Der marianische Papst Johannes Paul II.

13. Mai 1995

 

Mit Blick auf den morgigen Muttertag wäre es sicher sinnvoll am Abend dieses 13. Mai über die beste aller Mütter, die heiligste aller Mütter, aber auch die schmerzerfüllteste aller Mütter zu predigen.

Ich wollte aber mit dem Blick auf den 18. Mai über ein anderes Thema sprechen. Was ist denn los am kommenden Donnerstag, den 18. Mai? Einer hat an diesem Tag seinen 75. Geburtstag: Papst Johannes Paul II., der durch und durch marianische Papst, dem es ein Herzensanliegen ist, dass die ganze Kirche und alle, die zu ihr gehören sich nach seinem Bespiel der himmlischen Mutter weihen, sie lieben, verehren und nachahmen in ihren Tugenden.

Es ist heute fast ein Wagnis, über diesen Papst zu sprechen, denn so viele bis hinein in die Reihen der Priester lehnen diesen Papst ab: Ein angesehener katholischer Schriftsteller hat in einem Artikel im „Sendboten des hl. Antonius“ (5.5.1995) im Anschluss an die Worte in der Leidensgeschichte Jesu bei Mt 27, 29-30: „Sie verhöhnten Jesus und spuckten ihn an“ folgendes geschrieben: Heute geht es genauso Papst Johannes Paul II. „Sie spucken diesen Mann an, der nichts anderes „verbrochen hat“ als seinem Herrn die Treue zu halten und die anvertrauten Wahrheiten zu verteidigen. Wie eine Schlammflut ergießen sich Spott, Verleumdung und Hohn der heutigen Medienmafia über diesen Papst. Diese Niedertracht sprengt dabei sogar die Grenzen des Anstandes. Hass und Feindschaft ersinnen täglich neue Konstrukte von Häme und Hetze und infiltrieren diese über Presse und Fernsehen in die Bewusstseinszelle der Volksmassen.... „Andere ohrfeigten Jesus“ heißt es bei Mt 26,67: Mit dem Papst macht man es heute genauso: Gruppen und Gremien, auch in der eigenen Kirche, vernetzen ihre Oppositionsstrategien gegen den, koordinieren ihre Angriffe und schüren so einen Brand der Aversion gegen ihn. Andere wieder (auch Priester) rufen zu Ungehorsam (gegen ihn) auf und holen sich dafür Beifall aus den Reihen der Kirchenfeinde. Lieblose Anwürfe unreflektierter Besserwisserei und autonomer, selbstherrlicher antiautoritärer Selbstbestimmung beherrschen zunehmend das Feld der veröffentlichten Meinung. Es ist demütigend für den Papst und die Kirche, die um die Bedeutung und Wichtigkeit des Petrusamtes weiß. Und es tut weh: So viele schlagen dem Papst psychisch ins Gesicht...

„Sie suchten nach einer Möglichkeit, IHN zu töten“ heißt es von Jesus bei Mk 14, 19. Und wieder trifft das auf den gegenwärtigen Papst zu: Denken wir nur an den 13. Mai 1981. Auf dem Petersplatz in Rom wurde der Papst jubelnd von den Menschen begrüßt. Ein Familienvater reichte gerade dem Papst seine kleine Tochter, die zweijährige Sara Partoli in die Arme. Das war um 17.16 Uhr. Johannes Paul II. reichte das Mädchen dem Vater zurück – Da war es 17.17 Uhr. Schüsse fielen. Schwer getroffen brach der Papst zusammen. Sein weißer Talar färbte sich langsam rot!

Er wurde wieder von der schweren Verwundung der inneren Organe geheilt; er kam mit dem Leben fast wunderbar davon. Man schreibt das Wunder der Gnadenmutter von Fatima zu. Jedenfalls pilgerte der Papst ein Jahr darauf, am 13.5.1982, nach Fatima, um dort Maria den Dank abzustatten. Und er arbeitete dann wieder weiter. Um dem Auftrag des Herrn an Petrus „Du aber stärke deine Brüder!“ (Lk 22,32) nachzukommen, legte Johannes Paul II seine vielen, beschwerlichen apostolischen Pilgerfahrten über Kontinente und Meere hinweg zurück, bisher mehr als 800.000 km.

Überall – in Rom und in der weiten Welt – verkündete dieser Papst das Evangelium der Wahrheit, das Evangelium des Lebens und tröstete, ermutigte, ermahnte, ganz gleich ob gelegen oder ungelegen. Es ging ihm immer nur um die Heilbotschaft dessen, der von sich sagen konnte: “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“

Papst Johannes Paul II. ging in den zurückliegenden 15 Jahren einen harten, leidvollen Kreuzweg. Er nahm in der Nachfolge Christi das Kreuz auf sich, stillschweigend, leidend, voll Demut und Ergebenheit: ER weiß, warum, er steht mit dem ganzen existentiellen Einsatz seiner menschlichen Kräfte und Fähigkeiten hinter seiner schweren Aufgabe. Darum ist auch jetzt im hohen Alter von 75 Jahren in seinem Blick keine Spur von Resignation, von Bitterkeit oder Selbstbemitleidung. Im Gegenteil, wenn man ihm in seiner durch Alter und Krankheit bedingten Gebrechlichkeit in die Augen schauen kann, glaubt man ein inneres Strahlen zu spüren, das tiefe Glück eines von Gott Erwählten und Berufenen, der in den Tiefen seiner Seele von der ewigen Wahrheit getroffen und ergriffen ist, die nicht aus dieser Welt stammt.

Seine Kraft schöpft dieser Mann aus dem Quell froher christlicher Hoffnung. Und man spürt es: Er hat diese Schwelle der Hoffnung, um den Titel seines Buches zu zitieren, überschritten. Sein offener Blick sagt uns ermutigend: Habt keine Angst, habt keine Furcht! Christus ist bei uns „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 18,20) und die Mutter hüllt mich und euch in ihren Mantel und führt mich und euch an ihrer gütigen Mutterhand den rechten Weg zum Heil!

Da stehe ich nun bei dem, worauf ich am heutigen Fatimatag besonders hinweisen wollte: die marianische Haltung, die diesem Papst bei allem Spott und Hohn, bei aller Verkennung seiner besten Absichten und bei aller Hetze gegen ihn und die von ihm regierte Kirche die nötige Kraft zum Durchhalten gibt.

Er hat diese seine marianische Haltung vom Anfang seines Pontifikates oder eigentlich vom Anfang seines Priestertums zum Ausdruck gebracht mit dem Wahlspruch „Totus tuus“ („ganz dein, Maria!“)

Maria, die jungfräuliche, unbefleckt empfangene Mutter des menschgewordenen Gottessohnes Jesus Christus, ihre Verehrung in kindlicher Liebe, ihre Nachahmung und ihr Weggeleit hin zu Christus, das ist dem Papst ein zentraler Punkt seines Glaubens, Hoffens und Liebens. Innige Marienverehrung ist bei Papst Johannes Paul II. nie etwas Aufgezwungenes, Konventionelles, sondern gehört zu seinem ganzen Wesen, sie ist ein ganz entscheidend wichtiges Element in seinem Charakterbild. Man hat dabei freilich mit Recht die Bemerkung gemacht, dass die ganze Art und Weise, wie dieser Papst aus Polen Maria sieht und was sie für ihn bedeutet, sehr stark bestimmt ist von der Umwelt, in der Karol Wojtyla aufgewachsen ist. Er ist Pole und zum polnischen Volk gehört die Verwurzelung der Marienfrömmigkeit in der Seele und im Gemüt dieses Volkes. Es ist ja nicht zu verwundern, dass die Verehrung der Gottesmutter tief beheimatet ist in einem Volk, das im Lauf seiner überaus leidvollen Geschichte immer seine Zuflucht zur himmlischen Mutter und Königin genommen hat und dabei oft ganz auffallend deren Hilfe und Trost erfahren hat.

Die leibliche Mutter hat der junge Karol schon als Neunjähriger durch den Tod verloren, dafür aber schenkte er von da an der himmlischen Mutter seine ganze Liebe: In der Stadtpfarrkirche seiner Geburtsstadt von Wadowice hängt hochverehrt das Bild der „Mutter von der immerwährenden Hilfe“. Davor betete der kleine Karol wohl fast täglich.

Einen entscheidenden Einfluss auf die marianische Haltung des jungen Wojtyla übte dann bald schon das Goldene Buch des hl. Ludwig M. Grignon von Montfort „Über die vollkommene Verehrung der Heiligen Jungfrau“ aus. in seinem Buch „Die Schwelle der Hoffnung“ (S. 238) schreibt der Papst: „Dank des hl. Ludwig M. Grignon von Montfort begriff ich damals, dass die wahre Verehrung der Mutter Gottes christozentrisch und tief im Geheimnis des dreifaltigen Gottes sowie in den Geheimnissen der Menschwerdung und der Erlösung verwurzelt ist... Diese reife Form der Marienverehrung ist mir (aus meiner Jungend) geblieben.“

Maria hat den jungen Karol in schwerster Kriegszeit auf dem Weg zum Priesterberuf geführt. Als der junge Kaplan und dann der junge Philosophieprofessor Karl Wojtyla schließlich am 4. Juli 1958 mit 38 Jahren z um Weihbischof von Krakau ernannt wurde, wählte er für sein Wappenschild ein großes Kreuz, darunter setzte er den Buchstaben M, den Anfangsbuchstaben des Namens MARIA, weil sie unter dem Kreuze stand und dadurch mit dem Erlösungswerk Christi aufs engste verbunden ist. Darunter setzte er damals den vielsagenden Wahlspruch „Totus tuus“ – „Ganz dein eigen“! Es klingt dabei das bei uns beliebte Mariengebet an: „Jungfrau Mutter Gottes mein, lass mich ganz dien eigen sein, dein im Leben, dein im Tod... dein in Unglück Angst und Not, dein im Kreuz und bittrem Leid, dein für Zeit und Ewigkeit.“ Wie ist das alles in den 75 Lebensjahren, vor allem in den Priester- und Bischofsjahren von Karol Wojtyla, ganz besonders aber in den 15 Jahren seines Pontifikats in Erfüllung gegangen.

Er hat immer seine Weihe an Maria, seine Ganzhingabe an sie und durch sie an Christus ganz ernst genommen, auch im Kreuz und bittrem Leid.

Er wollte, dass auch alle gläubigen Katholiken, ganz gleich welcher Nation sie angehören, sich ebenfalls Maria weihen. Darum hat Papst Johannes Paul II. die erstmalig von Pius XII. am 8. Dez. 1942 vorgenommene Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Marias am 24. März 1983 vor der Pilgerstatue U.L. frau von Fatima zusammen mit allen Bischöfen der Welt feierlich erneuert. Das Gleiche tat er auf allen seinen missionarischen Pilgerreisen zu den verschiedensten Nationen: ER suchte in fast allen Ländern das dort bestehende bedeutendste Marienheiligtum auf und nahm dort mit den Bischöfen des betreffenden Landes und seinen Priestern und Gläubigen die Weihe an Maria mit einem selbstverfassten weihegebet vor. So machte es der Hl. Vater auch bei uns in Österreich am 12. September 1983 in Mariazell.

Die Liebe dieses Papstes zu Maria hat in gewisser Hinsicht einen Höhepunkt erreicht, als er anlässlich des 2000. Geburtstages Mariens ein MARIANICHES JAHR 1987- 88 ausschrieb und dazu seine marianische Enzyklika „Redemptoris mater“ verfasste mit tiefgehenden theologischen Meditationen über das Mariengeheimnis. Dieses marianische Weltrundschreiben über Maria schließt sich eng an die marianischen Aussagen des II. Vat. Konzils, vor allem in der dogmatischen Konstitution über die Kirche „Lumen gentium“ an. In drei Teilen zeigt der Papst 1. Maria im Geheimnis Christi; 2. Maria inmitten der pilgernden Kirche, 3. Mariens mütterliche Vermittlerrolle.

Neben dieser marianischen Enzyklika verdanken wir dem so marianisch gesinnten Papst auch ein in seinem Auftrag verfasstes Marienmessbuch, in welchem 46 marianische Messformulare gesammelt sind. In diesen Marien-Messformularen leuchtet in seinen verschiedenen Aspekten wundervoll schön das Mariengeheimnis in Verbindung mit dem eucharistischen Geheimnis auf. Es würde sich lohnen, auch nur die Titel aufzuzählen, unter denen hier in 46 marianischen Messformularen Maria verehrt und angerufen wird.

Zuletzt sei hingewiesen auf das bedeutungsvolle Rundschreiben von Papst Johannes Paul II. zur nahenden Jahrtausendwende: „Tertio adveniente Millenario“ vom 10. November 1994. Darin hat der Papst noch einmal Maria den ihr gebührenden Platz zugewiesen und seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Maria der Stern sein wird, der die Schritte der Christen auch im kommenden neuen Jahrtausend mit Sicherheit hinlenken wird zum Herrn, „dem wahren Licht, das jeden Menschen erleuchtet“.

Halten wir diesem NUN schon 75jährigen Petrusnachfolger die Treue und sagen wir es IHM: Hl. Vater, je mehr du geschmäht und lieblos abgestempelt und kritisiert wirst, desto fester und treuer stehen wir zu dir in Ehrfurcht und Gehorsam! Wir wollen deine Liebe zu Maria, zur Gnadenmutter von Tschenstochau und Fatima nachahmen. Auch wir wollen es in unserem Leben verwirklichen: Totus tuus, Jungfrau, Mutter Gottes mein, lass uns ganz dein eigen sein. Amen