Dormitio, Assuptio, Coronatio B. M. Virginis
Heimgang, Aufnahme in den Himmel und Kršnung Mariens
Festpredigt zum Fest Mariae Himmelfahrt 1945 in Bad
Hofgastein
Geliebte im Herrn!
Ein ganz gro§es, frohes Fest feiert die Kirche heute. Wir
kšnnen es schon am Eingangslied der heutigen Festmesse merken. Da jubelt es die
Kirche in die christlichen Lande hinaus: Gaudeamus omnes in Domino! Auf, lasst
uns alle herzlich freuen und Feiertag halten zu Ehren der seligsten Jungfrau
Maria!
Feiertag zu Ehren der Gottesmutter und zwar wohl der
schšnste und grš§te Feiertag zu Ehren der Gottesmutter ist heute: Das Fest
ihrer Aufnahme in den Himmel!
Als vor ungefŠhr 8 Jahren in RumŠnien Regierungswechsel
vorgenommen wurde und der junge Kšnig Michael den Thron bestieg, da war es
etwas vom Ersten, was der neue Kšnig tat, dass er seine vom lasterhaften Kšnig Carol
versto§ene Mutter aus der
Verbannung, in der sie seit Jahren leben musste, zurźckrief. In feierlichem
Triumphzug wurde die Mutter des jungen Kšnigs nach RumŠnien zurźckgeholt. Und
dann erlie§ der Kšnig ein Gesetz, in welchem er erklŠrte, dass seiner Mutter
der Ehrentitel ăKšniginmutterŇ zusteht.
Seht, liebe Katholiken, ein Šhnliches, aber viel erhabeneres
und unendlich schšneres Ereignis bildet das Festgeheimnis des heutigen Tages:
Auch ein Kšnig und zwar der Kšnig der Kšnige - Christus
Jesus - hat am heutigen Tage seine
innigst geliebte Mutter Maria aus der Verbannung dieses TrŠnentales heimgerufen
in sein himmlisches Reich. – In einem Triumphzug sondergleichen wurde dabei
Maria auch dem Leibe nach in den Himmel aufgenommen und von den Scharen der Engel
vor den Thron ihres gšttlichen Sohnes geleitet. Und dort wurde dann Maria zur
ăKšniginmutterŇ erklŠrt und zur Kšnigin der Engel und aller Heiligen, zur Kšnigin
des Himmels und der Erde gekršnt. – Da hat sich die Sohnesliebe des
Heilandes zu seiner jungfrŠulichen Mutter am schšnsten gezeigt und da hat
Mariens Mutterliebe zu ihrem gšttlichen Sohn den herrlichsten Lohn empfangen:
Mariens Heimgang, Mariens Aufnahme in den Himmel, Mariens
Kršnung, das ist das dreifache Geheimnis des heutigen Tages:
1.
Wir
feiern heute Mariens Heimgang:
Der Todestag Mariens ist heute: Auch sie musste
sterben. Aber ihr Sterben war doch ganz anders als das der źbrigen Menschen.
Denn sie starb, wie es die Gottesgelehrten fast allgemein behaupten, nicht an
irgendeiner Krankheit, sondern nur aus lauter Sehnsucht nach ihrem Sohn. Maria
starb an dem alles Ma§ źbersteigenden, sehnsuchtsvollen Verlangen, mit ihrem
gšttlichen Sohn wieder vereint zu werden in nie mehr endendem Wiedersehen. – Vielleicht lŠchelt mancher kalte
Verstandesmensch źber eine solche Behauptung, wenn wir sagen, dass Maria nicht
an einer Krankheit, sondern aus lauter Liebe, aus lauter Sehnsucht, aus lauter
Heimweh nach ihrem Sohn gestorben ist. Und doch kommen auch in unserer
liebekalten Zeit solche FŠlle, oder sagen wir richtiger - Šhnliche FŠlle - vor,
die uns Mariens Sterben veranschaulichen kšnnen. So wurde mir źber eine gute christliche
Mutter vor einiger Zeit folgendes erzŠhlt: Der einzige Sohn dieser Mutter, die Witwe
war, hatte vorne an der Front in treuer Pflichterfźllung den Heldentod
gefunden. Er hatte seiner Mutter sein Leben lang nie Kummer und Sorge bereitet,
sondern wirklich nur Freude. Das erste und einzige Leid, das er seiner Mutter
bereiten musste, war sein Heldentod. – Erst war die Mutter untršstlich
darźber. Dann aber fasste sie sich in christlichem Starkmut und in dem
trostvollen Bewusstsein, das uns Christen der hl. Glaube gibt, dass es ja mit denen,
die uns im Zeichen des Glaubens im Tod vorangegangen sind, ein Wiedersehen
geben wird. Und in dieses Wiedersehen in der Ewigkeit dachte sich diese Mutter
in der brennenden Sehnsucht nach ihrem Sohne so hinein, dass sie bald keinen anderen
Gedanken mehr kannte als nur den, ihren Sohn mšglichst bald wiederzusehen in
der Ewigkeit. Und die Sehnsucht nach diesem Wiedersehen wuchs von Woche zu
Woche, von Tag zu Tag und wurde immer heftiger und stŠrker, bis schlie§lich das
liebende Mutterherz diesem brennenden Verlangen nicht mehr gewachsen war. Eines
Tages fand man die gute Frau mit frohen, ganz verklŠrten Zźgen, wohl vom
Schlage getroffen, tot im Bette auf. – Bei der besten Mutter, bei Maria,
die sich wie keine Mutter nach dem besten Sohn, nach dem Heiland gesehnt hat,
mag es sicher Šhnlich zugegangen sein. Nichts hielt sie ja mehr auf Erden
zurźck seit ihr Ein und Alles, ihr
gšttlicher Sohn in seiner Himmelfahrt diese Erde verlassen hatte. Mit allen
Fasern ihres Mutterherzens sehnte sie sich nach ihm. Sie hatte Heimweh nach
ihm, ganz gro§es Heimweh. Und dieses sehnsuchtsvolle Heimweh mag bei Maria den
Tod herbeigefźhrt haben. So wurde ihr Tod zum Heimgang: In osculo Domini! Sie
ging heim zu ihrem Sohn. Aus dem Tal der TrŠnen, aus dem Lande der Verbannung
ging sie heim ins ewige Vaterland.
Und wie mag dieser Heimgang Mariens vor
sich gegangen sein?
Die hl. Evangelien berichten nichts
darźber, wie sie uns auch źber Art und Ort und Zeit des Sterbens Mariens nichts
erzŠhlen. Aber die mźndliche †berlieferung
und das gesunde Volksempfinden und der fromme Glaube aller Jahrhunderte
sagen uns, dass wir uns den Heimgang Mariens nicht anders vorstellen kšnnen als
in ihrer
2.
Aufnahme
in den Himmel der Seele und auch dem Leibe nach:
Dass Mariens Seele sofort in den Himmel
aufgenommen wurde, ist ja klar. Fźr jene makellos reine Seele, die auch vom
geringsten Schatten einer Sźnde nie entstellt worden war, gab es doch nichts
anderes als den direkten Fug in Gottes Herrlichkeit. Dass Maria aber auch dem Leibe
nach gleich in den Himmel aufgenommen wurde, ist fźr das gesunde Volksempfinden
unseres glŠubigen, marienliebenden Volkes ebenfalls durch alle Jahrhunderte
herauf etwas SelbstverstŠndliches gewesen.
Wie kšnnte man sichŐs auch vorstellen, dass
jener makellos reine, heilige Leib der jungfrŠulichen Gottesmutter ein Fra§ der
Wźrmer im Moder und in der Verwesung des Grabes geworden wŠre?
Wir wźrden wirklich viel zu niedrig und zu
gering von der Liebe des gšttlichen Heilandes zu seiner makellos reinen Mutter
denken, wenn wir glauben wollten, dass er, der allmŠchtige, ewige Sohn Gottes,
jenen unberźhrt reinen Leib, der ihm neun Monate lang zur Wiege gedient hat,
der Verwesung hŠtte anheimfallen lassen.
Von jenem Augenblick an, da Maria durch ihr
Jawort die Muttergotteswźrde und Muttergottesbźrde auf sich genommen hatte, war
ja ihr keuscher, reiner Leib zum Tempel geworden, in welchem der ewige Sohn
Gottes neun Monate lang wohnte. Damals ist Mariens Leib kostbarer geworden als
die kostbarste Monstranz von Gold und Edelsteinen.
Aus dankbarer Ehrfurcht vor diesem reinen,
jungfrŠulichen Leib seiner Mutter musste der Heiland gleichsam bei Maria ein
Sondergesetz gegen das allgemeine Gesetz der Verwesung erlassen. Er musste
fšrmlich das Wunder wirken. Und fźr Ihn, den Herrn und Schšpfer des Lebens, fźr
Ihn, den Sieger źber den Tod, war ja dabei gar keine, auch nicht die geringste Schwierigkeit.
– Denn fźr Gottes Allmacht ist es doch nicht schwieriger, die Seele mit
dem Leib gleich nach dem Tode wieder zu vereinigen, als erst am jźngsten Tage,
wenn auch unsere Leiber aus dem grabe der Verwesung auferstehen werden. –
So ist es allgemeiner Glaube der katholischen Christenheit, dass Maria, die Gottesmutter,
am heutigen Tag mit Seele und Leib im Himmel Einzug gehalten hat.
Und der ganze Himmel mag an diesem Tag von Freude
und Jubel widergehallt haben źber dieses freudige Ereignis der Ankunft Mariens.
Christus wird sicher die Scharen der Engel
seiner Mutter zum Willkommen entgegengesandt haben und die Engel werden sie
unter ăLobgesŠngenŇ zum Throne Gottes geleitet haben.
Und hier das Wiedersehen der Mutter mit dem
Sohne! Da versagt unsere Sprache. Nur ahnen kšnnen wir es, was in jenem
Augenblick im Herzen Jesu und im Herzen Mariae vor sich ging, als sie einander
im Jubel des nie mehr endenden Wiedersehens in die Arme schlossen: Der Sohn die
Mutter, die Mutter den Sohn!
Maria sollte nun aus der Hand ihres Sohnes
den ewigen Lohn empfangen fźr all ihre Mutterliebe, in der sie ihm in restloser
Opferbereitschaft und Hingabe beigestanden und ihm gedient hatte von Bethlehem
bis Golgotha. Und der Lohn, den der Heiland fźr seine Mutter vorbehalten hatte,
war der, dass er sie kršnte zur Kšnigin der Engel und Heiligen und der ganzen
Christenheit.
3. Die Kršnung Mariens mag die
Vollendung dieses Festtages im Himmel gewesen sein, als Maria zum Diadem ihrer
unbefleckten EmpfŠngnis und zum funkelnden Demant ihrer jungfrŠulichen
Gottesmutterwźrde die Kšnigskrone auf das Haupt gesetzt bekam und dann von
ihrem Sohn willkommen gehei§en wurde mit dem seither nie mehr enden wollenden
Salve Regina, Gegrź§et seist du, Kšnigin ...
Und zu den Kšnigsehren bekam Maria damals
auch Kšnigsrechte, durch die sie zur Vermittlerin aller Gnaden und zur
fźrbittenden Allmacht fźr alle wurde, die im Tale der TrŠnen ihre Hilfe
anflehen.
Vor 140 Jahren war es, in einer Zeit, ganz
Šhnlich der unseren, von Blut und TrŠnen źbervoll. Unter dem Tritt des
gewalttŠtigen Eroberers Napoleon I. zitterten die Všlker Europas und die
Šltesten Throne brachen zusammen unter seiner gewaltigen Faust. Auch den
Gesalbten des Herrn sogar, den Papst Pius VII. hatte Napoleon in die
Gefangenschaft geschleppt und seines weltlichen Reiches beraubt. Fźnf Jahre
lang musste der Papst Pius VII. im kleinen italienischen StŠdtchen Savona an
der ligurischen Kźste das Brot der Verbannung essen. Da kam es oft vor, dass
der Papst, wenn ihm das Herz von Sorge und Leid zum Zerspringen voll war, seine
Schritte zu einem stillen Heiligtum am Rande der Stadt lenkte, wo ein
Gnadenbild der lieben Gottesmutter vom frommen Volk verehrt wurde unter dem
Titel ăMutter der BarmherzigkeitŇ. Und neben den Kindern aus dem Volk und den
sorgenbeladenen Mźttern konnte man in jenen trźben Tagen hŠufig auch Pius VII.
vor dem Gnadenaltar knien sehen, wo er sein Leid und das ganze Leid der
kriegerischen Welt der Mutter der Barmherzigkeit anempfahl. – Doch die
Verfolgung ging zu Ende und wŠhrend Napoleon auf die einsame Insel St. Helena
im Weltmeer hinausverbannt wurde, konnte Pius VII. im Triumphzug heimkehren
nach Rom. Jedoch, bevor er den Ort der Verbannung und Gefangenschaft verlie§,
zog er noch einmal hinauf zu jenem Heiligtum, das seine Erniedrigung gesehen
hatte und kniete noch einmal nieder vor dem Bilde der Mutter der
Barmherzigkeit. Dann nahm er eine goldene Krone und setzte sie mit eigenen
HŠnden dem Bilde der Gottesmutter aufs Haupt.
Seht da, die gekršnte Mutter der
Barmherzigkeit! Da habt ihr das Bild im Kleinen, das der heutige Tag im Gro§en
vor uns enthźllt in der Kršnung Mariens zur Kšnigin Himmels und der Erde.
Das ist
das dreifache Geheimnis des heutigen, frohen festes: Heimgang Mariens, Aufnahme
in den Himmel und Kršnung Mariens!
Wir
wollen uns źber diese Verherrlichung Mariens kindlich freuen. Aber nicht blo§
zu einem Tage der Freude, sondern auch zu einem Tage des Trostes wird der
heutige Tag fźr uns alle, die wir noch Erdenpilger sind: Denn jene, die am
heutigen Tag so bevorzugt wurde, dass sie mit Seele und Leib in die Herrlichkeit
des Himmels aufgenommen ward und zur Kšnigin Himmels und der Erde gekršnt
wurde, jene hohe Frau ist ja unser aller Mutter.
Und da nun
Maria auch dem Leibe nach bereits im Himmel weilt, so wissen wir, dass sie
nicht blo§ um uns, ihre Kinder, wei§ und in Liebe an uns denkt, sondern dass
sie wirklich mit ihren Augen, mit gźtigen Mutteraugen auf unsere Not und unser
Elend herunterblickt, allzeit bereit, uns zu helfen. – Und da Maria auch dem Leibe nach
schon im Himmel ist, so wissen wir, dass sie nicht blo§ mit wahrhaft mźtterlicher
Liebe unser gedenkt, sondern dass auch ihr Herz, das beste Mutterherz im Himmel
jetzt wirklich fźr uns schlŠgt in lauter sorgender Liebe.
Haben
wir Hofgasteiner in den vergangenen schweren Kriegsjahren nicht wirklich zu
spźren bekommen? Unsre schšne Kirche ist Maria geweiht. Und die ganze
Pfarrgemeinde hat sich ihrem unbefleckten Herzen geweiht. So hat ihr Mutterherz
wirklich sorgend und schźtzend fźr uns geschlagen.
Denn
Maria hat unseren Ort und unsere Kirche und unsere HeimstŠtten vor Bomben und
kriegerischer Zerstšrung bewahrt und beschirmt. Seien wir dankbar dafźr. Machen
wir wirklich den heutigen Tag zu einem rechten Danktag fźr allen mźtterlichen
Schutz, den Maria vom Himmel aus uns allen angedeihen lie§ und weihen wir uns
heute aufs Neue ihrem unbefleckten Herzen.