29. Sonntag im Jahreskreis - B
Auf den heutigen 29. Sonntag im Jahreskreis trifft kalendermäßig das, was wir seit Jahrzehnten den „Weltmissionssonntag“ nennen. Wie jedes Jahr im Oktober werden wir dabei wieder daran erinnert, dass die Kirche Jesu Christi, der anzugehören wir das Glück und die Gnade haben, auf Grund des Auftrags ihres göttlichen Stifters eine missionarische Kirche ist und sein muss, denn der Herr hat zu den Aposteln und zu allen, die seine Jünger und Jüngerinnen durch die hl. Taufe geworden sind, verpflichtend gesagt: „Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe!“ (Mt 28,19)
Für uns, die wir nicht wie die Missionare und Missionsschwestern und Missionshelfer hinausziehen können an die vorderste Missionsfront in den Ländern der dritten Welt, für uns gilt der Auftrag des Herrn zwar auch, nur in etwas anderer Form. Für uns heißt dieser Auftrag nicht: „Geht, geht hinaus in alle Welt ...“, sondern: „Helft, helft großmütig durch Euer Gebet und Eure finanziellen Opfer mit“, dass die Missionäre und Missionsschwestern ihre schwere Aufgabe an der vordersten Missionsfront erfüllen können und sich nicht verlassen und ohne Rückhalt aus der Heimat fühlen müssen!
Diese missionarische Verpflichtung der gläubigen Katholiken in der Heimat gegenüber den Missionaren und Missionsschwestern hat eine adelige junge Frau, die 22 Jahre hier in Salzburg lebte, ganz tief erfasst, nämlich Maria Theresia Ledochowska, die hier in der Residenz bei der großherzoglichen Familie Toscana als Hofdame angestellt war. Sie, die aus uraltem polnischen Adel stammte, aber in Loosdorf bei Melk in NÖ im Jahre 1863 geboren wurde, spürte hier in Salzburg immer stärker die innere Verpflichtung, sich in der Heimat für das große, weltweite Missionswerk der Kirche einzusetzen, und zwar vor allem für die von den Kolonialmächten ausgebeuteten und unterdrückten schwarzen Bewohner Afrikas, die damals teilweise noch Opfer des Sklavenhandels wurden.
Die junge Gräfin Maria Thersia Ledochowska erkannte dabei, dass es für die Mission mit dem Sammeln von Geldern allein nicht getan sei. Man musste auch mit Wort und Tat hinter den Missionaren stehen und ihnen aus der Heimat Mittel zur Verfügung stellen. Sie griff zuerst einmal selber zur Feder und versuchte in Zeitschriften Interesse und Begeisterung für das Werk der Katholischen Mission zu wecken. Bei Vorträgen, die sie Land auf Land ab hielt, gelang es ihr, in weiten Kreisen das Interesse für die Mission zu wecken..
Das aber war ihr noch zu wenig: Sie wollte in der Heimat auch das einzige Massenmedium, das es damals gab, das Printmedium, die Druckerpresse in den Dienst der Evangelisierung Afrikas stellen. Mit ihren ersten Mitarbeiterinnen, die sie gewann, schuf sie draußen vor der Landeshauptstadt, in Kasern, in einem alten Gutshof trotz größter Schwierigkeiten und Hindernisse, die ihr gemacht wurden, eine erste Missionsdruckerei in Österreich. Hier wurden Katechismen, Religionsbücher und Zeitschriften, so vor allem das „Echo aus Afrika“ gedruckt und den Missionaren in Afrika zur Verfügung gestellt.
Aus den von ihr 1888 gegründeten Antisklavenvereinen schuf sie 1894 die sogenannte „Petrus-Claver-Sodalität für die afrikanischen Missionen“. Es war das eine ordensähnliche Gemeinschaft, die Maria Theresia Ledochowska unter das Patronat des mutigen Apostels der Schwarzen, St. Petrus Claver stellte. Dieser heilige Jesuit hatte sich im 17. Jahrhundert in Cartagena (Südafrika), das damals als Drehscheibe für den Sklavenhandel galt, ganz in den Dienst der schwarzen Sklaven gestellt. Diesen Heiligen nahm sich die Gräfin Maria Theresia Ledochowska zum Vorbild bei ihrer Arbeit im Dienste der Missionierung der unterjochten Bevölkerung Afrikas. Tatsächlich, wie dieser heilige Jesuit Petrus Claver sich durch seinen selbstlosen sozial-caritativen Einsatz für die Sklaven aus Afrika den Ehrentitel eines „Apostels der Schwarzen“ erwarb, so erwarb sich Maria Theresia Ledochowska durch ihr großes Missionshilfswerk für Afrika den Ehrentitel einer „Mutter Afrikas“, denn sie sorgte sich bis zu ihrem heiligen Tod am 6. Juli 1922 in Rom wahrhaft mütterlich um das seelische und leibliche Wohl der schwarzen Bevölkerung Afrikas.
Unvergesslich ist mir da eine Begegnung mit einem jungen schwarzen Priester aus Kenia vor 25 Jahren bei einem pastoralliturgischen Kongress in Assisi. Ich teilte damals mit diesem schwarzen Priester das bescheidene Zimmer und kam viel mit ihm ins Gespräch über die junge Kirche in Afrika. Eines Tages erzählte er mir ganz begeistert von der „Mutter Afrikas“. Zuerst konnte ich mir nicht recht vorstellen, wen er darunter meine, bis ich darauf kam, die „Mutter Afrikas“ war für ihn Maria Theresia Ledochowska. Und als er erfuhr, dass ich aus Salzburg stamme, brach es begeistert aus ihm heraus: „Ja, dort steht das Mutterhaus der Mutter Afrikas!“ Er meinte darunter das Mutterhaus der Petrus-Claver-Sodalität in Maria Sorg. Ich lud ihn damals nach Salzburg ein. Begeistert nahm er die Einladung an. Wir fuhren gemeinsam nach Maria Sorg hinaus. Und wie strahlte dieser junge schwarze Priester, als er dort den ersten in seiner Muttersprache, in Kisuaheli gedruckten Katechismus in der Hand halten konnte. Und er erklärte mir es noch mal: „Die „Weißen Väter“ sind die geistlichen Väter unseres Glaubens, Maria Theresia Ledochowska aber erachten wir als unsere geistliche Mutter.“
Das Werk der adeligen Wahlsalzburgerin Maria Theresia Ledochowska hat sich seit den Tagen der Gründung im Jahre 1894 in Maria Sorg nach vielen Rückschlägen in den beiden Weltkriegen und in der harten Nachkriegszeit mächtig weiterentwickelt. Niederlassungen der Petrus-Claver-Sodalität befinden sich heute nicht bloß in Österreich und in verschiedenen anderen europäischen Ländern, sondern auch in verschiedenen Ländern Afrikas, Nord- und Südamerikas, Ozeaniens und Asiens.
Maria Theresia Ledochowska aber, diese mutige, selbstlose, seeleneifrige Gründerin des Werkes und der Gemeinschaft opferbereiter Hilfsmissionarinnen, die am 6. Juli 1922 in Rom gestorben ist, ist am Weltmissionssonntag, den 19. Oktober 1975 von Papst Paul VI. zur Ehre der Altäre erhoben und seliggesprochen worden zusammen mit dem deutschen Gründer der Steyler Missionsgesellschaft vom Göttlichen Wort, dem seligen Arnold Janssen, und dem ersten Chinamissionare dieser Missionsgesellschaft, dem liebenswürdigen, bescheidenen Südtiroler Josef Freinademetz. Was war das doch damals ein großer Ehrentag für die Kirche Österreichs, denn alle drei damals Seliggesprochenen waren einst österreichische Staatsbürger, sowohl Maria Theresia Ledochowska, als auch der Südtiroler Josef Freinademetz, aber auch der aus dem Rheinland stammende Arnold Janssen, denn dieser hatte, um sein letztes Missionsseminar in St. Rupert bei Bischofshofen gründen zu können, die österreichische Staatsbürgerschaft angenommen.
Maria Theresia Ledochowska sagte einmal ein Wort, das fast zu ihrer Lebensparole geworden ist: „Ich kenne nichts Schöneres, Herrlicheres und Idealeres, als mitzuarbeiten am großen Missionswerk unserer heiligen katholischen Kirche. Denn zu leben und gelebt zu haben lohnt sich eigentlich nur dann, wenn man durch Arbeit am Heil der unsterblichen Seelen beigetragen hat zur Verherrlichung Gottes!“
Diese große Frau, die 22 Jahre lang in unserer Stadt Salzburg gelebt und gearbeitet und ein großes Werk aufgebaut hat, hätte es längst verdient, posthum zur Ehrenbürgerin unserer Stadt ernannt und mit der Benennung einer Straße mit ihrem Namen ausgezeichnet zu werden.
Unser H.H. Alt-Erzbischof Dr. Karl Berg kannte aus seiner Studienzeit in Salzburg die selige Maria Theresia Ledochowska, er war auch 1975 bei der Seligsprechung in Rom dabei. Er hat im Geleitwort zu einer Broschüre über diese österreichische Selige folgendes geschrieben: „Die Begegnung mit den Stätten des Lebens und Wirkens der seligen Maria Theresia Ledochowska macht uns die ernste Verpflichtung zur Mitarbeit bei der Ausbreitung unseres heiligen Glaubens bewusst und erinnert uns daran, dass Missionstätigkeit und deren Unterstützung eine der schönsten Aufgaben katholischer Christen ist. ... Die Verehrung der seligen Stifterin der Petrus-Claver-Sodalität und die geistige Begegnung mit ihr ist für die Petrus-Claver-Schwestern eine Quelle der Freude und der Ermutigung in ihrem Werk. Möge das Vorbild dieser großen Frau mit Gottes Gnadenhilfe auch heute Mädchen und Frauen dafür gewinnen, sich ganz dem Missionswerk zur Verfügung zu stellen. Mögen die Bilder der Seligen in unseren Kirchen und ihre liturgische Verehrung vielen das Leben dieser Österreicherin nahebringen und Verständnis und Hilfsbereitschaft für die großen Aufgaben der Weltmission wecken. Mit diesem Wunsch verbinde ich den aufrichtigen Dank an die Schwestern in Maria Sorg für ihr stilles apostolisches Wirken für die Mission, den Dank aber auch an alle, die die Petrus-Claver-Schwestern unterstützen. Ich empfehle sie alle dem Schutz und Segen Gottes, der überreich belohnt, was für unsere Brüder und Schwestern in Not in den Missionsländern getan wird.“