicht, wie z.B. die Ablegung der Osterbeichte in Calais und der Messbesuch in London, worüber im Brief 89 berichtet wird.

Wenn Wolfgang ohne seinen Vater auf Reisen war, dann betete der Vater daheim täglich mit seiner Tochter Nannerl für seinen abwesenden Sohn den Rosenkranz. Wolfgang selbst betete ihn auch, wenn ihn eine große Sorge bedrückte, wie aus dem Brief vom 3. Juli 1778 ersichtlich wird. Der in seiner eigenen Lebensführung auf Zucht und Ordnung bedachte Vater Leopold Mozart forderte gleiches auch von seinem Sohn, ermahnte ihn zu religiös sittlichem Lebenswandel, zum Meiden schlechter Gesellschaft und zur Zurückhaltung dem anderen Geschlecht gegenüber.

Die gute, katholische Erziehung, die Wolfgang Amadeus Mozart im Elternhaus genossen hatte, zeitigte ihre Frucht. Es mag zwar stimmen, was E. Valentin geschrieben hat: "Die Dogmenfestigkeit seiner Kindheit und Jugend machte später bei Wolfgang Mozart einer dem Dogma zwar nicht entfremdetem, aber freieren Beziehung Platz. Aber im Wesentlichen blieb Wolfgang Amadeus Mozart doch bis zum Lebensende ein gläubiger Katholik, der aus dem Glauben lebte und über das im Salzburger Dom empfangene Sakrament der Taufe hinaus auch die anderen Sakramente der Buße und des Altares sowie der Ehe in gläubiger Haltung empfing.“

Als Wolfgang A. Mozart nach 22 Monaten Dienst als Salzburger Domorganist im März 1781 für immer Salzburg verließ und es dann in Wien mit dem bisherigen Arbeitgeber, dem Fürsterzbischof Colloredo, zum Bruch kam, da erlitt seine Religiosität durch verschiedene Umstände zwar eine Abkühlung, aber zu einem Bruch mit seiner gläubig frommen Salzburger Vergangenheit kam es keineswegs.

Und als dem Vater aus Wien verschiedene Gerüchte über die Lebensführung seines Sohnes zu Ohren kamen, schrieb Wolfgang A. Mozart am 13. Juni 1781 aus Wien nach Salzburg: "Wegen meinem Seelenheil seien Sie außer Sorge, mein bester Vater!...Ich höre alle Sonn- und Feiertage meine Messe, und wenn es sein kann, an den Werktagen auch. Im Übrigen seien Sie versichert, dass ich gewiss Religion habe, und sollte ich das Unglück haben, jemals - was Gott verhüten wird - auf Seitenwege zu geraten, so spreche ich Sie, mein bester Vater, von aller Schuld frei. Denn nur ich allein wäre der Schurke. Ihnen habe ich alles Gute sowohl für mein zeitliches als auch für mein geistliches Wohl und Heil zu verdanken".

Wegen seines Verhältnisses zu Constanze Weber, seiner späteren Gattin, und wegen anderer Gerüchte über lockere, unsittliche Lebensführung in Wien verteidigte sich W.A. Mozart seinem Vater gegenüber im Brief vom 15. Dezember 1781 energisch und glaubwürdig. Wolfgangs Ehe mit Constanze-Weber wurde selbstverständlich nach dem Beispiel seiner im Salzburger Dom kirchlich getrauten Eltern ebenfalls durch Empfang des Ehesakramentes geschlossen. Dass diese kirchliche Trauung erst nach vorausgegangenem Empfang der Sakramente der Buße und des Altares erfolgte, wie es sein sollte, erwähnt W.A. Mozart zur Beruhigung des Vaters noch ausdrücklich im Brief vom 17. August 1782.

W.A. Mozart hat seiner Gattin in den neun Jahren der Ehe bis zu seinem allzu frühen Tod am 5. Dezember 1791 rührende Beweise seiner treuen, aufopfernden Liebe gegeben, wie wiederum seine Brief sehr schön bezeugen.

Was Mozarts Zugehörigkeit zur Freimaurerei betrifft - er wurde im Herbst 1784 Mitglied der Loge "Zur Wohltätigkeit" - so ist zu bemerken, dass beim Freimaurerorden damals die antikirchlichen Tendenzen noch nicht offen zutage traten, sondern die Ziele wahrer Humanität, Freundschaft und Geselligkeit viel mehr betont wurden.

Um die bereits über die Freimaurer verhängte Exkommunikation scheint man sich damals in Wien sehr wenig gekümmert zu haben, zumal dem diesbezüglichen päpstlichen Erlass noch das kaiserliche Placet fehlte. Die Freimaurerei hat jedenfalls Mozarts religiösen Anschauungen, wie sie in seinem Salzburger Elternhaus grundgelegt und in Salzburgs Kirchen, vor allem im Dom, vertieft worden sind, nicht wesentlich zu erschüttern vermocht. Er blieb der Kirche und dem katholischen Glauben bis an sein Lebensende treu.

Schönstes musikalisches Dokument dafür aus den allerletzten Monaten seines Lebens ist das vom 17. Juni 1791 stammende, hier im Salzburger Dom oft aufgeführte Ave verum, dieser einmalig schöne Lobpreis auf den uns Menschen entsühnenden Opferleib Jesu Christi, der im eucharistischen Geheimnis wahrhaft und wirklich gegenwärtig ist: "Wahrer Leib, sei uns gegrüsset, den Maria uns gebar, der am Kreuze für uns Menschen Opfer der Erlösung war. Aus der Wunde seines Herzens Blut und Wasser floss im Tod. Jesus, sei uns Trank und Speise in des Lebens letzter Not! Milder Jesus, Sohn Mariens, unsrer Seele höchstes Gut, höre huldvoll unser Flehen, sei uns gnädig, sei uns gut!"