Nicht Ausnahme, sondern Vorbild

 

Wie konnte der Papst 1967 nach Fatima pilgern? Wie konnte er dann gar noch in der TŸrkei zu dem legendŠren Wohnhaus Mariens bei Ephesus hinaufwandern, wo sie angeblich mit dem Apostel Johannes die letzten Lebensjahre verbrachte? Diese vorwurfsvollen Fragen konnte man von kritischen Geistern hšren.

Der Papst zeigt immer wieder aller Welt und allen Katholiken, dass wir auch in der nachkonziliaren Zeit allen Grund haben, Maria, die jungfrŠuliche, unbefleckt empfangene Gottesmutter zu verehren und ihre Feste zu feiern. Auch das Fest ihrer ãHimmelfahrtÒ oder  - wie wir richtiger sagen – ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel mit Seele und Leib. Was da am Ende des Erdenlebens Mariens geschah, war unbeschreiblich gro§artig und doch eigentlich keine Ausnahme, sondern nur eine Vorausnahme. Auf uns alle, die wir an Christus, den gekreuzigten und auferstandenen und zum Vater heimgekehrten Erlšser glauben, wartet, sofern wir in der Gnade Gottes sterben, die gleiche Vollendung an Seele und Leib. Seitdem Christus in seinem Tod den Tod Ÿberwunden und uns bei seinem Heimgang zum Vater den Zugang in das fŸr uns Menschen an sich unzugŠngliche Licht der himmlischen Herrlichkeit Gottes gešffnet hat, ist das Sterben des Christen ein Heimgang ins ewige Reich der Vollendung und VerklŠrung, zuerst der Seele nach und dann am JŸngsten Tag auch dem Leibe nach. Bei Maria aber geschah dies sofort der Seele und dem Leibe nach. So ist es definiertes Dogma. So hat es Pius XII. Am 1. November 1950 feierlich als Gott geoffenbarte Wahrheit verkŸndet. Wir glauben daran. Dieser Glaube an den definitiven, ganzheitlichen, leib-seelischen Heimgang Mariens in Gottes Herrlichkeit bietet wahrlich keine Denkschwierigkeiten fŸr den, der Ÿberhaupt an die endzeitlichen Ereignisse des Menschenlebens glaubt, wie  wir sprechen und bekennen: ãIch glaube ... an die Auferstehung des Fleisches und ein ewiges LebenÒ. Christus fŸhrt seit dem Tag seiner Himmelfahrt ein leibliches Leben in der Herrlichkeit seines Vaters und auch wir werden nach Ablauf der irdischen Geschichte zu einem solchen Leben auferweckt werden. Welcher christusliebende oder auch nur irgendwie normal glŠubige Mensch kšnnte nun etwas Unpassendes und Unmšgliches darin finden, dass Maria, als der Christus am nŠchsten stehende und vertrauteste Mensch, nicht bis zur allgemeinen Auferstehung der Toten warten musste, sondern schon nach kurzer Zeit, nach einer ãkleinen WeileÒ in die letzte, ganzheitliche, nicht blo§ seelische, sondern auch leibliche Vollendung ihres Wesens heimgehen durfte? Wer von uns hŠtte – wenn ihm die nštige Macht dazu zur VerfŸgung gestanden wŠre – an seiner eigenen Mutter nicht genauso gehandelt? Warum hŠtte Christus den makellosen Leib seiner Mutter, die er innig liebte und der gegenŸber er das 4. Gebot Gottes vorbildhaft erfŸllen wollte, erst der Verwesung und dem Moder des Grabes ausliefern sollen, wenn ihm die Macht zustand, das, was an allen Menschen am Ende der Zeiten geschehen soll, an seiner Mutter zu antizipieren? Der phŠnomenale Vorgang der Aufnahme Mariens mit Seele und Leib gleich am Ende ihres Erdenlebens in den Himmel war gewiss ein besonderes Gnadenprivileg, das Maria zuteilwurde, aber es galt nicht nur ihr, es galt auch uns. Als Pius XII. am Allerheiligenfest 1950, als unfehlbarer oberster Lehrer der Kirche dieses Dogma verkŸndete, wollte er nicht etwa nur eine Tatsache aus dem Leben eines einzelnen Menschen festlegen, sondern die Wahrheit Ÿber die letzten Dinge aller Menschen an einem ãParadigmaÒ, an einem konkreten Beispiel aufzeigen. Maria sollte in allem Typus, Urbild der Kirche und aller ihrer zur Vollendung gelangenden Glieder sein, wie es das II. Vat. Konzil so eindringlich lehrt im 8. Kapitel der dogmatischen Konstitution Ÿber die Kirche. Maria ist in ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel, wie gesagt,  keine Ausnahme, sondern nur Vorausnahme, und zwar eine fŸr unsere Zeit ganz besonders aktuelle Vorausnahme.

Wer nŠmlich aus der Optik des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel die Zeichen unserer Zeit sondiert, dem wird eine dreifache Zeitverirrung auffallen: Zuerst die Leugnung der jenseitigen Welt, der Auferstehung der Toten und des ewigen Lebens. Und dann einerseits eine himmelschreiende Leibverachtung und andererseits eine hemmungslose Leibvergštzung.

Die erste Zeitverirrung braucht in ihrer TatsŠchlichkeit nicht lange bewiesen zu werden. KŸrzlich erfolgte statistische Befragungen von Katholiken haben es klar bewiesen, wie wenig man in unserer Zeit an das Fortleben nach dem Tod, an die Auferstehung der Toten und da ewige Leben glaubt. Zur Illustration der beiden anderen Zeitverirrungen und HŠresien sei auf den Film ãNacht und NebelÒ hingewiesen. Es wird darin gezeigt, wie die Alliierten nach dem Krieg Berge von ausgehungerten Leichen im KZ mit Bulldozern in die Gruben schieben, um ihrer Herr zu werden. GeschŠndete Kšrper! Ein Bild grauenhafter BestialitŠt am Heiligtum des Menschenleibes. Und die Kehrseite: Die Wahl der Miss Universum in Palm Beach. Eine frivole Anbetung und Verhimmelung des nackten Kšrpers. – Hoch Ÿber diese drei Extreme stellt das Fest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel die Lehre vom erlšsten Menschen in seiner Leib-Seele-Gestalt! Der ganze Mensch, nicht nur die Seele, sondern auch der Leib, der beseelte Leib, ist in das Leben und die Herrlichkeit Christi, des Auferstandenen, hineingenommen und zwar jetzt schon. Auch der Leib besitzt ŸbernatŸrliche WŸrde und Erhabenheit, seit der Sohn Gottes im Geheimnis der Menschwerdung aus Maria der Jungfrau einen menschlichen Leib an sich nahm und diesen im Tod nicht fŸr immer ablegte, sondern in seiner glorreichen Auferstehung wieder mit seiner Seele vereinte in verklŠrter Herrlichkeit.

Die Menschen, auch die Christen haben leider im Grauen der Kriege, der KZs und der Kriminalstorys  den Glauben an die WŸrde des menschlichen Leibes vergessen. Sie wissen nicht mehr, dass ihr Leib Tempel Gottes, des Hl. Geistes ist. Es wŠre uns allen sehr heilsam, wenn wir am Fest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel unsere Auffassungen Ÿber den Leib, Ÿber das Sterben und Ÿber das Jenseits im Lichte dieses Mysteriums einer grŸndlichen Korrektur unterziehen wŸrden. Auch das gehšrt zur Botschaft des II. Vat. Konzils: Maria ist in hervorragender und einzigartiger Weise Urbild der Kirche, weil an ihr nicht als Ausnahme, sondern als Vorausnahme die endzeitlichen Ereignisse, an die wir glauben, schon Wirklichkeit wurden: ãDie unbefleckte Jungfrau, von jedem Makel der ErbsŸnde unversehrt bewahrt, wurde nach Vollendung des irdischen Lebenslaufs mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen und als Kšnigin des Alls vom Herrn erhšht, um vollkommener ihrem Sohn gleichgestaltet zu sein, dem Herrn der Herren und dem Sieger Ÿber SŸnde und TodÒ (Dogm. Konst. Ÿber die Kirche Nr. 59).