Maria, die Kšnigin aller Heiligen

 

Der gro§e Marienpapst Pius XII. hat wie in einem theologischen Compendium in seiner Enzyklika ÒAd coeli ReginamÒ vom 11. Oktober 1954 die kšnigliche WŸrde und Macht Marias dargelegt sowie zu beweisen versucht und zuletzt ein eigenes Fest ãMaria KšniginÒ eingesetzt.

Aber nicht erst diese Papst, sondern viele seiner VorgŠnger, sowie viele KirchenvŠter und Kirchenlehrer der vorausgehenden Jahrhunderte haben Marias Kšnigtum gepriesen und begrŸndet.

Bereits im 2. Jahrhundert n. Chr., also in einer Zeit, da die Christenheit – von wenigen Schriftstellern abgesehen – gewisserma§en noch keine andere Sprache als die der kindlichen GebŠrde kannte, wurde Maria in einer rŸhrend ungelenken Zeichnung in den Priscilla-Katakomben in Rom in der Tracht einer Kšnigin bzw. Kaiserin der damaligen Zeit dargestellt wie sie den Weisen aus dem Morgenland ihr gšttliches Kind, den ãKšnig der KšnigeÒ der Apokalypse (19,16), darreicht.

Vielleicht der erste der KirchenvŠter, der Maria ausdrŸcklich ãKšniginÒ genannt hat, ist EphrŠm der Syrer (+373), der gro§e Hymnendichter und SŠnger. Damit war in der Christenheit gleichsam das ãSalve ReginaÒ (ãSei gegrŸ§t, du KšniginÒ) angestimmt, das von da an nicht mehr verstummen sollte und hšchstwahrscheinlich vom leidgeprŸften ehrwŸrdigen Mšnch Hermann dem lahmen (+1054) in dem Gebet zusammengefasst worden ist, das seit langem zu den tŠglich gebeteten Schlussantiphonen des kirchlichen Stundengebetes gehšrt, neben dem ãAve, Regina coelorum...Ò (ãAve, du Himmelskšnigin, Ave, der Engel HerrscherinÒ) und dem ãRegina coeli, laetare, alleluja...Ò (ãO Himmelskšnigin, frohlocke, Halleluja...Ò)

Was in diesen Antiphonen gesungen oder gebetet – kurz intoniert wurde als Gru§ an die aus kšniglichem Geschlecht stammende, mit wahrhaft kšniglichen Tugenden geschmŸckte, mit kšniglicher FŸrbittmacht ausgestattete, in die himmlische Herrlichkeit mit Seele und Leib aufgenommene Kšnigin-Mutter Christi des Kšnigs und Kšnigin des Himmels und der Erde, das wird seit Jahrhunderten in der sogenannten ãLauretanischen LitaneiÒ in zwšlffacher Anrufung wie in einem zwšlffachen Echo zum Thron der Himmelskšnigin emporgerufen. Jeder Rang und stand soll es gleichsam wissen und erfahren, dass Maria Kšnigin ist, ãKšnigin der Engel, der Patriarchen, der Propheten, der Apostel, der MŠrtyrer, der Bekenner, der JungfrauenÒ. Und wie in Sorge, es kšnnte irgendein Stand von Heiligen unerwŠhnt geblieben sein, wird noch der allumspannende Titel hinzugefŸgt: ãKšnigin aller HeiligenÒ.

Kšnigin aller Heiligen ist Maria, denn Ÿber allen, die zur Heiligkeit gelangt sind, thront sie. Kein Geschšpf steht hšher als sie, die an WŸrde die hšchsten Spitzen der himmlischen Heerscharen der Engel Ÿberragt und an Heiligkeit und Tugend auch die heiligsten Menschen Ÿbertrifft.

Maria ist Kšnigin der Patriarchen. Dem Stammbaum des Herrn nach ist sie zwar die Tochter der Patriarchen und das letzte Glied der Kette, und doch ist sie zugleich die Kšnigin der Patriarchen, denn der Sinn des Daseins dieser ehrwŸrdigen StammvŠter, dieser €ste im Stammbaum, war doch nur jenes zarte Reis, das die kostbarste BlŸte und Frucht ansetzen sollte: Maria und die gebenedeite Frucht ihres Leibes, Jesus.

Maria ist Kšnigin der Propheten, denn alle gotterleuchteten Prophetengestalten des Alten Bundes weisen auf Maria hin und sagen: Ja, sie ist es, die wir mit ihrem Kind vorausverkŸnden durften. In Maria und durch sie haben sich die Worte sowie das Warten und Hoffen der Propheten erfŸllt. Wer den messianischen Sohn prophezeit, der sagt auch seine Mutter voraus, mag es auch nicht mit ausdrŸcklichen Worten geschehen. Inmitten der Seher der zukŸnftigen messianischen Heilszeit erhebt sich in der FŸlle der Zeit Maria, die eine Prophezeiung anstimmt, so unglaublich und kŸhn, wie keine andere vorher gewesen ist: ãSiehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter!Ò (Lk 1,48). Da verneigen sich gewisserma§en die Propheten vor Maria und erkennen sie, nicht mehr blo§ schattenhaft und in dunklem Gleichnis, sondern nah und klar als ihre Kšnigin: ãSei gegrŸ§t, du Kšnigin der Propheten!Ò

Maria ist Kšnigin der Apostel: wir kennen sie, die tapferen, vom Hl. Geist erleuchteten und gestŠrkten MŠnner, die im Auftrag ihres Meisters mit dem Wort Gottes und dem Brot Gottes hinauszogen, um die Welt fŸr Christus zu erobern. In ihrer Mitte aber sa§ zuvor am Pfingsttag Maria. So ist es noch immer, weil alles Apostolat von ihr den Ausgang nimmt und nur, wenn nach ihrem Vorbild in Angriff genommen, zu Erfolg fŸhrt. Wenn auch Maria nicht wie die Apostel hinauszog in die Welt, sondern die mŸtterliche Frau in der Stille blieb, sie hat doch den Aposteln von damals und denen der kommenden Zeiten immer wieder kostbare Worte zu kŸnden mitgegeben, von den sieben in den Evangelien festgehaltenen Worten Marias bis zu jenen Botschaften, die sie bei ihren Erscheinungen, etwa in Lourdes und Fatima, prophetisch  begnadeten Menschen auftrug. Maria hat Ÿberdies mit der Macht ihrer FŸrbitte und mit ihrem mŸtterlichen Schutz die Apostel in die Welt hinausbegleitet.

Maria ist auch Kšnigin der MŠrtyrer. Um sie scharen sich die gro§en Blutzeugen, die da verkannt und geschmŠht, verfolgt und gefoltert, Blut und Leben fŸr Christus hinopferten, von Stephanus angefangen, bis hin etwa zu einem hl. Maximilian Kolbe oder einem Petrus Chanel. Sie alle schauten auf Maria, die ja die erste war, deren Seele um Christi willen ein Schwert der Schmerzen durchbohrte. Die Kirche legt der Schmerzensmutter unter dem Kreuz auf Golgotha die Frage an die MitmŠrtyrer auf die Lippen: ãIhr alle, die ihr des Weges, des gleichen blutigen Weges vorŸberzieht, seht an, ob ein Schmerz gleich dem meinen ist?Ò  Kšniglich hat Maria all das Schreckliche der Passion Jesu bis zur Finsternis der Gottverlassenheit mit ihrem Sohn mitgelitten. Sie stand unter dem Kreuz und zum Kreuz. Ihr Vorbild hat alle MŠrtyrer ermuntert und getršstet, so dass sie ihr Leiden durchstanden und Ÿberstanden. †berstanden? Noch nicht alle, denn Tausende rufen heute und sicher auch in der Zukunft aus Kerkern, DemŸtigungen und Folterungen zu ihr empor: ãRegina martyrum, ora pro nobis!Ò

Das purpurfarbene Blutbekenntnis der MŠrtyrer ist sicher das hšchste, das fŸr Christus abgelegt werden kann, unumgŠnglich notwendig ist aber auch das treue, opferbereite Bekenntnis des christlichen Wortes und Beispiels. In der uralten Allerheiligenlitanei folgen den MŠrtyrern die gro§en Lehrer und Leuchten des christlichen Glaubens beiderlei Geschlechts, die wir mit dem kurzen Wort ãBekennerÒ zusammenfassen. An die dort namentlich genannten schlie§en sich die Namenlosen, die auf bescheidenen Posten, aber mit unverbrŸchlicher Treue und Liebe durch Wort, Beispiel und Tat Christus verkŸndeten im Priester-, Ordens- oder Laienstand. Sie alle kšnnen in Maria ihre Kšnigin sehen; Maria ist Kšnigin der Bekenner. Tiefer als die grš§ten Kirchenlehrer ist ja Maria in das Christusgeheimnis eingedrungen. Treuer als der vorbildlichste Priester und die selbstloseste Ordensfrau hat Maria Christus nachgeahmt und ist ihm nachgefolgt und hat ihm gedient als demŸtige Magd des Herrn. Die gro§en und die kleinen Bekenner – viele von ihnen haben wir in diesem Buch kennengelernt – haben an Maria die mŠchtigste und mildeste Bildnerin ihrer Persšnlichkeit auf Christus hin und die stŠrkste FŸhrerin auf dem Weg zur Vollkommenheit und Heiligkeit gehabt.

Zuletzt wird in der Lauretanischen Litanei Maria noch ausdrŸcklich Kšnigin der Jungfrauen genannt. Die in der Allerheiligenlitanei namentlich genannten frŸhchristlichen Jungfrauen Agatha, Lucia, Agnes, Caecilia, Katharina und Anastasia sind aus ãden 144.000, die dem Lamme folgen, wohin immer es gehtÒ beispielhaft herausgegriffen. Man kšnnte aber zahllose andere aus anderen Zeiten, auch aus unserem Jahrhundert nennen, etwa jene seligen deutschen Ordensfrauen, die in unverbrŸchlicher Treue zu ihren  heiligen OrdensgelŸbden und in selbstlosem Einsatz fŸr die Armen und Kranken, die Waisenkinder und gebrechlichen Alten oder fŸr das Missionswerk der Kirche sich eingesetzt haben, wie die selige Maria vom gšttlichen Herzen Droste Fischering (+1899) oder die selige Maria Theresia Ledochowska (+1922), die selige Franziska Schervier (+1876), die selige Katharina Kaspar (+1898), die selige Maria WŸllenweber (+1907) u.a.

Ihnen allen war Maria, die Jungfrau der Jungfrauen, Vorbild, sie war und ist aller Jungfrauen erste, nicht nur der Reihe nach, sondern mehr noch der Vollkommenheit nach und darum ihre Kšnigin. ãWer es fassen kann, der fasse es!Ò (Mt 19,12) Maria hat erfasst, was es Gro§es um die JungfrŠulichkeit und Herzensreinheit ist. Sie ist die Jungfrau, Jungfrau vor, in und nach der Geburt Jesu. Noch ehe das Evangelium den Namen Marias nennt, nennt es sie ãJungfrauÒ: ãIm sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt in GalilŠa namens Nazareth zu einer Jungfrau gesandt ... Der Name der Jungfrau war Maria.Ò (Lk 1,26f) Keine von allen jungfrŠulichen Seelen, die auf dem Boden des Christentums das Ideal der JungfrŠulichkeit erfasst und ihm die Treue geschworen haben, hat so restlos und vollstŠndig und dabei so demŸtig Gott ihren Leib und ihre Liebe geschenkt und geweiht wie Maria. Sie ist das Ideal aller jungfrŠulichen Seelen, sie ist als Immaculata das leuchtende Vorbild derer, die es wagen, in einer Zeit und in einer Umgebung, die zu versinken droht in das triebhafte, Sinnliche, LŸsterne und SŸchtige, das Ideal der JungfrŠulichkeit hochzuhalten. Darum gilt der makellos Reinen seit eh und je und auch heute, heute sogar ganz besonders, das ãSalveÒ dieser hochgemuten Seelen: ãSalve Regina virginum!Ò (ãSei gegrŸ§t, Kšnigin der Jungfrauen!Ò).

Fassen wir zusammen, warum Maria als ãKšnigin aller HeiligenÒ verehrt werden kann und darf: Ihre Glaubenskraft Ÿbertrifft die der Patriarchen, auch die Abrahams, des Vaters unseres Glaubens; ihre Hoffnung war lebendiger als die der Propheten, die sehnsuchtsvoll Ausschau hielten nach dem von ihnen vorausgesagten und ersehnten Messias; ihre Liebe und GeisterfŸlltheit war grš§er als die der Apostel; ihr Starkmut und ihre Leidensbereitschaft in der Nachfolge Christi waren zuverlŠssiger als die der MŠrtyrer; ihre dienende Liebe und Treue zu Christus war stŠrker als die der Bekenner; ihre Reinheit und gottgeweihte JungfrŠulichkeit war hingebungsvoller und zuverlŠssiger als die der Jungfrauen. Maria strahlt in Heiligkeit vor Gott wie keiner aller Heiligen. Sie ist die Kšnigin aller Heiligen, weil keiner der Heiligen zur Heiligkeit gelangt ist, wenn nicht an der Mutterhand Marias. ãPer Mariam ad JesumÒ (ãdurch Maria zu JesusÒ) hat doch im Heiligkeitsstreben eines jeden Heiligen gegolten, ob er sich dessen bewusst war oder nicht, denn der sicherste Weg zu Christus und zur Christusfšrmigkeit fŸhrt Ÿber seine unbefleckt empfangene, gnadenvolle, jungfrŠuliche Mutter.

Zwar zeigt sich – je nach dem Jahrhundert und je nach der Gegend, in denen ein Heiliger gelebt und gewirkt hat  - eine gro§e Verschiedenheit in den Formen und €u§erungen und in der IntensitŠt der Marienliebe und Marienverehrung, aber alle Seligen und Heiligen, in deren Innenleben wir einen tieferen Einblick bekommen, sei es auf Grund eigener GestŠndnisse und Bekenntnisse, sei es auf Grund der Aktenlage in den Selig- und Heiligsprechungsprozessen, weisen dieses gemeinsame Merkmal auf: sie besa§en eine besonders gro§e, starke, innige Marienliebe und verehrten die jungfrŠuliche, unbefleckt reine Gottesmutter in ganz besonderer Weise. Mit Recht hat man behauptet: ãKšnnten wir einen Einblick in das Innenleben aller Seligen und H eiligen wenigstens des letzten Jahrtausends gewinnen, wir wŸrden da zweifellos feststellen, dass die Marienliebe und Marienverehrung vor allem durch Nachahmung Marias bei ihnen allen einer der allerstŠrksten Faktoren ihres geistlich-geistigen AufwŠrtsstreben darstelltÒ.

Mšge es auch bei allen strebsamen Christen unserer Zeit und in Zukunft so sein und so bleiben! Auch in unseren Tagen und in Zukunft soll das ãSalveÒ auf die ãKšnigin aller HeiligenÒ nicht verstummen! Maria sei auch die Kšnigin von uns SŸndern, die wir oft Abwege und Irrwege gehen, die von Gott wegfŸhren! Bitten wir sie: FŸhre uns, regiere uns, leite uns in allen Irrungen und Wirrungen menschlicher Schwachheit und Armseligkeit immer wieder auf den rechten Weg, dass wir nicht liegen bleiben im Morast der SŸnde, in der Sklaverei der Leidenschaften, in den Ketten des Lasters, die uns umschlingen, sondern wieder aufschauen zu dir, du Zuflucht der SŸnder, du Tršsterin der BetrŸbten, du Helferin der Christen, du Kšnigin der Engel und aller Heiligen.