Dreifaltigkeitssonntag im Jahreskreis B

gehalten in St. M. Loreto am 10. Juni 1979

 

Am vergangenen Pfingstmontag musste ich in der altehrwürdigen, im Jahre 760 gegründeten Benediktinerabtei Ottobeuren im bayerischen Allgäu eine Festpredigt halten. Dabei ist mir freudig zum Bewußtsein gekommen, wie die dortige barocke Stiftskirche ganz trinitarisch gestaltet ist, beginnend mit dem herrlichen Hochaltarbild, das die drei göttlichen Personen in einmalig schöner, beeindruckender Weise von Engeln umschwebt darstellt. Und ich erfuhr dabei, dass der Pfarrer und Erbauer dieser Kirche ein ganz großer Verehrer der hlst. Dreifaltigkeit war: Abt Rupert Neß! 40 jährig war er zum Abt der Reichsabtei Ottobeuren gewählt worden und nun als Reichsprälat und fürstlicher Regent eines Klosterstaates für 10.000 Untertanen verantwortlich. Er durfte auch ein Wappen führen, wobei er sich dazu in einem Schrägbalken drei Ringe erwählte. Er gab diesem Wappenbild eine trinitarische Deutung, die - von seiner Hand geschrieben — noch erhalten ist und folgenden Wortlaut hat: “Mein Gott! Ich will mich in diesen drei Ringen (in meinem Wappen) mit Dir aufs neue als mit meinem dreieinigen Gott gleichsam vermählen und an Eidesstatt geloben, dass ich die weiteren Tage meines Lebens in meiner mir von Dir anvertrauten Regierung nichts anderes suchen will als Dich, den Einen und Dreifaltigen Gott, die unerschaffene hlste. Dreifaltigkeit. Deine Liebe, Deine Ehre, Dein Wohlgefallen; und dies in wahrem, lebendigem Glauben, in starker Hoffnung, in brennender Liebe. Und dies nicht nur für meine Person, sondern auch in allen Aufgaben und den meiner Sorge Anbefohlenen - diese dorthin zu leiten, dass sie Dich, den Einen und Dreieinigen Gott wahrhaft suchen.“

Weiter fährt der fromme Abt in der Erklärung seines Drei-Ringe-Wappens fort und schreibt noch: Die drei Ringe seien auch dreimal der Buchstabe „O“ - womit er alle seine ihm anvertrauten Schafe mit der Liebe des Guten Hirten umsorgen wolle: “omnes oves osculor“ und womit er seiner Abtei Ottobeuren alles zum Opfer bringen wolle: “Ottoburae omnia offero“ und dreifach die Hilfe des dreifaltigen Gottes anrufe.

 

Dann fügt der fromme Abt noch hinzu, man könne in den drei Ringen in seinem Wappen auch drei Nullen sehen, “womit er anzeigen wolle, was er selbst sei, ein dreifaches Nichts, eine dreifache Null gegenüber dem starken, mächtigen Gott“, auf dessen Beistand er, die dreifache Null, total angewiesen sei.

Von dieser Grundhaltung waren dann die drei Jahrzehnte des Lebens und Wirkens dieses frommen, wahrlich nicht lebensfremden, sondern ungemein lebenstüchtigen Abtes gekennzeichnet. In ausführlichen Eintragungen in 14 Bänden seiner Tagebücher gab er sich selbst immer wieder Rechenschaft, ob er auf dem dreifachen Gebiet der Ordenszucht und Seelsorge (Regularia), der Regierung seines Fürstentums (Politica) und der Wirtschaft (Oeconomica) alles zur größeren Ehre des dreifaltigen Gottes getan habe. Dabei steht im Tagebuch dieses Abtes immer wieder die Bemerkung: “Gott, der Eine und Dreieine sei aller meiner Aufgaben Anfang und Ziel“ (“Deus unus et trinua sit omnium agendorum principium et finis“).

 

Mit welcher Schaffensfreude und mit welch unermüdlichem Eifer dieser Abt ans Werk ging, beleuchtet eine weitere, oft wiederholte Eintragung im Tagebuch: “Gepriesen sei Gott, der Eine und Dreieinige, der (mir) solche Gelegenheit gab, Ihm zu dienen“. — “Gott, der Eine und Dreieinige, möge das Vollbringen schenken der auch das Wollen gegeben hat! Auf seine alleinige Ehre und Verherrlichung sollen alle (meine) Bestrebungen gerichtet sein!“

 

Neben seiner klugen Politik und sorgsamen, erfolgreichen Wirtschaftsführung wurde die Hauptaufgabe dieses Abtes das heute noch bewunderte Bauwerk der barocken Klosteranlage und Kirche von Ottobeuren. Er nahm diesen Bau im ersten Jahr seiner Regierung 1711 in Angriff mit der Eintragung im Tagebuch:

 

“Gepriesen sei Gott, der Eine und Dreieinige, dessen Ehre und Verherrlichung alles gewidmet sei, was (jetzt) in Ottobeuren gebaut wird!“

Er wollte der hlsten Dreifaltigkeit in Kloster und Kirche ein würdiges Haus bauen. Darum ließ er die Klosteranlage mit drei Innenhöfen anlegen und ließ auch in der Ausstattung des Klosters und seiner Räume immer wieder in Gemälden, in Zeichen und Symbolen der in der ganz bewussten Dreiteilung der Räume usw. an die hlste Dreifaltigkeit erinnern. Das ging so weit, dass auch die Klosteruhr heute noch im Dreiklang die Stunde schlägt. Auf dem Perpendikel dieser Klosteruhr sieht man auch noch das Zeichen der hlsten Dreifaltigkeit.

Im Nachlass dieses frommen Abtes fand sich auch ein kleines Büchlein, das das geistliche Testament des Verstorbenen enthält, in welchem in verschiedensten Variationen immer wieder das „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Hl. Geist“ anklingt. Nur ein paar Beispiele daraus:

 

“Ehre sei dem Vater, aus dem alles seinen Anfang nahm,

                       dem Sohn, durch den alles in Weisheit zum Heile der

                       Menschen geworden,

                       dem Hl. Geist, in dem alles in Vollendung verbunden ist.

Ehre sei dem Vater, aus dem alle Vaterschaft im Himmel und auf Erden ist,

                       dem Sohn, durch den alle Kindschaft ist,

                       dem Hl. Geist, in dem alle Heiligkeit und Heiligung ist.

Ehre sei dem Vater, aus dem alle Einheit,

                       dem Sohn, durch den alle Gleichheit,

                       dem Hl. Geist, in dem alle Liebe und Eintracht ist.

Ehre sei dem Vater, aus dem alle Kraft,

                       dem Sohn, durch den alle Weisheit,

                       dem Hl. Geist, in dem alle Güte ist

Ehre sei dem Vater, der mich vorherbestimmt hat (zu ewigem Glück),

                       dem Sohn, durch dessen Blut ich reingewaschen bin,

dem Hl. Geist, in dem ich auf ewig verherrlicht werde!

Ehre sei dem Vater, dem ich mein Denken darbringe,

dem Sohn, dem ich mein Erkennen weihe,

dem Hl. Geist, dem ich mein Lieben zueigne.

Ehre sei dem Vater, auf den ich mein Denken lenke,

dem Sohne, an den ich mein Reden richte,

dem Hl. Geist, auf den ich mein Handeln ausrichte.

Ehre sei dem Vater, den ich liebe mit aller Kraft,

dem Sohne, den ich liebe mit all meinen Sinnen,

dem Hl. Geist, den ich liebe aus ganzem Herzen.

Ehre sei dem Vater, der meinen Glauben vermehre,

dem Sohne, der meine Hoffnung stärke,

dem Hl. Geist, der meine Liebe entzünde.

Ehre sei dem Vater, dem zuliebe ich die Armut erwähle,

dem Sohne, dem zuliebe ich die Keuschheit schätze,

dem Hl. Geist, dem zuliebe ich den Gehorsam liebe.

Ehre sei dem Vater, der Maria zur Tochter erwählte,

dem Sohne, der Maria zur Mutter erkor,

dem Hl. Geist, der Maria zur Braut erwählte.

 

Das waren ein paar Beispiele dafür, wie ein edler Priester und Prälat in der Barockzeit des 18. Jahrhunderts aus seinem Christenleben, aus seinem Priesterleben ein lebendiges Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Hl. Geist gemacht hat. Ob es sich nicht lohnen würde, solch tninitarische, dreifaltige Lebenshaltung auch in unserem Leben zu verwirklichen? Als dieser Abt Rupert Neß, der Sohn eines schlichten Schmiedemeisters aus Wangen im Allgäu, am 20.Oktober 1740 seine Seele dem “Einen und Dreieinigen“, für den er gelebt und gearbeitet, gebetet und geopfert hatte, zurückgegeben hatte, trug der Pfarrer seiner Heimatstadt Wangen im Taufbuch beim Namen des Verstorbenen etwas nach, das vielsagend ist, nämlich: „Dieser hier am 24. November 1670 auf den Namen Johannes Chrys. Neß im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes Getaufte starb als Reichsprälat von Ottobeuren am 2O. Oktober 1740 im Ruf der Heiligkeit, weil er alles getan hatte als “Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto“. Wahrlich, ein nachahmenswertes Beispiel auch für unsere Zeit, und zwar nicht bloß für die Priester und Ordensleute, sondern auch für die Laien, denn wir alle sind einmal getauft worden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes und sollen einmal nach ernstem Ringen und Streben nach Vollkommenheit und Heiligkeit einstimmen in das im Himmel aus dem Mund aller zur Seligkeit gelangten Engel und Menschen ewig fortklingende “Gloria Patri...“

Möge jedes Kreuzzeichen, mit dem wir uns andächtig bekreuzen, uns immer an diese größte und schönste Lebensaufgabe erinnern. Und wenn ich eine Kleinschrift herausgegeben habe mit dem Titel: “Vergesst das Kreuzzeichen nicht!“, so könnte man auch schreiben: “Vergesst den dreifaltigen Gott nicht, wenn ihr über euch das Kreuz macht, das bei der hl. Taufe der Taufpriester über euch gemacht hat!

In diesem Zusammenhang ist mir immer das sogenannte kleine Kreuz vielsagender als das große, wenn wir ein Kreuzchen auf unsere Stirne machen “im Namen des Vaters“ und ein Kreuzchen über unseren Mund machen “im Namen des Sohnes“ und ein Kreuzchen auf unserer Brust machen “im Namen des Hl. Geistes“, denn das Kreuzchen auf unserer Stirne, das dem Vater gilt, soll uns daran erinnern: Alles, was ich denke, soll so gedacht sein, dass Gott Vater daran Freude haben kann; ich will nichts Schlechtes, nichts Unsauberes, nichts Liebloses denken, sondern mich bemühen, den Vater in seiner wunderbaren Majestät und Größe und Vorsehung immer besser kennenzulernen.

Und das Kreuzchen, das ich über meinen Mund mache im Namen des Sohnes soll mich gemahnen: Ich will alles, was ich rede, so reden, dass der Sohn, das ewige fleischgewordene Wort daran Freude haben kann: Ich will kein Wort der Lüge und Unwahrhaftigkeit, kein Wort der Lieblosigkeit, kein Wort der Taktlosigkeit und Schamlosigkeit sprechen in dankbarer Erinnerung an das ewige Wort Gottes, den wesensgleichen Sohn des Vaters.

Und das Kreuzchen, das ich über meiner Brust, also über meinem Herzen mache im Namen des Hl. Geistes, der die Liebe zwischen Vater und Sohn ist, soll mich daran erinnern, dass ich vor allem das größte und erste Gebot der doppelten Liebe, der Gottes— und der Nächstenliebe zu erfüllen habe. Denn meine eigentliche Lebensaufgabe ist: Gloria Dei in amore Dei, Verherrlichung des dreifaltigen Gottes in der Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen, die dieser dreifaltige Gott — genau so wie mich — erschaffen und erlöst und geheiligt hat.

Amen.