Unbefleckte EmpfŠngnis Mariens
8. Dezember 1975,
Loreto
BrŸder und Schwestern im Herrn!
In diesem Marianischen Jahr hat der Papst als oberster
Lehrer und Hirte der Kirche mehrmals schon Selig- und Heiligsprechungen
vorgenommen und dabei Menschen aus verschiedenen StŠnden, Altersstufen und
Nationen wegen ihres Ringens und Strebens nach Vollkommenheit und Heiligkeit
und wegen ihrer glŸhenden Gottes- und NŠchstenliebe zur Ehre der AltŠre
erhoben. Keine von all diesen Selig- und Heiligsprechungen der letzten Jahre
lŠsst sich vergleichen mit jener Heiligsprechung, die Papst Pius XII. am 24.
Juni des Hl. Jahres 1950 vorgenommen hat: In der gesamten Kirchengeschichte war
es damals nŠmlich ein bisher einzigartiger Fall, dass bei jener Heiligsprechung
die Mutter der neuen Heiligen dabei war: Der Papst sprach damals die 12jŠhrige MŠrtyrin der Reinheit Maria
Goretti heilig. Im Mittelpunkt des ergreifenden Geschehens stand damals aber
neben der neuen Heiligen Maria Goretti ihre Mutter Assumpta, eine 80jŠhrige
schlichte Frau aus dem Volke, die weder lesen noch schreiben konnte, die aber
als die Mutter der neuen Heiligen von ungezŠhlten Katholiken und vom Papst
hochgeehrt wurde.
Nun denken wir heute auch an eine einzigartige Selig- und
Heiligsprechung, die nicht vom Stellvertreter Christi, vom Papst, sondern von Christus
selbst vorgenommen wurde, als Er, der Sohn Gottes, seine Mutter schon im ersten
Augenblick ihres irdischen Daseins, im Augenblick ihrer EmpfŠngnis nicht blo§
heiligsprach, sondern heilig machte, weil er sie frei bewahrte vor jeder SŸnde,
auch vor dem Makel der ErbsŸnde und wunderbar ausstattete mit der
heiligmachenden Gnade, mit der Gnade der Gotteskindschaft.
Das ist etwas vom Geheimnisvollsten in der ganzen Heilsgeschichte:
Im Geheimnis seiner Menschwerdung wollte der Sohn Gottes auf
alles verzichten und ganz klein, ganz arm, ganz demŸtig werden, indem er sich
erniedrigte, Knechtsgestalt annahm, ein Mensch wurde, uns in allem gleich und
gehorsam wurde bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuze.
Nur auf eins wollte der Sohn Gottes bei seiner Menschwerdung
nicht verzichten: auf eine ganz schšne, ganz reine, ganz sŸndenlose Mutter. Das
hat er sich gleichsam von seinem himmlischen Vater bei der Einwilligung zur
Menschwerdung ausbedungen. So durfte er in Voraussicht seiner Erlšserverdienste
seine kŸnftige Mutter schon im ersten Augenblick ihrer irdischen Existenz, im
Augenblick ihrer EmpfŠngnis nicht blo§ heilig sprechen, sondern heilig machen
und vor der ErbsŸnde und allen persšnlichen SŸnden bewahren. So konnte er dann
zu seiner brŠutlichen Mutter sprechen ãGanz schšn bist du, Maria, und kein
Makel ist an dir!Ò
Ein Stellvertreter Christi, ein Papst – es war der
gro§e Marienverehrer Pius IX, den Maria in Loreto als jungen Menschen, von der
Krankheit der Epilepsie wunderbar geheilt hat – hat dann die von Christus
selbst vorgenommene Heiligsprechung Mariens bestŠtigen dŸrfen, als er am 8.
Dez. 1854 feierlich als Dogma verkŸndete:
ãZu Ehren der
Heiligen und Ungeteilten Dreifaltigkeit, zu Schmuck und Zierde der jungfrŠulichen
Gottesmutter, zur Erhšhung des katholischen Glaubens und zur Mehrung der
christlichen Religion, in der AutoritŠt unseres Herrn Jesus Christus, der
seligen Apostel Petrus und Paulus und der Unseren erklŠren, verkŸnden und
definieren wir:
Die Lehre, dass die
seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer EmpfŠngnis durch ein
einzigartiges Gnadenprivileg des allmŠchtigen Gottes, im Hinblick auf die
Verdienste Jesu Christi, des Erlšsers des Menschengeschlechtes, von jeder Makel
der ErbsŸnde unversehrt bewahrt wurde ist von Gott geoffenbart und darum von
allen GlŠubigen fest und bestŠndig zu glaubenÒ.
Das ist die klare, aber fast trockene Sprache des
kirchlichen Lehramtes. Ganz anders warm aber spricht die gleiche Kirche Ÿber
die Immaculata, die unbefleckt Empfangene in ihren Gebeten und GesŠngen; da ist
alles Feuer und Glut, Ehrfurcht und Staunen, Verehrung und Huldigung fŸr sie,
die Gott so wunderbar erwŠhlt und begnadet hat, auf dass sie die ganz reine,
ganz schšne Mutter fŸr den menschwerdenden Gottessohn sein konnte.
Im Eingangslied der heutigen Festmesse lŠsst die Kirche
Maria selbst dankbar jubeln Ÿber ihre Anfangsbegnadigung. Die Kirche legt da
Maria die Worte in den Mund: ãVon Herzen will ich mich freuen Ÿber den Herrn.
Meine Seele soll jubeln Ÿber meinen Gott. Denn Er hat mich in GewŠnder des
Heils gekleidet, Er hat mich in den Mantel der Gerechtigkeit gehŸllt, Er hat
mich wie eine Braut ganz kšstlich geschmŸckt.Ò
Maria ist der ãSiegel ohne MakelÒ, in welchem sich Gottes
ureigenste Schšnheit, Reinheit und Heiligkeit am klarsten spiegelt. Maria ist
die ãversiegelte QuelleÒ (Hl 4,12), die kein Schmutz der SŸnde je getrŸbt hat;
Maria ist der ãverschlossene GartenÒ (Hl 4,12), den im Gegensatz zum Paradies
Satan nicht betreten durfte. Maria ist die geheimnisvolle Rose, das goldene
Haus, die Arche des Bundes, die Pforte des Himmels, der Morgenstern.
Hoch in Ehren steht Maria beim dreifaltigen Gott, der sie
als die Unbefleckt Empfangene in den hšchsten Adelsstand der ganzen Menschheit
erhoben hat. Hoch in Ehren steht Maria bei der Kirche und bei allen glŠubigen
Gliedern der Kirche. Was die Mutter der hl. Maria Goretti wegen ihres heiligen
Kindes vom Stellvertreter Christi, von Papst Pius XII., damals am 24. Juni 1950
an Ehren einmalig erfahren hat, das widerfuhr in unsagbar hšherem Ma§e Maria
wegen ihres gšttlichen Sohnes von Christus selbst und dann bestŠtigend von Christi
Stellvertreter Papst Pius IX.
Wie gro§ Ÿberhaupt das Ma§ der Ehrung ist, das der
Unbefleckt Empfangenen von Gott zuteil geworden ist, da ersieht man am besten
aus der Tatsache, dass unter allen Menschen Maria allein vor der ErbsŸnde
unbefleckt bewahrt geblieben ist. †ber dem Anfang und Ÿber dem irdischen Ende
eines jeden Menschenlebens steht das Gesetz des Todes: mit dem leiblichen Tod
endet jedes Menschenleben, mit dem geistlichen Tod der Seele in der
Gnadenberaubtheit durch die ErbsŸnde beginnt jedes Menschenleben. Alle
Menschen, all die Milliarden, die waren und sind und sein werden, unterliegen
diesem doppelten Gesetz mit einer einzigen Ausnahme, denn von allen Menschen
blieb nur Maria beim Eintritt ins Dasein vor dem geistlichen Tod der Seele
bewahrt, weil sie ohne die ErbsŸnde empfangen wurde und weil von Anfang an das
gšttliche Leben der Gnade in ihr war.
So hatte es Gottes Liebe gewollt, Gottes Weisheit ersonnen
und Gottes Allmacht vollbracht. Und diesem einzigartigen Anfang im Leben Marias
entsprach dann das einzigartige Ende, weil sie, die Makellose, sogleich mit Seele
und Leib in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde.
Was Maria, vom Hl. Geist erfŸllt, einst in seiner seligen
stunde, in die Zukunft blickend, voraussagte, ist und bleibt fŸr immer Wirklichkeit:
ãVon nun an werden mich seligpreisen alle Geschlechter, denn gro§es hat an mir
getan, der da mŠchtig istÒ (Lk 1,48f).
Lasst uns darum glŠubig froh und dankbar am heutigen
Immaculata-Tag einstimmen in die von Gott selbst selig- und heiliggesprochene
jungfrŠuliche Tochter des Vaters und Mutter des Sohnes und Braut des Hl.
Geistes: ãSie ist die reinste Rose, ganz schšn und auserwŠhlt, die Magd, die
makellose, die sich der Herr vermŠhlt. O eilet, sie zu schauen, die schšnste
aller Frauen, die Freude aller Welt!Ò
Erneuern wir heute am Schluss der festmesse vor dem
ausgesetzten Allerheiligsten unserer Weihe an Maria, an ihr unbeflecktes Herz
und bitten wir sie: Mach uns frei von SŸnden, lass uns wie du die
Herzensreinheit lieben, lass uns dir Šhnlich werden, damit wir einmal mit
reinem Herzen zur ewigen Seligkeit gelangen. Amen.