Immaculata, 8. Dez. 1946
Katholisches Volk, Verehrer Mariens!
Wer einmal nach langem, mŸhevollem Wandern in dunkler Nacht
einen Berggipfel erklommen hat und da oben dann den jungen, anbrechenden Tag
erleben durfte, der wird diesen Anblick, der sich ihm da bot, nie wieder
vergessen: wie zuerst nach der langen, dunklen Nacht das Morgenrot erscheint
und alle Gipfel und Firne ringsum in purpurrote Farben taucht und wie dann, vom
Morgenrot angemeldet, allmŠhlich die Sonne in ihrer strahlenden Schšnheit
auftaucht und im jungen, frischen Tag alles zu neuem Leben erwacht. Es ist das
wirkliche in Erlebnis von ganz besonderer Schšnheit, das wahrlich Grund zu
freudigem Staunen Ÿber die herrlich schšne Gottesnatur gibt.
Wer aber an der Hand der Mutter Kirche die Wanderung durch
das neue Kirchenjahr hinauf zum Berg des Herrn richtig, mutig, opferbereit,
begonnen hat, der kann am heutigen Festtag ein Šhnliches, unbeschreiblich
schšneres Erlebnis erfahren und der wird sich dann nicht blo§ staunend Ÿber die
herrliche Gottesnatur freuen, sondern noch viel mehr Ÿber die unvergleichlich
herrlichere †bernatur: Der heutige Festtag sagt uns, dass damals, im gro§en
Všlkeradvent nach der langen, dunklen SŸndennacht der Gottesferne, des
Unglaubens und der Sittenlosigkeit, die auf der Menschheit lag, ein kšstlich
schšnes Morgenrot den beginnenden Tag der Erlšsung und das Aufgehen der Sonne
erlšsender Liebe ankŸndigte, als jene makellos und unbefleckt empfangen wurde,
die der Welt nach der Finsternis der SŸnde den Heiland bringen sollte. ãTota
pulchra es, Maria, ganz schšn bist du Maria und nicht einmal der Erbschuld
Makel liegt auf dir!Ò
Das ist das Lied, das die Kirche heute dem Morgenrot
beginnender Erlšsung zujubelt: Mariens unbefleckte EmpfŠngnis!
In dem Augenblick, da sie von ihrer Mutter empfangen wurde,
stand sie bereits makellos vor den Augen Gottes da in einer Reinheit und Schšnheit,
wie sie sonst keinem Menschenkind jemals zuteilwurde und wird: Nicht befleckt mit dem Makel einer verratenen
und erloschenen Freundschaft, nicht behaftet mit der Erbschuld des Ungehorsams
und der Gottvergessenheit der Stammeltern, sondern vom ersten Augenblick an
geschmŸckt mit dem Gnadenlicht heiliger Gottesfreundschaft und innigster,
beglŸckendster Gotteskindschaft, damit sie einstens fŠhig sein sollte, die WŸrde
und BŸrde der Gottesmutterschaft zu tragen. An dieser hehren Frauengestalt
brandete die schmutzige Gischt des SŸndenstromes, der sich seit dem ersten
Ungehorsam gegen Gottes Gebot aus dem verlorenen Paradies durch die Erde wŠlzt,
vorbei, ohne sie auch nur im geringsten zu berŸhren!
Ein Gnadenwunder gšttlicher Allmacht, Weisheit und Liebe,
weil der ewige Gott in seiner Menschwerdung auf alles verzichten wollte, nur
nicht auf eine von allem Anfang an ganz reine, makellos heilige Mutter!
So sollten wir heute staunend uns freuen Ÿber die Schšnheit
Mariens und dem ewigen Gott dankbar preisen ob dieses Meisterwerkes, in welchem
er sich gleichsam selbst Ÿbertroffen hat.
Freude, dankbare, staunende Freude soll das erste sein, was
das heutige Festgeheimnis in uns wachrufen soll. So wie es drŸben auf der
ImmakulatsŠule am Domplatz, die genau vor 175 Jahren errichtet wurde, in
lateinischer Inschrift so unŸbertrefflich schšn geschrieben steht:
ãDem dreieinigen
Gott, der Quelle der Allmacht, Weisheit und Liebe, der ohne Makel empfangenen
GottesgebŠrerin Maria, dem leuchtendsten Wunder gšttlicher Macht, Weisheit und
Liebe, bei deren Betrachtung der Engel Verstand in Staunen, der Menschen
Weisheit au§er sich gerŠt, der DŠmonen Geifer knirscht, die Kirche aber sich
rŸhmt und frohlockt.Ò
GlŠubige, mir kommt vor, wie wenn ihr mir jetzt zuriefet:
Uns genŸgt nicht dieses Denkmal aus Bronze und Metall, wir
selber wollen sein ein Denkmal geweiht dem dreieinigen Gott und der ohne Makel
(der ErbsŸnde) empfangenen GottesgebŠrerin Maria, dem leuchtendsten Wunder
gšttlicher Macht, Weisheit und Liebe!
Ihr alle, die ihr hier versammelt seid und die ihr in einem
starken Glauben und in einem opferbereiten Leben aus dem Glauben Ernst machen
wollt mit der Hingabe an Gott und der Nachfolge Christi habt euch ja der
unbefleckt empfangenen Gottesmutter geweiht, sei es als Sodalen in der
marianischen Kongregation, sei es durch ein feierliches Gelšbnis, sei es durch
private Hingabe an sie, sei es durch die allgemeine Weihe an das unbefleckte
Herz Mariens durch Papst und Bischof. Wir wollen nicht blo§ Verehrer Mariens
sein und uns Ÿber ihre GnadenfŸlle kindlich freuen, wir wollen uns ihr auch
hingeben und weihen zu immer treuer kindlicher Nachahmung, denn unsere Zeit
muss ein marianisches Zeitalter werden: wir mŸssen wie Maria das Ideal der
Reinheit hochhalten. Wir mŸssen wie Maria den Glauben und die Liebe zum ewigen
Gott in die Welt hineintragen. Wir mŸssen wie Maria ChristustrŠger,
Christophori werden wie die Muttergottesmonstranz dieser herrlichen Immaculata
Kirche: Lebendige Monstranz mŸssen wir sein: GefŸhrt von Maria und unter ihrem
mŸtterlichen Schutz wollen wir Christus in die gottentfremdete, friedlose, hasserfŸllte
Welt hineintragen und es durch unser durch und durch christliches Leben den
andern vorleben und zeigen, wie nur am Sohn Mariens, am Gottmenschen Jesus Christus
und durch seine Gnade die Welt in SŸnde und Not wieder gesunden und zu Frieden
kommen kann.
So wollen wir sein und bleiben, was wir am Schluss dieses Festgottesdienstes
im feierlichen Weihegebet aufs Neue versprechen:
Diener Mariens, Kinder Mariens, Ritter Mariens, KŠmpfer