Osternacht 1991
Zur Freude aufgerufen!
Zur Freude aufgerufen, zur wahren Osterfreude, ja, das sind wir heute und morgen und übermorgen und die ganze Osterwoche, noch mehr, die ganze österliche Zeit, denn der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden, Alleluja.
Glücklich der Mensch, der Ostern wirklich mit wahrer Osterfreude im Herzen erlebt, dann ist ihm Ostern nicht bloß ein doppelter Ruhetag, dann ist ihm Ostern das, was es im Sinn der Kirche ist und sein und bleiben wird: das älteste, höchste, ehrwürdigste und gnadenreichste Fest der ganzen Christenheit, das so hoch ist, dass es die Kirche nicht bloß einen Tag, nicht bloß eine Oktav, also eine Woche lang feiert, sondern eine Jubeloktav lang, sieben mal sieben Tage lang, also 49 Tage lang, und der 50. Tag — griechisch Pentekoste - verdeutscht: Pfingsten, ist dann der festliche Abschluss von Ostern, weil an diesem Tag der gekreuzigte, auferstandene und erhöhte Herr den durch seinen Tod am Kreuz uns verdienten Heiligen Geist als kostbarstes Ostergeschenk gesandt hat, uns und der ganzen Kirche. Darum betet die Kirche im großen vierten, heilsgeschichtlichen Hochgebet der hl. Messe: „Damit wir nicht mehr uns selber leben, sondern Ihm, der für uns gestorben und auferstanden ist, hat Er von Dir, Vater, als erste Gabe für alle, die glauben, den Heiligen Geist gesandt. Dieser soll das Werk Deines Sohnes auf Erden weiterführen und alle Heiligung vollenden.“ Osterfreude ist darum Freude im Heiligen Geist; Osterfreude ist geistliche Freude über die Auferstehung des Herrn, Freude über unsere Erlösung aus Sündennot und ewiger Verdammnis.
So erging es dem auf die Insel Patmos verbannten Apostel Johannes am Ostersonntag um das Jahr 100. In einer ergreifenden Vision schaute er den auferstandenen Herrn mit den untrüglichen Zeichen seiner Göttlichkeit und seiner hohepriesterlichen Würde, bekleidet mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand, wie die Hohenpriester sich kleideten, gegürtet um die Brust mit goldenem Gürtel, wie sich die Könige gürteten, sein Haupt und seine Haare weiß wie Schnee im Lichtglanz seines himmlischen Wesens, seine Augen wie Feuerflammen, alles durchdringend mit dem Strahl seiner Allwissenheit, seine Füße wie Erz, unüberwindlich und stark, seine Stimme wie das Rauschen gewaltiger Wasser, unüberhörbar und mächtig, in seiner rechten Hand sieben Sterne haltend, als Herr des Weltalls und der Kirche, und aus seinem Mund kam ein zweischneidiges Schwert, bildhafter Hinweis auf seine richterliche Macht, schneidend und scheidend: Kommt, ihr Gesegneten Meines Vaters! Weicht, ihr Verfluchten in das ewige Feuer!
Diese Vision war so gewaltig, ja so überwältigend, dass der Apostel Johannes, wie er es selber in der Geheimen Offenbarung schildert, von der Wucht des Geschauten wie tot zu Boden stürzte.
So mögen damals in der Osternacht bei der Auferstehung des Herrn die Grabwächter zu Boden gestürzt und dann in Angst und Furcht davongestürzt sein zu ihren verblendeten Auftraggebern. Ihnen blieb die Furcht. Dem Apostel Johannes auf Patmos aber wandelte sich an jenem Ostersonntag auf der einsamen Insel der Verbannung die Furcht in Freude, in heilige Osterfreude. Denn der ihm erschienene auferstandene Herr legte seine rechte Hand auf seinen Lieblingsjünger und sprach: „Fürchte dich nicht! ICH bin es, der Erste und der Letzte und der LEBENDIGE. Ich war tot, doch siehe, Ich lebe in Ewigkeit und halte die Schlüssel des Todes und des Totenreiches in Meiner Hand!“
Ein ergreifend schönes, wahrhaft österliches Bild, das uns da in der Geheimen Offenbarung 1,12 entworfen worden ist: Die rechte Hand des auferstandenen Herrn, die zuerst die sieben Sterne hielt, legte sich nun auf den wie tot vor Ihm liegenden Apostel Johannes und wandelte sich hier in die Hand des gütigen Meisters, der so oft – auch am Auferstehungstag — zu den geängstigten Aposteln gesprochen hatte: „Fürchtet euch nicht, Ich bin es!“
Nicht Furcht, sondern FREUDE soll in den Herzen der Jünger Christi sein. Und zur Begründung dafür sagte Christus dem Apostel Johannes und in ihm allen seinen Jüngern: „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot. Doch siehe, — etwas Wunderbares und Unerhörtes ist in Meiner Auferstehung geschehen — Ich lebe in alle Ewigkeit!“ Jesus wollte seinen Jünger Johannes und allen seinen Jüngern sagen: „Ich habe, um euch Menschen zu erlösen, den Tod erlitten. Aber der Tod war nicht das Ende. Der Tod war nur das Tor zum wahren Leben. Der Vater hat mich auferweckt. So soll es auch bei euch sein, jetzt schon der Seele nach, einmal auch dem Leibe nach! Darum fürchtet euch nicht, sondern freut euch! Sogar die mächtigste Macht, die Macht des Todes, hat Christus besiegt in seiner Auferstehung, Er hält die Schlüssel des Todes und des Totenreiches in der Hand.
Welcher Jünger Christi dürfte da traurig sein und dürfte sich da fürchten? Angst und Furcht gilt nur den Feinden Christi, seinen Freunden aber, seinen Jüngern bringt der Auferstandene Osterfriede und Osterfreude und anstelle des Todes wahrhaft österliches, göttliches Leben, das Er, der Gekreuzigte und Auferstandene, uns erstmalig verliehen hat in der hl. Taufe.
Leben wir darum als wahrhaft österliche Menschen, als Getaufte, die sich über die Tatsache freuen, dass wir mit Christus der Sünde abgestorben und begraben worden sind, aber mit Christus auch auferstanden sind zum göttlichen Leben der Gnade!
Darum: Nicht Furcht, sondern Freude, geistliche Freude, Osterfreude soll uns gläubige Menschen erfüllen, Osterfreude in Jesus Christus. Amen