1. Sonntag im Jahreskreis – Lj B

Taufe Jesu

gehalten in St. M. Loreto am 10.1.1982

 

Die Taufe Jesu im Jordan mit dem Zeugnis des himmlischen Vaters für seinen menschgewordenen Sohn ist das Festgeheimnis des heutigen Sonntags. Es geht dabei nicht bloß um das geschichtliche Ereignis, dass sich Jesus, der menschgewordene Sohn Gottes, damals, wie viele andere Menschen auch, im Jordan von Johannes taufen ließ, es geht vielmehr vor allem um das, was dabei in geheimnisvoller Weise kundgetan wurde: Dieser Mensch, der sich da mitten unter den anderen Menschen, denen Er in der äußeren Erscheinung völlig gleich war, taufen ließ, ist der menschgewordene Sohn Gottes, an dem der Vater sein göttliches Wohlgefallen hat und den der Vater erwählt hat zur heilsgeschichtlich ungemein bedeutsamen Aufgabe, die sündige Menschheit zu erlösen durch seinen Sühnetod am Kreuz.

Der Taufe Jesu geht die Predigt des Täufers Johannes über Jesus voraus. Diese haben wir uns zuerst noch einmal anzuhören. Es heißt da im Evangelium: "Johannes verkündete: Nach mir kommt der, der stärker ist als ich; ich bin nicht wert, mich zu bücken und ihm die Schuhriemen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit heiligem Geist taufen."

Wollen wir uns des Großen, das hier der Täufer Johannes über Jesus aussagt, bewusst werden, müssen wir uns zuerst der Größe Johannes des Täufers bewusst werden: Die Persönlichkeit des Täufers ist für uns gewaltig, sein Eindruck auf die Zeitgenossen von damals aber war umso gewaltiger, als seit 500 Jahren in Israel kein Prophet mehr aufgestanden war. Gerade auf religiöse Naturen, die so leicht zu einem gewissen Rigorismus und Radikalismus neigen, musste die ernste, strenge des Johannes damals faszinierend wirken, eigentliche sogarl mehr als Jesus von Nazareth, der doch ganz Mensch war und fast wie ein gewöhnlicher Mensch auftrat und aß und trank wie andere auch.

Da musste nun Johannes selbst von vornherein gründlichst Klarheit schaffen. Und es ist sein unsterbliches Verdienst, dass sein Wort über Jesus so eindeutig klar die Größe Christi und die eigene Kleinheit und Unbedeutendheit herausstellt: Das gewaltige Aufsehen, das Johannes von sich gemacht hatte, muss damals eigentlich jäh in sich zusammengebrochen sein, als er klipp und klar erklärte: Der Mächtigere, der Stärkere kommt erst, und das ist Christus!

Man muss sich das nur konkret vorstellen: Johannes, dieser eindrucksvolle Prophet nach einer 500 Jahre dauernden prophetenlosen Zeit in Israel, Johannes, diese starke, kraftvolle Persönlichkeit ist - wie er selbst erklärt - nicht einmal gut genug dazu, Christus tiefgebeugt die Riemen seiner Sandalen aufzulösen. Wer hat ihn je gebeugt gesehen, diesen Johannes, der vor den Behörden der Juden, vor dem König Herodes aufrecht stand wie ein Mann aus Erz und Eisen? Und was dieser Johannes nun noch hinzufügt über den Gegensatz zwischen seiner Taufe und der Taufe, die Christus spenden wird, ist eigentlich für die Zuhörer des Johannes niederschmetternd. "Was ist denn schon meine Taufe? Ich taufe ja nur mit Wasser! Aber die Taufe Christi, ja, die ist gewaltig: Er wird mit Feuer und mit Heiligem Geist taufen! Man muss sich diesen Gegensatz klar bewusst machen. Es ist der Gegensatz von Wasser und Feuer, von Wasser und Geist, von Wasser und Heiligem Geist! Mein Abwaschen - so will Johannes sagen - ist und bleibt nur ein Abwaschen mit Wasser, wie es jeder Mensch schließlich kann - es ist letztlich nicht mehr als jedes andere Tauchbad im Wasser! Aber jener, der da kommt! Sobald Er an die Wasser rührt, werden sie voll vom Hl. Geist! Unter Christi Händen wird auch das geringe Element des Wassers unaussprechlich heilig und heilbringend,

Johannes weiß es und sagt es auch deutlich genug, wie klein er ist gegenüber Christus.

Wenn sogar Johannes, dieser wortgewaltige, ernste Prophet nach Jahrhunderte langer prophetenlosen Zeit so unbedeutend klein ist gegenüber Christus, dass er sich nicht einmal würdig fühlt, ihm die Schuhriemen aufzulösen, wie groß muss dann Christus sein! Das wird nun in erschütternder Weise im weiteren Verlauf des heutigen Evangelium spürbar, wenn es da nun heißt: "In jenen Tagen geschah es - da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. Und sogleich, da Er aus dem Wasser des Jordan wieder herausstieg, sah er den Himmel sich teilen und den Geist wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme erscholl aus dem Himmel: DU BIST MEIN GELIEBTER SOHN, AN DIR HABE ICH MEIN WOHLGEFALLEN."

Schon in der Einleitung zu diesem Bericht klingt eine eigenartige Feierlichkeit an: "Und es geschah in jenen Tagen..." Dieses breite Ausholen des Evangelisten Markus, das sich sonst bei diesem sehr knapp referierender Evangelisten nicht findet, will schon in der Einleitung auf das unerhört Große dieses nun Kommenden hinweisen: Dieser Mensch Jesus, der da wie die anderen Menschen auch in den Jordan hineinsteigt und sich von Johannes taufen lässt, ist eben doch mehr als ein Mensch, er ist Gott von Gott, der Sohn des ewigen Vaters. Der Evangelist Markus berichtet kein Wort darüber, dass Johannes sich geweigert habe, Jesus zu taufen, wie das Matthäus (3,14f) getan hat. Der Evangelist Markus bringt auch keine Erklärung, wieso Er, der Sündelose, dazu kommt, sich taufen zu lassen mit der Bußtaufe. Die Tatsache allein, dass sich dieser Jesus aus Nazareth taufen ließ, ist dem Evangelisten Markus wichtig und wuchtig genug: Er, der ,Sündelose, der Gott von Gott ist und in der Menschwerdung uns Menschen in allem gleich geworden ist, die Sünde allein ausgenommen, hat sich nun auch noch durch die Taufe uns Sündern gleichgestellt.

 Aber "sofort" nachher war es anders: Rascher als die anderen Menschen stieg Jesus aus dem Wasser des Jordan heraus. Und wie er heraussteigt, da öffnet sich urplötzlich der Himmel, nein, er spaltet sich, er „reißt auseinander" — so formuliert es der Evangelist Markus, nicht so blass, wie die anderen Evangelisten, die von einem "Sich—öffnen" des Himmels schreiben. Ein Lichtstrahl muss niedergefahren sein durch einen blitzschnell sich öffnenden Spalt am sichtbaren Himmel. Und der Geist kam herab. Die Taube ließ sich nieder über dem Haupt Jesu. Und dann ertönt die Stimme aus dem Himmel. Es ist ein direktes Reden vom Vater zum Sohn: "Du bist Mein Sohn, der Vielgeliebte". Eigentlich heißt es: der Einziggeliebte, im Hebräischen "jachid", der einzig wahre und eigentliche Sohn Gottes, neben dem es keinen anderen gibt. Der Nachsatz bekräftigt das noch, wenn es da noch heißt: "An dir habe Ich mein Wohlgefallen". An keinem anderen sonst hat der himmlische Vater so wie an diesem seinem einzigen Sohn sein Wohlgefallen.

Christus, der einzige, eingeborene, wesensgleiche Sohn Gottes, der zwar ganz Mensch ist wie wir, und doch unsagbar mehr wie wir, unsagbar mehr auch als die Propheten, unsagbar mehr auch als der letzte der alttestamentlichen Propheten.

Und dennoch ist dieser vielgeliebte Sohn des himmlischen Vaters von Ihm dazu erwählt, uns die Gnade zu verdienen, dass auch wir armen Sünder durch die Taufe, die nicht mehr eine bloße Wassertaufe, sondern Taufe im Wasser und im Hl. Geist ist, zu Söhnen und Töchtern Gottes werden, Söhne im Sohn, dem einzigen, der dies von Natur aus ist, während wir es durch gnadenhafte Adoption in der Taufe geworden sind.

Was wohl die Menschen damals bei der Taufe Jesu über das Erlebte und Gehörte gedacht und daraus gefolgert haben mögen? Zum mindesten war ihnen wohl dies aufgegangen: Dieser Jesus, der da wie einer aus der großen Masse der Menschen, wie einer aus uns ins Wasser des Jordan zur Bußtaufe des Johannes hineingestiegen ist, ist dennoch ein ganz Besonderer: Er ist doch kein Mensch wie wir alle, er ist zwar Mensch in seiner ganzen menschlichen Erscheinung, und dennoch unsagbar mehr wie wir alle. So viel mögen die Menschen aus den geheimnisvollen Worten aus Himmelshöhen herausgespürt haben: "Dieser ist Mein vielgeliebter Sohn..." Mehr haben sie wohl kaum begriffen. Aber sie begannen damals wenigstens zu ahnen, dass dieser Jesus etwas Einmaliges, Einzigartiges ist und dass er nicht in die gewöhnlichen Kategorien einzuordnen ist. Und staunend werden sie sich später bei seinen Worten und bei seinen Wundern immer wieder gefragt haben: "Wer ist doch dieser...?"

Dass es doch auch bei uns so sei und uns das Staunen über diesen Mann aus Nazaret immer wieder überfallen sollte und uns immer wieder weiterhelfen sollte zum Glauben an das eigentlichste und tiefste Persongeheimnis dieses Jesus von Nazaret: Er ist Gott und Mensch zugleich! Und wenn er der vielgeliebte Sohn des himmlischen Vaters ist, dann verdient er auch unsere Liebe, dankbare Liebe, zumal er uns in unserer Taufe Anteil gewährt hat an seiner einzigartigen Gottessohnschaft durch die heiligmachende Gnade, die Taufgnade der Gotteskindschaft. Wir sind durch unsere Taufe "Söhne im Sohn" geworden und sollten uns durch ein lebendiges Taufbewusstsein und durch ein unserer Würde als Söhne und Töchter Gottes entsprechendes Leben bemühen, dass auch an uns der Vater sein Wohlgefallen finde und mit immer mehr Recht zu einem jeden von uns sagen könne: "Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dem und an der Ich mein Wohlgefallen habe!“

Bewahren wir uns den Glauben an das wahre, wirkliche Persongeheimnis des menschgewordenen Gottessohnes Jesus Christus und lieben wir ihn über alles, wie es in einem schönen Hymnus im Stundengebet der Kirche heißt:

 

"Christus, göttlicher Herr,

Dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben:

unbewusst, wer Dich nicht kennt;

sehnsuchtsvoll, wer um Dich weiß.

Christus, Du bist meine Hoffnung, mein Friede,

mein Glück, all mein Leben.

Christus, Dir neigt sich mein Geist;

Christus, Dich bete ich an:

Christus, an Dir halt' ich fest

mit der ganzen Kraft meiner Seele:

Dich, Herr, lieb' ich allein –

suche Dich, folge Dir nach."

 

Und das Zweite, worum wir füreinander beten sollen, dass wir es uns bewahren: Die Taufgnade, durch die wir in Ihn eingegliedert wurden und Ihm ähnlich geworden sind auf Grund der Teilhabe an der göttlichen Natur: "Christ, erkenne Deine Würde!" So rief Papst Leo d.Gr. seinerzeit den Christen zu. Christ, erkenne deine Würde, deinen Adel. Du bist auf Grund der hl. Taufe kein Lasttier, keine Maschine, sondern Adoptivsohn, Adoptivtochter Gottes. Achte diese Würde an dir und an den andern!